Deutsche Bahn: Rüdiger Grube:Heimspiel in Stuttgart

Tacheles mit Haltung: Bahn-Chef Rüdiger Grube philosophiert in Stuttgart über die entgleisten Projekte in Baden-Württemberg.

Roman Deininger

Natürlich hat Rüdiger Grube ein Heimspiel im Stuttgarter Kongresszentrum. Der Bahn-Chef ist Gast der Industrie- und Handelskammer, am Einlass werden die Besucher kontrolliert und beim geringsten Zeichen von Interesse mit Stuttgart-21-Ansteckern eingedeckt. Aber angesichts der aktuellen Nachrichtenlage können für Grube auch Heimspiele wie das am Mittwochabend leicht schwierig werden: Tags zuvor hatte das Regierungspräsidium Freiburg mitgeteilt, die Pläne der Bahn für den Ausbau der Rheintaltrasse bei Offenburg seien nicht genehmigungsfähig. Die Rheintaltrasse, fehlendes Teilstück einer der wichtigsten Güterverkehrsstrecken in Europa, hat Grube immer gern angeführt, wenn er nicht über die Probleme bei Stuttgart 21 reden wollte. Sondern über etwas Positives.

Diskussion zu 'Stuttgart 21' mit Ruediger Grube

Aus den Problemen angeblich gelernt: Rüdiger Grube gab sich in Stuttgart aufgeräumt.

(Foto: dapd)

Grube lebt in der Nähe von Stuttgart, er war Daimler-Manager, bevor er zur Bahn kam. Aber nun ist Baden-Württemberg, das ein Stück Heimat bedeutet für ihn, mit zwei entgleisten Großprojekten zur Problemzone seines Konzerns geworden - und er ein Meister darin, sich das nicht anmerken zu lassen. Dem 59-Jährigen wird gern attestiert, er rede wie der Bundespräsident. Das ist nicht ganz richtig, er redet schon ein bisschen besser als der Bundespräsident, etwas schnell vielleicht, was vermutlich daran liegt, dass er so viel Wissen unterbringen zu hat, zum Beispiel über Standort, Alter und Umfang sämtlicher Bäume im Stuttgarter Schlossgarten.

Das Nein zu den Rheintal-Plänen, sagt Grube im schwarzen Ledersessel, sei "in der Sache richtig", Bahn und Land hätten sich "besser abstimmen" müssen. Die Bedenken der Menschen dürfe man "nicht vom Tisch wischen", und die von vielen Bürgern favorisierte Tunnel-Lösung werde eh schon geprüft. Später entschuldigt er sich noch persönlich bei so gut wie jedem im Saal, der einmal im Leben in einem verspäteten Zug saß. In der Sache allerdings bleibt er hart: Beim Stresstest für Stuttgart 21 hofft er, die Erweiterung der Planungen um zwei Gleise vermeiden zu können. "Das würde uns viele Jahre kosten", sagt Grube. Bevor er die Halle verlässt, diskutiert er noch geduldig mit einer jungen Projektgegnerin, die vor Wut Tränen in den Augen hat. Als Worte gar nichts mehr helfen, selbst Worte aus Grubes Mund, nimmt der Bahn-Chef die Frau einfach in den Arm.

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