Der mobile Briefkasten:Päckchen to go

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Die mobile Gesellschaft lässt sich Privatpost zunehmend in die Arbeitsstelle schicken. Mit "Packstationen" will die Post dem Strukturwandel Rechnung tragen.

Von Nina Berendonk

Die Lobby eines Hamburger Geschäfts-Hochhauses: Spiegelnder Boden, dezente Musik, geschäftig ein- und ausgehende Angestellte, Blumengestecke in freundlichen Farben.

Eine der ersten Packstationen der Deutschen Post in Frankfurt. Foto: dpa (Foto: N/A)

Eigentlich ein durchweg positiver Gesamteindruck, wären da nicht die kleinen Türme von Postpaketen, über die die Damen hinter dem Empfangstresen mit leicht genervtem Gesichtsausdruck hinwegsteigen müssen.

Private Post ins Büro

Ab und zu verschwindet eines der Päckchen unter dem Arm eines Angestellten im Aufzug; wenig später bringt ein Postbote ein neues.

Zugegebenermaßen eine erdachte Szenerie, die allerdings nicht so abwegig ist, wie sie auf den ersten Blick scheint. Immer mehr Menschen lassen sich nämlich ihre Privatpost an ihre Arbeitsstelle schicken.

Bei der Commerzbank in Frankfurt zum Beispiel waren es nach Angaben eines Unternehmenssprechers schließlich so viele private Sendungen, dass man sich vor kurzem entschloss, sie nicht mehr anzunehmen.

Problem seien dabei vor allem der Platz gewesen, den man für ihre Lagerung benötigte und der Aufwand, den sie mit sich brachten: "Wenn die Lobby-Angestellten den ganzen Tag über damit beschäftigt sind, Mitarbeiter im Haus zu orten und ihnen Privatpost zukommen zu lassen, dann bleibt wenig Zeit für ihre Hauptaufgabe, nämlich den Empfang und die Betreuung ankommender Gäste", so die Begründung bei der Bank — Empfangsmitarbeiter sind keine Post-Angestellten.

Einkaufen rund um die Uhr

Nach Einschätzung der Deutschen Post gibt es mehrere Gründe für die neue Erscheinung. Da ist zum einen die große Beliebtheit der Internetkäufe und -verkäufe. Seien es Bücher oder CDs von Amazon, bei e-bay ersteigerte Schallplatten oder das beim Tele-Shopping bestellte Teflon-Pfannenset — alles kommt per Post ins Haus.

"Einkaufen unabhängig von den Ladenöffnungszeiten — das ist ein großer Trend", beobachtet man bei DHL. Der Express-, Fracht- und Logistikdienstleister der Deutschen Post ist Hauptpartner der beiden Internet-Kaufhäuser und verzeichnet einen großen Zuwachs der Internet-Sendungen.

Singles und Großstädter

Allerdings treffen die Zusteller laut DHL immer weniger Paketempfänger zuhause an. Besonders Singles — die zum Beispiel in München über 50 Prozent der Haushalte bewohnen — sind zu den Zustellungszeiten meistens bei der Arbeit. Nicht viel besser sieht es bei Familien aus, in denen beide Partner berufstätig sind und die Kinder zur Schule gehen.

In Dörfern und kleineren Städten können hilfsbereite Nachbarn stellvertretend Post annehmen; in den vergleichsweise anonymeren Großstädten ist das schon seltener der Fall.

Einfach vor der Türe abstellen dürfen die Zusteller weder Päckchen noch die bis zu einem Warenwert von 500 Euro versicherten Pakete, deren Empfang quittiert werden muss — es sei denn, der Adressat wünscht das ausdrücklich.

Die Post versucht bereits seit einiger Zeit, sich auf das veränderte Verhalten ihrer Privatkunden, die etwa 15 Prozent der Klientel ausmachen, einzustellen.

So lässt sich zum Beispiel auf der Benachrichtigungskarte, die der Bote in den Briefkasten wirft, wenn er eine Sendung nicht abgeben kann, einen Wunschtermin für eine zweite Zustellung angeben. Das ist nach Erfahrung der Post dann meist der arbeitsfreie Samstag.

Außerdem richten sich viele der rund 8000 Partnerbetriebe, die so genannten Post-Agenturen, nach den allgemeinen Laden-Öffnungszeiten. Bis 20 Uhr aufgeben kann man Sendungen zudem in den Briefzentren der großen Städte.

Dann ist aber auch hier Schluss — "sonst schaffen wir es nicht, die Sendungen rechtzeitig ins Flugzeug nach Frankfurt zu schaffen", erklärt man bei der Post. Frankfurt ist die Drehscheibe des Nachtflugnetzes.

Menschen, die viel und lange arbeiten und deswegen den Samstagvormittag zum Wochenendeinkauf benötigen, anstatt ihn zu Hause oder in der Schlange auf der nächsten Postfiliale verbringen zu können, ist damit aber auch nicht wirklich geholfen.

Ihre bevorzugte Lösung des Problems ist bekannt — wer sich größere Postsendungen nicht in die Arbeitsstelle liefern lassen durfte, hatte bislang ein echtes Problem.

Der mobile Briefkasten

Nun soll eine neue Einrichtung für Abhilfe sorgen: Die Rettung für die mobile Gesellschaft heißt "Packstation" und soll bis Ende dieses Jahres an bis zu 650 Stellen in 13 deutschen Großstädten aufgestellt werden, nachdem Pilotprojekte in Dortmund, Mainz und Frankfurt gut ankamen.

"Eine Packstation kann man sich vorstellen wie eine Schließfachanlage", erklärt ein Post-Sprecher, "nur eben für Pakete, die an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr abgeholt und abgegeben werden können"; gezahlt wird mit EC-Karte.

Der Kunde kann sich nach der Registrierung für eine günstig gelegenen Automaten entscheiden und wird dann per SMS oder E-mail benachrichtigt, sobald dort ein Päckchen auf ihn wartet.

Und nicht nur für viel arbeitende Privatkunden ist das neue Angebot praktisch: Wie die Deutsche Post von den Probeläufen weiß, nutzen auch viele Geschäftsreisende die Packstationen — sie ließen sich Arbeitsmaterialien einfach zu einem Automaten in ihrem jeweiligen Aufenthaltsort nachschicken.

Pakete abholen rund um die Uhr also — allerdings nicht auf unbegrenzte Zeit: Wird die Sendung nicht innerhalb von neun Tagen von der Packstation abgeholt, so reist sie zurück zum Absender.

© SZ vom 04. Juni 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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