Warnstreik bei der Deutschen Bahn:"Ein sehr guter Stillstand"

Die Gewerkschaft der Lokführer macht im Tarifstreit mit der Bahn Ernst: Zwei Stunden lang bestreiken ihre Mitglieder die Züge im Nah- und Fernverkehr. Müssen die Bahnreisenden nun mit weiteren Behinderungen rechnen?

Der erste Warnstreik der Lokführer ist beendet. Die Züge im Nah-, Fern- und Regionalverkehr rollen nach dem zweistündigen Stillstand seit acht Uhr wieder, sagte eine Sprecherin der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Es könne allerdings noch auf unbestimmte Zeit zu weiteren Verspätungen kommen. Die Deutsche Bahn (DB) teilte mit, dass sich Fahrgäste bis in den Abend hinein auf Behinderungen einstellen müssten, da betroffene Züge erst nach einigen Stunden wieder an den vorgesehenen Einsatzstellen zur Verfügung stünden.

Deutschlandweit standen am Morgen Züge still. Besonders von den Arbeitsniederlegungen betroffen war nach Bahnangaben der Nahverkehr. In Berlin, Nürnberg und Stuttgart sowie im Rhein-Main-Gebiet und in Nordrhein-Westfalen blieben S-Bahnen stehen. Bei den S-Bahnen in Hamburg und München kam es nur zu Verspätungen. Auch im Regional- und Fernverkehr fielen deutschlandweit Züge aus oder kämen verspätet ans Ziel.

GDL-Chef Claus Weselsky bewertete den Verlauf der Warnstreiks positiv. Mehr als 80 Prozent der Züge seien bundesweit zum Stillstand gekommen, sagte Weselsky dem Nachrichtensender N24. "Wir sind zufrieden. Es hat auch kein Chaos mit den Reisenden gegeben. Die sind gestern rechtzeitig informiert worden." Nicht nur bei der Bahn, auch bei den privaten Verkehrsunternehmen hätten die Kollegen Flagge gezeigt. Weitere Warnstreiks seien zunächst nicht geplant.

In weiten Teilen Niedersachsens und Schleswig-Holstein sowie in Hamburg sei seit 6.00 Uhr die Hälfte der Züge nicht mehr gefahren, sagte der Vorsitzende des GDL-Bezirks Nord, Lutz Schreiber. "Wir haben einen sehr guten Stillstand der Züge erreicht. In Hannover stehen fast alle S-Bahnen und viele Regionalzüge. Auch der Metronom ist stark betroffen."

Hintergrund der Aktion ist die Forderung der GDL, für alle 26.000 Lokführer in Deutschland ein einheitliches Lohnniveau und Beschäftigungsbedingungen zu erreichen, die dem DB-Standard entsprechen. Das Ergebnis will sie in einem sogenannten Bundesrahmen-Lokomotivführertarifvertrag festschreiben.

"Wir werden nicht unbefristet streiken"

Die Gewerkschaft wollte am Dienstag die Urabstimmung per Briefwahl einleiten. "Wir fragen unsere Mitglieder, ob sie hinter dem Arbeitskampf stehen", sagte Weselsky. Er gehe mehrheitlich von einer positiven Antwort aus. Bis 7. März sollen die Wahlzettel ausgezählt sein, dann könnte es zu regelmäßigen Streiks kommen. "Aber unbefristet werden wir nicht streiken, dazu ist der Bahnverkehr zu wichtig", fügte Weselsky hinzu.

Pendler im Berufsverkehr bat Weselsky um Verständnis für die Streiks: Die Gehälter der bei den sechs größten Privatbahnen beschäftigten Lokführer lägen im Schnitt 30 Prozent unter dem Vergütungsniveau bei der Deutschen Bahn (DB). Aber auch dieses sei zu gering: In einem Flächentarifvertrag soll daher ein für alle Lokführer geltendes, einheitliches Entgelt festgeschrieben werden, dass bei 105 Prozent des DB-Niveaus liegt. Für einen Berufsanfänger wären das Weselsky zufolge 2295 Euro plus fünf Prozent.

Wer von den Streiks betroffen ist, kann sich unter der kostenlosen Servicenummer 08000/996633 über die Lage informieren. Weitere Auskünfte sind im Internet unter bahn.de/aktuell zu finden Erfahrungsgemäß könnten die Auswirkungen des Streiks auch noch danach zu spüren sein, da der Fahrplan aus dem Takt gerät. Der Umstieg von Pendlern auf das Auto könnte zudem zu Staus auf den Straßen führen.

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