Deutsche Bahn: Berliner Nahverkehr:S-Bahn-Chaos wird teuer

Wegen Sicherheitsmängeln an den Bremsen häufen sich seit Wochen die Ausfälle der Berliner S-Bahn - der Senat kürzt deswegen Zahlungen. Die Bahn muss dafür bluten.

Daniela Kuhr

Das Chaos bei der Berliner S-Bahn wird für die Deutsche Bahn teuer. Allein die Entschädigungen für die Kunden, die Reparaturen der Züge sowie der versprochene bessere Service dürften 55 Millionen Euro kosten, sagte der Personenverkehrsvorstand der DB, Ulrich Homburg, am Donnerstag in Berlin.

Deutsche Bahn: Berliner Nahverkehr: Fahrgäste drängen in die S-Bahn. Seit Wochen wird der Berliner Nahverkehr durch ausfallende Züge belastet.

Fahrgäste drängen in die S-Bahn. Seit Wochen wird der Berliner Nahverkehr durch ausfallende Züge belastet.

(Foto: Foto: AP)

Der Betrag entspricht in etwa dem, was die S-Bahn im vergangenen Jahr als Gewinn an den Mutterkonzern abgeführt hatte. Wegen Sicherheitsmängeln an Radscheiben und Bremsen fährt die Berliner S-Bahn seit Wochen nur sehr eingeschränkt. Einige Strecken werden überhaupt nicht mehr befahren.

Der Berliner Senat hatte daher zweimal die Zahlungen an die S-Bahn gekürzt und rund 20 Millionen Euro einbehalten. Insgesamt belaufen sich die Kosten für die S-Bahn somit bereits auf 75 Millionen Euro. Die S-Bahn werde in diesem Jahr Verlust machen, sagte Homburg, ohne die Größenordnung näher benennen zu wollen. "Den Verlust wird der Mutterkonzern zu tragen haben."

Die Staatsanwaltschaft ermittelt

Das Unternehmen hat externe Ermittler eingesetzt, um zu prüfen, wer für die Ausfälle verantwortlich ist. Nach bisherigen Erkenntnissen waren die Bremsen jahrelang nicht vorschriftsgemäß gewartet worden. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Da nicht alle Vorgänge der Jahre 1999 bis 2009 in den Bahnarchiven lückenlos dokumentiert seien, wolle man mit Billigung des S-Bahn-Betriebsrates 50 bis 70 frühere und heutige Mitarbeiter befragen, sagte Homburg und betonte, der normale Mitarbeiter habe keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu befürchten. Ziel sei allein herauszufinden, wer die Schlampereien angewiesen habe. "Es ist ausgeschlossen, dass ein Schlosser bei der S-Bahn solche Dinge von sich aus vorsätzlich macht", sagt Homburg.

Erste Probleme mit den Radscheiben seien bereits 2003 und 2005 aufgetaucht. "Es geht auch um die Frage, warum mit den Radscheiben so lange gefahren worden ist, obwohl es schon Erkenntnisse gab, dass mit ihnen etwas nicht in Ordnung ist", sagte Homburg. Es sei bislang überhaupt nicht erkennbar, welche Maßnahmen man damals ergriffen habe. Derzeit würden alle Züge überprüft. Mitte Dezember sollen sie wieder nach dem regulären Fahrplan rollen, falls nicht neue schwere Mängel auftauchen.

Freikarten

Für die Ausfälle will die S-Bahn die Kunden unter anderem mit Freifahrten entschädigen. So sollen Inhaber von Jahresabonnements sowie Studenten mit Semesterticket das Geld für Dezember erstattet bekommen.

An den Adventswochenenden können sämtliche Kunden mit einem Einzelticket den ganzen Tag lang fahren. Zudem wird die Bahn vier gemeinnützigen Einrichtungen in Berlin jeweils 100.000 Euro zukommen lassen.

Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg begrüßte das Paket. Auch beim Fahrgastverband Pro Bahn hält man es für "akzeptabel". Es sei fair, dass nicht nur S-Bahn-, sondern auch U-Bahn- und Buskunden davon profitierten, sagt Rainer Engel, Pro-Bahn-Rechtsexperte. "Denn sie sind ja mittelbar auch betroffen, da ihre Fahrzeuge seit Wochen voller sind."

Natürlich könne man sich immer eine noch großzügigere Regelung vorstellen, "aber es gibt finanzielle Grenzen". Wichtiger sei, "dass jetzt alle Mittel darauf verwendet werden, so ein Chaos für die Zukunft zu verhindern".

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