Süddeutsche Zeitung

Detroit vor der Pleite:Zombieland in der Autostadt

Seit Mitte März steht das einst stolze Detroit unter der Zwangsverwaltung des US-Bundesstaates Michigan, der Bericht des Insolvenzverwalters Kevyn Orr zeichnet ein düsteres Bild. Angestellte der Stadt wittern eine Verschwörung der Regierung.

Seit Mitte März steht das einst stolze Detroit unter der Zwangsverwaltung des US-Staates Michigan. Während Stadtangestellte eine Verschwörung der Regierung wittern, zeichnet der Bericht des Insolvenzverwalters Kevyn Orr ein düsteres Bild. Autoriesen wie General Motors und Ford brachten Detroit einst Wohlstand. Das ist nur noch Erinnerung. Mitte März wurde die finanziell ausgeblutete Stadt bereits unter Kontrolle des Bundesstaats Michigan gestellt. Die so genannte Motor City war damit die größte US-Stadt, die unter Zwangsverwaltung steht. Jetzt ist sie bankrott.

Kevyn Orr wurde im März zum Insolvenzverwalter ernannt. Im Mai hat er seinen Bericht vorgelegt (PDF). Sein Fazit: Detroit ist faktisch zahlungsunfähig. Der Stadt drohe die Pleite, sollten Verhandlungen mit Gewerkschaften und Gläubigern keine deutlichen Fortschritte machen. Von einer Lösung sei man aber noch weit entfernt. Denn trotz Sparmaßnahmen gebe die Stadt immer noch deutlich mehr Geld aus, als sie einnehme: "Auf dieser Basis ist sie eindeutig insolvent." Die Ausgaben zum Betrieb der städtischen Dienste haben laut Orr seit 2008 die Einnahmen jährlich um rund 100 Millionen Dollar überstiegen. Zudem zehren Zahlungen für langfristige Verbindlichkeiten von rund 8,5 Milliarden Dollar fast 20 Prozent des Haushalts auf. Darüber hinaus belasten milliardenschwere Pensionsverpflichtungen die Stadtkasse.

Orr zeichnet auch ein düsteres Bild von den Straßen der einst blühenden Stadt: 60.000 Grundstücke seien nicht benutzt, 78.000 Gebäude stehen leer. So wie dieses in Sichtweite der Skyline von Detroit.

Engagierte Detroiter versuchen, die teils verwaisten Stadt mit Leben zu füllen, zum Beispiel in der Organisation Hantz Woodlands. Deren Aktivisten pflanzen mitten in der Stadt Bäume.

Viele öffentliche Dienste wie etwa Straßenbeleuchtungen funktionieren nicht mehr.

Detroit war einst die nach Einwohnern fünftgrößte Stadt der USA. Doch statt den einst 1,8 Millionen Menschen leben dort heute nur noch 700.000, ein Drittel von ihnen in Armut. Dem Bericht Orrs zufolge gibt es mittlerweile weit mehr Pensionäre als Arbeiter. Das Thema Renten und Gesundheitskosten wird zur Herausforderung.

Doch bevor diese Themen angepackt werden können, muss sich erst grundsätzlich etwas ändern: "Der Zustand der Behörden ist verheerend nach Jahren von Budgeteinschnitten und falschem Management", schreibt Orr. Auch zu Korruption sei es in einigen Fällen gekommen.

In der Misere wittern einige gar eine Verschwörung: "Es ist nicht so schlimm wie sie tun", zitiert die New York Times einen Verwaltungsangestellten. Das Vorgehen des Staates Michigan sei ein abgekartertes Spiel, dass nur dazu diene, die vollständige Kontrolle über die Stadt zu erlangen.

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