Staatskonzern:Deutsche Bahn fürchtet Rückschlag für Schienenverkehr

Deutschen Bahn im Winter ICE

Nicht nur Schnee und Eis sorgen für Behinderungen bei der Deutschen Bahn.

(Foto: dpa)
  • Die Politik fürchtet um ihr Ziel, in Deutschland mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern.
  • Bahnvorstand Ronald Pofalla warnt vor den geplanten Gesetzen zur Regulierung des Bahnverkehrs.
  • Die Kritik ist brisant. Der Staatskonzern kritisiert damit seinen Eigentümer, den Bund.

Von Markus Balser, Berlin

Der Fahrplan steht: Um 6.40 Uhr fährt der Zug in Stuttgart ab, Ankunft kurz nach eins am Berliner Hauptbahnhof. Eineinhalb Stunden später geht's zurück. So wird die erste Zugverbindung von "Locomore" Anfang September aussehen - und damit auch das neueste Konkurrenzprojekt für die Deutsche Bahn. "Der Schnellzug" wird noch etwas früher dran sein. Er soll bereits am 18. März losfahren. Geplant sind Fernzugverbindungen zwischen Stuttgart und Hamburg sowie Aachen.

Mit den neuen Bahnprojekten nimmt wieder Fahrt auf Deutschlands Schienen auf, was die Deutsche Bahn kaum noch kannte: Konkurrenz. Und das ausgerechnet jetzt. Der eigene Konzernumbau, der Kampf gegen Verspätungen, der Transport von Flüchtlingen, ein neues Gesetz zur Regulierung der Bahn-Geschäfte, der Angriff der Fernbusse und der niedrige Ölpreis, der das Autofahren im Vergleich günstiger macht: Die Führungsetage der Bahn kämpft in diesen Tagen mit vielen Problemen.

Ronald Pofalla warnt vor mehr Regulierung

Unruhe löst im Management vor allem aus, dass die Politik den Druck auf den Staatskonzern in diesen unruhigen Zeiten auch noch erhöht. Erst vor wenigen Tagen hatte sie beschlossen, es den Konkurrenten der Bahn künftig per Gesetz leichter zu machen. Das Unternehmen fürchtet um das Ziel, im Güter- und Personentransport mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bekommen.

Ronald Pofalla warnt: "Die Frage ist: Wie können wir die Schiene wieder auf Wachstumskurs bringen? Mehr Regulierung kann nicht die Lösung sein, wenn der Kuchen, um den wir konkurrieren, immer kleiner wird." Der ehemalige CDU-Politiker ist Vorstand für Wirtschaft, Recht und Regulierung der Deutschen Bahn. Der Konzern hofft, dass die Politik einlenkt. "Regulierung muss der Wettbewerbsfähigkeit der Schiene dienen. In diesem Sinne müssen alle Vorschläge jetzt sorgfältig geprüft und diskutiert werden", sagt Pofalla der Süddeutschen Zeitung.

Die Kritik ist brisant. Denn der Staatskonzern kritisiert damit seinen Eigentümer, die Bundesregierung. Das Bundeskabinett hatte Anfang Januar den von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vorgelegten Entwurf des Eisenbahnregulierungsgesetzes beschlossen. Was technisch klingt, hat für den Konzern und seine Konkurrenten weit reichende Folgen.

Nicht nur der deutsche Markt bereitet Schwierigkeiten

Das Papier soll mehr Wettbewerb schaffen. Es regelt etwa die so genannten Trassenpreise - Gebühren, die Konkurrenten für jeden Zug an die Bahn bezahlen, der auf deren Schienen fährt. Der Konzern muss diese Abgaben künftig von der Bundesnetzagentur genehmigen lassen. Ein Novum, denn bislang konnte die Kontrollbehörde nur im Nachhinein einschreiten, oft zu spät. Das Gesetz bedeutet aber auch mehr Regulierung beim Konzernumbau. So muss sich der Konzern das Stilllegen von Serviceeinheiten genehmigen lassen. Nicht nur der deutsche Markt bereitet dem Unternehmen Schwierigkeiten.

Es missfällt der Bahn, dass internationale Anbieter hierzulande immer besseren Zugang erhalten, während die Bahn in Ländern wie Italien oder Frankreich kaum einen Fuß in die Tür bekommt. Der deutsche Markt sei offen, nun sei es an der Zeit, auch auf die Öffnung anderer Märkte zu drängen, heißt es im Konzern. "Es ist wesentlich, sich nicht nur auf die nationale Politik zu beschränken, sondern diese um die europäische Perspektive zu erweitern", sagt Pofalla. "Denn der gesetzliche Rahmen wird maßgeblich in Europa gesetzt."

Bahnreform, Marktöffnung, Regulierung: Das alles sorgte in den vergangenen Jahren für einen steigenden Anteil des Schienenverkehrs am Verkehrsaufkommen. Jetzt stagniert das Wachstum. Internen Daten der Bahn zufolge werden zwar immer mehr Waren durch Deutschland und Europa transportiert. Der Anteil des Schienengüterverkehrs sank jedoch 2015 auf unter 17 Prozent. Zugenommen hätten vor allem die Transporte per LKW, heißt es bei der Bahn. Im Personenverkehr sei der Marktanteil leicht auf zuletzt 8,1 Prozent gesunken.

Ein Positionspapier des Konzerns bringt auf den Punkt, warum das problematisch ist: "Nennenswerte Fortschritte beim Klima- und Umweltschutz im Verkehr wird es ohne eine stärkere Schiene nicht geben."

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