Der IWF mahnt:Noch mehr zahlen, bitte

Der Internationale Währungsfonds zeichnet ein dramatisches Bild der Weltkonjunktur - und pocht auf größere Finanzpakete.

Nikolaus Piper, New York

Die Regierungen sollten bei den Konjunkturprogrammen und den Stützungsmaßnahmen für die Banken kräftig nachlegen. Das fordert der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem neuesten Weltwirtschaftsausblick. In diesem Jahr werde die Weltwirtschaft erstmals seit 1945 schrumpfen, schätzt die Organisation.

Nach Darstellung des IWF hat sich der weltweite Abschwung in den vergangenen Monaten weiter verschärft. Rezession und Finanzkrise hätten sich noch einmal auf fatale Weise gegenseitig verstärkt. In ihrer Prognose, die am Mittwoch in Washington vorgestellt wurde, gehen die Ökonomen des Fonds trotzdem davon aus, dass im Laufe dieses Jahres der Tiefpunkt der Rezession erreicht sein wird. Auf das gesamte Jahr gesehen werde die Wirtschaftsleistung weltweit um 1,3 Prozent schrumpfen - das erste globale Minus seit dem Zweiten Weltkrieg. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft dann wieder um 1,9 Prozent wachsen.

Erholung deutlich schwächer

Die Erholung wäre damit allerdings wesentlich schwächer als nach früheren Rezessionen. Und auch diese Rückkehr zu bescheidenem Wachstum ist, so der IWF, nur möglich, wenn die Regierungen weltweit noch aggressiver als bisher gegen die Krise vorgehen. Wörtlich heißt es in dem Bericht: "Um die Wende zu erreichen, ist es notwendig, dass die Anstrengungen zur Gesundung des Finanzsektors noch verstärkt werden; die Stützung der Nachfrage durch die Finanz- und Geldpolitik muss weitergehen."

Der IWF räumt ein, dass Regierungen und Notenbanken bisher zwar eine Kernschmelze des Finanzsystems verhindert hätten, den Fall der Weltwirtschaft aber hätten sie nicht aufhalten können. Die Autoren des Weltwirtschaftsausblicks fordern daher einen Ausbau der Konjunkturprogramme ins kommende Jahr hinein. Besonders müsse noch mehr für die Stützung des Bankensektors getan werden. Alle bisherigen Maßnahmen hätten das Vertrauen dort nicht wiederherstellen können. Konkret empfiehlt der IWF, dass die Regierungen das Kapital, das sie in einzelne Kreditinstitute eingeschossen haben, in normale Aktien umwandeln. Diese Aufforderung dürfte sich besonders an US-Finanzminister Timothy Geithner richten.

Bangen um die Schwellenländer

Der IWF hat seine Prognosen für 2009 zuletzt im Abstand von wenigen Monaten heruntergeschraubt. Noch im Januar hatten die Ökonomen der Weltwirtschaft ein kleines Plus von 0,5 Prozent prophezeit. Der IWF mahnt auch jetzt zur Vorsicht. Die Prognosen seien derzeit mit erheblicher Unsicherheit behaftet, heißt es im Wirtschaftsausblick. Es sei nicht ausgeschlossen, dass es noch schlimmer kommen könnte als erwartet. Der Welthandel wird laut IWF um elf Prozent zurückgehen, die Wirtschaft der Vereinigten Staaten wird um 2,8 Prozent schrumpfen, die deutsche sogar um 5,6 Prozent.

Als besonders besorgniserregend bezeichnet der IWF die Lage der Schwellenländer weltweit. Sie leiden nicht nur unter dem Rückgang der Nachfrage aus den Industrieländern, sondern auch unter den Nebenwirkungen der Finanzkrise, selbst wenn ihr eigener Bankensektor vor dem Wirtschaftseinbruch gesund war. Der Grund: Ausländische Banken und Investoren ziehen ihre Anlagen aus Asien, Osteuropa und Lateinamerika ab, die Kapitalströme kehren sich um. Ursache sind die allgemeine Risikoscheu auf den Finanzmärkten, aber auch die Politik der Industrieländer zur Stützung ihrer eigenen Banken. Es gilt heute prinzipiell als vorteilhafter, Geld zu Hause anzulegen.

Diese Tendenz führt auch dazu, dass große Währungen wie Dollar, Euro und Yen in der Krise recht stark werden. Im Ergebnis bricht die Wirtschaftsleistung der Schwellenländer massiv ein: in Asien um 5,6 Prozent, in Mittel- und Osteuropa um 3,7 Prozent, in Mexiko um 3,7 Prozent. Ausnahmen sind lediglich Indien und China mit Wachstumsraten von 4,5 und 6,5 Prozent.

China und Indien legen zu

Unterdessen gibt es auch einige Daten, die zumindest auf eine Verlangsamung des Abschwungs hoffen lassen und somit die These des IWF stützen, dass der Tiefpunkt bald erreicht ist. So sind die Exporte der Vereinigten Staaten im Februar unerwartet um 3,1 Prozent gestiegen. Die amerikanische Fluggesellschaft Delta Airlines berichtete, dass die erwartete Auslastung ihrer Flugzeuge für die Monate Mai und Juni nur noch geringfügig niedriger als im Vorjahr sei.

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