Der Fall Zumwinkel:BND half Ermittlern auf die Spur

Hinter den Ermittlungen gegen Post-Chef Klaus Zumwinkel steht der Bundesnachrichtendienst (BND). Die Geheimen vermittelten einen Informanten an die Wuppertaler Steuerfahndung.

Hans Leyendecker

Als die Fahnder gegen sieben Uhr morgens vor der Villa in Köln-Marienburg vorfuhren, war das ZDF schon da. Die Nation konnte live im Morgenmagazin bei einer anrollenden Durchsuchung dabei sein.

In den vergangenen Jahren sind schon viele Top-Manager in aller Herrgottsfrühe von der Staatsmacht heimgesucht worden, doch kein Fall ist vergleichbar mit dem des 64-jährigen Postchefs Klaus Zumwinkel.

Um kurz nach sieben Uhr wurde auf dem Radiosender WDR 2 der Journalist Jürgen Zurheide zugeschaltet. "Eine Geheimaktion?" fragte der Moderator. "Eher nicht", antwortete der erfahrene Rundfunkmann.

Weiß-rote Absperrbänder

Im Moment sei es nur "schwierig, Fahnder zu erreichen, weil die das Handy ausgeschaltet" hätten. Später mussten Beamte der Kölner Polizei weiß-rote Absperrbänder ausrollen, um der zahlreichen Kamerateams Herr zu werden.

Eine Batterie von Fotoapparaten klickte, als Zumwinkels Anwalt Hanns W. Feigen gegen neun Uhr eintraf. Er kam aus Frankfurt. In Rekordzeit.

Alles in allem ein Spektakel, das an amerikanische Kriminalfälle wie den des Ex-Sporthelden O. J. Simpson erinnerte, bei dem der Fernsehzuschauer immer dran bleiben konnte.

Mehr soll nicht gewesen sein

So öffentlich wie die Durchsuchung war die Vorgeschichte dieser Aktion nicht. Denn der Bundesnachrichtendienst (BND) spielte eine Rolle. Die Geheimen hatten Amtshilfe geleistet und einen Informanten, der vergangenes Jahr Interna über Zumwinkel anbot, an die Wuppertaler Steuerfahndung vermittelt. Mehr soll nicht gewesen sein.

"Sollen wir jemand abweisen, der Unterlagen über mögliche Gesetzesverstöße hat?" fragt ein hochrangiger Geheimdienstmann. Der BND habe weder in Liechtenstein ermittelt, noch andere Aktivitäten entwickelt. Bote eben nur.

Der Unbekannte soll Material über Zumwinkels Steuersparmodell bei einem Vaduzer Geldinstitut mitgebracht haben. Die Oberfinanzdirektion Rheinland setzte dann im August eine Sondergruppe von Prüfern ein, die sich um den Fall kümmerte.

Jeglicher Hinweis auf ordnungsgemäße Versteuerung fehlte

Die Steuerakte von Zumwinkel und Berichte von Betriebsprüfern wurden angefordert. In den Akten gab es keinen Hinweis auf ein Konto in Vaduz oder Einkünfte aus einer Stiftung. Es soll jeglicher Hinweis auf eine ordnungsgemäße Versteuerung des Liechtensteiner Vermögens, das rund zehn Millionen Euro beträgt, gefehlt haben.

Liechtenstein hat ein Bankgeheimnis, ein Treuhänder- und Anwaltsgeheimnis, ein Steuergeheimnis. Deutschen Steuerfahndern oder auch Staatsanwälten wird bei Fiskal-Delikten keine Amtshilfe gewährt.

BND half Ermittlern auf die Spur

Aber auch die Verhältnisse im Zwergstaat sind nicht mehr so unverrückbar wie früher. Über den Finanzplatz Liechtenstein wurde vor Jahren schon heftig diskutiert und da hatte der BND eine wirklich aktive Rolle, gespielt.

Auf beiden Seiten viel Ärger

Im November 1999 war ein geheimer Report des Auslandsnachrichtendienstes über die "Geldwäsche-Community" Liechtenstein öffentlich geworden, der auf beiden Seiten viel Ärger machte.

Das Fürstentum wurde in dem BND-Papier als Hort der Mafia beschrieben. Mit "krimineller Energie" hätten angeblich honorige Treuhänder ein "gut funktionierendes Netz zur Geldwäsche" geschaffen. "Illegales Vermögen wird völlig legal durch anonyme Stiftungen und Firmen geschleust".

Die Liechtensteiner setzten nach Bekanntwerden des Reports den österreichischen Sonderermittler Kurt Spitzer ein und dessen Fazit fiel vernichtend aus - für den BND wie für das Fürstentum.

Der BND stützte sich, das fand der Sonderermittler rasch heraus, in seinem Geheimpapier auf zweifelhafte anonyme Schreiben, die ein wegen Anlagebetrugs und versuchter Erpressung zu fünf Jahren Haft verurteilter Informant verfasst hatte. Ein Betrüger und Dilettant.

"Kritik berechtigt"

Aber die Kritik des BND an der ineffezienten Rechtshilfe der Liechtensteiner Justiz sei "ohne Zweifel berechtigt", fand Kurt Spitzer.

Die Honoratioren in Liechtenstein kritisierte den BND heftig und starteten gleichzeitig Reformen. Um den Verdacht loszuwerden, ein sicherer Platz für Geldwäscher zu sein, opferte das Fürstentum seine anonymen Bankkonten, vereinfachte die Rechtshilfe und verschärfte die Sorgfaltspflichten für Treuhänder und Banken. Aber wenn es um Steuern geht, schaut Vaduz weiterhin stur nicht hin.

"Ist es meine Aufgabe, Steuersünder aufzuspüren? Nein. Wir sind doch nicht die Polizei", hat beispielsweise der Stiftungsratspräsident der LGT Group Foundation, Prinz Philipp von und zu Liechtenstein, vor einigen Jahren in einem Interview gefragt.

"Steueroasen und Steuerwüsten"

Ähnlich sieht es auch sein Bruder, Fürst Hans Adam II. Das Staatsoberhaupt doziert gern über den Wettbewerb zwischen "Steueroasen und Steuerwüsten". Zu den Wüsten gehört Deutschland.

"Die Steuergesetzgebung und die Verwendung der Abgaben sind in einigen Ländern so gestaltet, dass man wirklich mit Fug und Recht die Behauptung wagen darf, dass es ein Betrug am Steuerzahler ist", hat der Fürst mal gesagt. Möglicherweise hat auch Zumwinkel das so gesehen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: