Deutsche Bahn:Lokführer drohen mit dem letzten Mittel

Die Lokführer haben der Bahn ein neues Ultimatum gestellt: Wenn bis Montag kein neues Angebot vorliegt, sollen unbefristete Streiks beginnen.

Detlef Esslinger

Im Tarifkonflikt der Bahn richten sich beide Seiten offenbar auf einen unbefristeten Streik ein. Der stellvertretende GDL-Vorsitzende Claus Weselsky sagte am Freitag in Frankfurt am Main, die Gewerkschaft gebe der Bahn bis Montag Zeit, ein "verhandlungsfähiges" Angebot vorzulegen.

Es müsse einen eigenständigen Tarifvertrag für die Lokführer sowie eine "echte" Gehaltserhöhung oberhalb von 4,5 Prozent umfassen. In dieser Höhe hatten die beiden anderen Bahngewerkschaften Transnet und GDBA im Juli mit der Bahn einen Tarifvertrag geschlossen.

Nach Darstellung der GDL haben sich 6830 Lokführer und Zugbegleiter seit Mittwoch an dem Streik beteiligt. Die Bahn bekräftigte ihre Bereitschaft zu Gesprächen und verwies erneut auf ihr bisheriges Angebot, das einen höheren Abschluss von Mehrarbeit der Lokführer abhängig macht.

Die GDL hatte bisher aus zwei Gründen nur zu befristeten Streiks aufgerufen: Zum einen wollte sie noch über verschiedene Eskalationsstufen verfügen. Zum anderen wollte sie nicht riskieren, dass die Bahn erneut ein Gericht anruft und daraufhin die Streikpraxis als "unverhältnismäßig", also rechtswidrig, eingestuft wird.

Unbefristeter Streik als letztes Mittel?

Nachdem sie nun befristet den Nah-, Fern- und Güterverkehr zugleich bestreikt hat, bleibt als nächste Eskalationsstufe nach Meinung von Beobachtern nur noch der unbefristete Streik in allen drei Sparten.

Skeptisch wird unter Arbeitsrechtlern die Forderung bewertet, der Staat solle durch Gesetze die Tarifeinheit sichern, also das Prinzip, dass in einem Betrieb nur ein Tarifvertrag gelten dürfe.

Dies hatten in den vergangenen Tagen unter anderem Unionspolitiker und Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt gefordert. Der Heidelberger Professor für Arbeitsrecht, Thomas Lobinger, sagte der Süddeutschen Zeitung, ein solches Gesetz würde gegen das grundgesetzlich gesicherte Recht auf Koalitionsfreiheit verstoßen.

Zudem wartet das Bundesarbeitsgericht seit Jahren geradezu auf einen Kläger, um seine frühere Rechtsprechung pro Tarifeinheit korrigieren zu können. Auch sein Bonner Kollege Gregor Thüsing sagte, die Forderung von Hundt und Union sei in dieser pauschalen Form mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

Er könne sich aber vorstellen, die US-Regelung zu übernehmen, wonach Angehörige einer Berufsgruppe darüber entscheiden, ob sie einen eigenständigen Tarifvertrag wollen, und falls ja, welche Gewerkschaft ihn aushandeln solle.

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