Im Jahr 2001 erhielt der amerikanische Ökonom Joseph Stiglitz den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Das Thema, um das es damals ging, klang für Laien ziemlich abstrakt - im Prinzip ging es um das Verhältnis von Informationen und Märkten.
Zehn Jahre später trat Joseph Stiglitz am Sonntag vor den Protestlern der "Occupy Wall Street"-Bewegung in New York auf - und was er dort sagte, klang keineswegs abstrakt, sondern ziemlich konkret. Von einem Krieg gegen die Mittelklasse des Landes sprach er. Von Banken, die die politischen Prozesse gekapert hätten. Und von dem Druck, den die US-Bürger auf die Abgeordneten ausüben sollten. "Wir müssen unsere Demokratie demokratisieren", sagte der Nobelpreisträger.
Sein Auftritt war für die Protest-Bewegung ein besonderer Moment. Seit gut zwei Wochen demonstriert eine Gruppe von US-Bürgern gegen die Macht der Banken und die Verantwortlichen der Finanzkrise. In einem kleinen Park in Manhattan begannen die Demonstrationen, ein harter Kern der Bewegung campiert dort dauerhaft. Am Samstag fanden sich immerhin 1500 Menschen zu einem Protestzug über die Brooklyn Bridge ein, was für mächtig Aufsehen sorgte, weil die New Yorker Polizei rund 700 von ihnen festnahm.
Dass nun Stiglitz redete, zeugt von einer neuer Bedeutung der "Occupy Wall Street"-Bewegung. Zumal er nicht der einzige Prominente war, der seine Solidarität mit den Demonstranten zeigte. Auch die Schauspielerin Susan Sarandon, die zuletzt passenderweise im Film Wall Street: Geld schläft nicht mitspielte, die Komikerin Roseanne Barr oder der Filmemacher Michael Moore kamen zu den Protestlern in die Liberty Street. Zudem berichten mittlerweile auch die etablierten amerikanischen Medien über das Phänomen. Bis vor kurzem organisierte sich "Occupy Wall Street" vor allem übers Netz.
Unterdessen zeigten die Demonstranten, dass sie sich von den Festnahmen am Samstag nicht abschrecken lassen. Am Sonntag protestierten erneut etwa 800 Menschen gegen die Wall Street. "Nehmen sie einen von uns fest, tauchen zwei neue auf", sagte der ehemalige Bauarbeiter Robert Cammisos, der am Samstag vorübergehend festgenommen worden war.
Mittlerweile wird auch nicht mehr nur in New York demonstriert. Auch in Boston oder Los Angeles kam es schon zu Protestveranstaltungen mit mehreren Hundert Zuschauern.
Die New Yorker Bewegung kündigte für Mittwochnachmittag einen neuen Marsch auf die Wall Street an. Eine erste geplante symbolische Besetzung der Wall Street hatte die Polizei vor einigen Tagen mit einem massiven Aufgebot verhindert.