Süddeutsche Zeitung

Detroit Motorshow:Zu viel Aufwand, zu uncool

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Warum sich die deutschen Autohersteller von den großen internationalen Events verabschieden.

Von Max Hägler, München

Man kann es so sagen: Sofern nicht unerwartet Donald Trump auftaucht, wird die Detroit Motorshow eher ziemlich langweilig. Praktisch kein deutscher Hersteller fährt mehr im kommenden Januar in die "Motorcity", die Heimat der drei großen US-Autokonzerne General, Ford und (Fiat-)Chrysler. Zu schwach ist dort die Kaufkraft der Menschen im Mittleren Westen mittlerweile. Dafür ein paar Millionen Euro - mitunter sogar zweistellige Beträge - ausgeben und Etliches organisieren, Standbau, Hotels, Reisen, Werbevideoschnipsel, Redenschreiberei? Und dann braucht es idealerweise irgendein Modell, das Premiere haben kann oder zumindest ein schickes "Concept car".

Audi, BMW und Mercedes haben auf den Aufwand immer weniger Lust, genauso wenig wie etliche andere internationale Autobauer. Also fällt diese frühere "A"-Messe in den USA vorerst aus dem Programm, so wie Messen generell infrage gestellt werden bei den Autoherstellern: Ist das noch zeitgemäß? Wenn ja, mit welchem Aufwand? Ist das Internet nicht viel besser? Oder: unsere eigene Party?

Drei Entwicklungen sind dabei auszumachen, neben der generell größeren Zurückhaltung im Auftritt: Die Autohersteller präsentieren sich verstärkt dort, wo die reichen Kunden sind, im Falle der deutschen Premiummarken: die früher zu vernachlässigenden Messen in New York City und Los Angeles gewinnen wie auch Shows in Shanghai oder Peking an Bedeutung.

Zudem besucht man neue Messeformen, die oft Konferenzen gleichen, weil Autos da kaum noch auf der Bühne stehen, sondern gegebenenfalls vor der Tür. So etwa bei der CES, der Consumer Electronics Show, bei der in Las Vegas allerlei Technikfirmen zusammenkommen - neue Mitspieler wie Google oder Grafikkartenhersteller genauso wie herkömmliche Autobauer. Gesprochen wird in irgendwelchen Hotelzimmern, und alles fühlt sich deswegen für manche nach großem Aufbruch an. "Wir sehen uns dann auf der CES", sagen sie in der Branche, was bedeutungsvoll klingen soll, nach Start-up. Wobei auch solche Formate eine Ablaufzeit haben. SXSW, kurz für South by Southwest, ist etwa schon wieder nicht mehr ganz so im Trend. Diese spannende, aber von der Zielsetzung etwas unklare Zusammenkunft von Philosophen, Technologen und Wirtschaftsmenschen scheint eher ineffektiv zu sein für Marketingzwecke: Daimler war dort sehr präsent, zieht sich aber wieder zurück. Vielleicht auch, weil das Publikum zu abgelenkt ist.

Und so gibt es die dritte Entwicklung beim Außenauftritt der Autofirmen. Sie veranstalten immer öfter ganz eigene "Events", früher hätte man gesagt: Hausmessen, bei denen meist auch ein Modell Premiere hat. Mitunter sind diese Veranstaltungen aber inhaltlich spannend und regen sogar zum Denken an, auch wenn die Marketingmenschen sich so ungelenk anstellen bei den Konferenznamen. Bram Schot, Audi-Interims-Chef, hat bei einem "MQ! Innovation Summit" - das hieß tatsächlich so - auf dem Firmengelände in Ingolstadt vor einigen Tagen über seine Idee von Arbeit gesprochen: Nicht nur die Aufgabe erledigen, sagte er, sondern auch Tagträumen sei wichtig, das bringe alle voran, Mensch wie Firma. Oder eben, wieder, Daimler: Sie riefen in diesem Herbst nach Stockholm, um ein Elektroauto vorzustellen. Wie gut war es, dass es noch spannende "Talks" gab und schöne Musik: Das lenkte ein wenig ab vom Wagen: der ist zwar "all new", aber in den Augen vieler Fachleute doch nicht so toll wie erhofft. Vielleicht wäre in dem Fall eine ganz normale, alte, trubelige Messe sogar der bessere Ort gewesen für Daimler.

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Quelle:
SZ vom 07.12.2018
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