Deutsche Bahn:Grüne Pläne, rote Zahlen

Deutsche Bahn: Illustration: Stefan Dimitrov

Illustration: Stefan Dimitrov

Sigrid Nikutta will die angeschlagene Gütertochter der Bahn retten und mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene holen. Doch die Corona-Krise erschwert die Pläne der Bahn-Topmanagerin.

Von Markus Balser, Berlin

Wie schwierig die Lage in ihrem neuen Job werden würde? Die seit Januar amtierende Bahn-Vorständin Sigrid Nikutta hatte nach jahrelanger Erfahrung in Spitzenpositionen der Verkehrsbranche ein ganz eigenes Barometer für das, was auf sie zukommt: "Wenn man in der Bahnindustrie eine Frau holt, muss die Lage echt schwierig sein", sagte Nikutta am Montag auf dem Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung. Sie habe von Anfang an gespürt, dass der Chefposten der Bahn-Gütertochter DB Cargo einer der härtesten würde, den die deutsche Wirtschaft zu vergeben habe, erinnert sich Nikutta an den Start zu Jahresanfang. Die Corona-Krise habe die Lage dann noch mal verschärft.

Doch die 51-Jährige sieht in dem Start unter schwierigen Vorzeichen auch eine Chance für das eigene Geschäft. In der deutschen Wirtschaft werde derzeit vieles durcheinandergewirbelt. "Was vor der Pandemie klar schien, ist es jetzt nicht mehr. Das ist auch ein guter Startpunkt für einen Ausbau des Schienenverkehrs", glaubt Nikutta, und sie hofft vor allem auf eine neue Verkehrspolitik durch die Zwänge des Klimawandels. "Es gibt für alles den richtigen Moment. Dem nähern wir uns." Denn die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens ließen sich nur erreichen, wenn mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene geholt wird.

Deutsche Bahn: "Ich bin überzeugt, dass wir mehr transportieren können", sagt Sigrid Nikutta.

"Ich bin überzeugt, dass wir mehr transportieren können", sagt Sigrid Nikutta.

(Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Die Pläne der Bahn-Tochter Cargo sind indes groß. Bis 2030 soll sie nach Nikuttas Plänen versuchen, 25 Millionen zusätzliche Fahrten von der Straße auf die Schiene zu holen. Der größte deutsche Staatskonzern will mit dem Schienen-Güterverkehr trotz Verlusten auf Wachstumskurs gehen. "Ich bin überzeugt, dass wir mehr transportieren können", sagte Nikutta am Montag. Der Güterverkehr werde in Deutschland bis 2030 insgesamt um 40 Prozent steigen. Das lasse sich über das heutige Autobahnnetz nicht abwickeln. Die Staus würden immer länger. Neue Autobahnen könnten kaum gebaut werden. Die Schiene sei da und könne genutzt werden.

Zuletzt war der Transport auf der Straße deutlich günstiger als auf der Schiene

Es sind selbstbewusste neue Töne, die derzeit unter Nikuttas Führung aus der Gütersparte der Bahn kommen. Sie gilt eigentlich seit Jahren als Problemsparte der Bahn und sorgte immer wieder für hohe Verluste. Der einstige Fast-Monopolist auf der Schiene hat über die Jahre rund die Hälfte des Marktanteils an konkurrierende Güterbahnen verloren. DB Cargo hat im vergangenen Jahr 232 Millionen Tonnen Güter transportiert. Im Jahr 2010 waren es noch 415 Millionen Tonnen. DB Cargo werde das Angebot zum Transport auf der Schiene ausweiten und mehr Züge in engerem Takt fahren lassen, kündigte Nikutta bereits im Sommer an. Die Bahntochter wolle auch dafür sorgen, dass Güter bei fehlendem Gleisanschluss auch mit dem Lkw abgeholt und dann auf die Schiene gebracht würden.

Allerdings ist auch für die Bahn-Vorständin klar, dass das voraussichtlich nur mit Unterstützung der Politik gelingt. Vor allem der Straßenverkehr müsse seine wahren Kosten tragen, mahnte Nikutta an. Nur dann sei faire Konkurrenz mit dem Verkehr auf der Schiene möglich. Zuletzt war der Transport auf der Straße deutlich günstiger. Mit den gefallenen Benzin- und Dieselpreisen in der Corona-Krise hatte sich das Problem zuletzt noch verschärft. "Ich möchte, dass es einen fairen Preis auf der Straße gibt", fordert Nikutta. "Das umweltfreundlichste Transportmittel soll gefördert werden. Das ist auf langen Strecken die Schiene."

Leicht wird der Weg aus der Krise für die Gütertochter der Bahn nicht. Sie leidet unter einer veralteten Technik und Infrastruktur. Überall in Europa kämpfen Güterbahnen mit ähnlichen Problemen wie in Deutschland.

Ob sie sich bei einer erfolgreichen Sanierung des Gütergeschäfts auch den Bahn-Chefposten zutraue, wird Nikutta am Ende ihres Auftritts in Berlin noch gefragt. Seit 165 Jahren sei sie die erste Chefin der Güterbahn, antwortet Nikutta. Mit diesem Erfolg sei sie zufrieden.

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