Der Niedriglohnsektor wächst:Billige Arbeit

In Deutschland wird gute Leistung immer häufiger schlecht bezahlt - die Politik hat diese Entwicklung forciert.

Sibylle Haas

Was noch gestern als Erfolgsrezept für mehr Arbeit galt, birgt inzwischen sozialen Sprengstoff. Die Zahl derjenigen, die für sechs Euro und weniger in der Stunde arbeiten, steigt. In kaum einem anderen Land wächst der Niedriglohnsektor so kräftig wie in Deutschland. Das alleine wäre noch keine schlechte Nachricht. Denn gerade die Billigjobs haben jene, die keine Ausbildung haben, in Jobs gebracht. Die Bildungsschwachen sind es ja, die auf dem Arbeitsmarkt als schwer vermittelbar gelten und die das Gros der Langzeitarbeitslosen stellen.

Doch nach einer Studie des Instituts "Arbeit und Qualifikation" der Universität Duisburg-Essen gehören auch immer mehr Menschen mit guter Berufsausbildung zu den Geringverdienern. Das ist ein bedenkenswertes Signal. Es bedeutet, dass gute Leistung schlecht bezahlt wird. Es zeigt, dass immer mehr schlecht bezahlte Jobs angeboten werden und es zeigt vor allem, dass immer mehr Menschen dazu bereit sind, diese anzunehmen. Dieser Trend wirft ein düsteres Licht auf den Arbeitsmarkt. Die Chancen, gut bezahlte Arbeit zu finden, werden demnach gering eingeschätzt. Vor allem junge Menschen starten oft mit unsicheren Arbeitsverhältnissen in den Job: Sie haben befristete Arbeitsverträge oder sind als Leiharbeiter tätig. Damit wird für Teile der Jugend die Familiengründung zu einem Existenzrisiko.

Die Politik hat zu dieser Entwicklung beigetragen, indem sie beispielsweise Minijobs und Zeitarbeit gefördert hat. Das hat zwar den Kündigungsschutz umschifft, doch die Qualität der Arbeit nicht verbessert. Gut ausgebildete Fachkräfte sollten gut verdienen. Dann können sie dem Staat das zurückgeben, was er zuvor in sie investiert hat.

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