Königs Wusterhausen (dpa/bb) - Rund 200 bis 250 Tierschützer haben nach Angaben der Polizei an einem Schlachthof des Geflügelproduzenten Wiesenhof in Königs Wusterhausen in Brandenburg gegen Riesenställe und für mehr Tierwohl demonstriert. Das Bündnis „Wir haben es satt!“ forderte am Samstag unter dem Motto „Wiesen und Höfe statt Wiesenhof“ den Abbau von „Mega-Ställen“ und einen Umbau der Tierhaltung und sprach von 750 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Fast 80 Prozent aller Masthühner werden dem Bundeslandwirtschaftsministerium zufolge in Betrieben mit mehr als 50.000 Haltungsplätzen gemästet.
„Die Überproduktion in der industriellen Tierhaltung verursacht nicht nur Tierleid, sondern schadet auch Mensch und Umwelt und verdrängt bäuerliche Betriebe“, teilte die Sprecherin des Bündnisses, Inka Lange, mit. „Um in der gesamten Landwirtschaft mehr Tierwohl, Klima- und Umweltschutz zu erreichen, müssen Megaställe abgebaut und das bäuerliche Höfesterben gestoppt werden.“
Die Deutsche Umwelthilfe sieht Risiken in der industriellen Hähnchenmast. „Masthühner erhalten immer höhere Dosen an Antibiotika, die als Notfallantibiotika für Menschen bestimmt sind“, sagte Agrarexpertin Reinhild Benning.
Der Protest blieb nach Angaben der Polizei friedlich. Eine kleine Gruppe versuchte demnach, das Gelände des Protestcamps zu verlassen und zu einem Verkaufsladen zu gehen. Die Beamten forderten die Leitung der Demo auf, das zu stoppen, was auch geschah.
Wiesenhof will die Hühnerhaltung nach eigenen Angaben verbessern. Im Standort in Niederlehme bei Königs Wusterhausen werden nach Angaben des Geflügelproduzenten bis zu 90.000 Tiere täglich geschlachtet. Mehr als 97 Prozent der eigenen Hähnchenproduktion stamme aus Haltungsstufe 2 oder höher, teilte Wiesenhof auf Anfrage mit. Ein wesentliches Ziel der Unternehmensgruppe sei der Ausbau der Haltungsstufe 3, in der Wiesenhof führender Anbieter sei.
Die Stufe 2 nennt sich Stallhaltung plus, in Stufe 3 besteht Stallhaltung mit Zugang zu Außenklima. Die Stufe 4 (Premium) hat Stallhaltung mit Zugang zu Freigelände für mindestens ein Drittel der Lebenszeit. Der Platz ist pro Stufe jeweils etwas größer.
Eine Expertenkommission um den früheren Bundesagrarminister Jochen Borchert (CDU) hatte ihre Arbeit für bessere Bedingungen in der Tierhaltung im August eingestellt. Sie hatte unter anderem auf fehlende Finanzmittel für eine erfolgreiche Umsetzung verwiesen.
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