Manche Firmen in Europa beugen sich bereits vorauseilend den Ansagen, die Donald Trump in den USA macht, wie neulich die Schweizer Pharmakonzerne Roche und Novartis: Sie strichen kurzerhand Vorgaben zur Diversität bei der Einstellung von Angestellten, um sich mit dem neuen US-Präsidenten gut zu stellen. Andere müssen offenbar explizit unter Druck gesetzt werden, wie sich nun zeigt. Der Zeitung Les Echos zufolge haben einige Dutzend französische Firmen, die teils in den USA tätig sind, einen besonderen Fragebogen von der US-Botschaft erhalten. Darin sollen sie bestätigen, dass sie sich an die Abschaffung von Programmen für Diversität, Gleichstellung und Inklusion (Diversity, Equity and Inclusion, DEI) halten.
In Frankreich kommt die Aufforderung allerdings nicht gut an, das französische Außenhandelsministerium protestierte: „Die amerikanische Einmischung in die Inklusionspolitik französischer Unternehmen, unter Androhung ungerechtfertigter Zölle, ist inakzeptabel“, teilte es mit. „Frankreich und Europa werden ihre Unternehmen, ihre Verbraucher und auch ihre Werte verteidigen.“ Ein dem französischen Finanzminister Éric Lombard nahestehender Beamter sagte, man werde die Angelegenheit mit der US-Regierung besprechen. „Diese Praxis spiegelt die Werte der neuen US-Regierung wider. Sie sind nicht dieselben wie unsere. Der Minister wird seine Amtskollegen in der US-Regierung daran erinnern“, sagte er.
Les Echos hatte als erstes Medium am Freitagabend über das Vorgehen der USA berichtet. Demnach wurde der Brief von der US-Botschaft in Paris an die Firmen verschickt. Von der Botschaft war zunächst kein Kommentar erhältlich. „Wir wären dankbar, wenn Sie das Dokument innerhalb von fünf Tagen ausfüllen und unterschreiben würden und an uns zurückmailen“, heißt es in dem Brief, den die Zeitung veröffentlichte. Sollten die Firmen nicht zustimmen, sollten sie ihre Gründe detailliert darlegen. Das werde dann an die Rechtsabteilung weitergeleitet.
Ähnliche Forderungen in Deutschland nicht bekannt
Medienberichten zufolge gehören Unternehmen aus den Bereichen Verteidigung und Infrastruktur zu den betroffenen Firmen. Es gab keinen Hinweis darauf, dass die angeschriebenen Unternehmen nur aufgrund ihrer Präsenz in den USA ausgewählt wurden. Eine mit der Angelegenheit vertraute Person sagte, dass der staatlich kontrollierte französische Telekommunikationskonzern Orange, der nicht in den USA vertreten ist, den Brief erhalten habe. Orange lehnte eine Stellungnahme ab. Dagegen haben der Rüstungskonzern Thales und der Ölkonzern Total, die beide in den USA tätig sind, das Schreiben nicht erhalten, wie Sprecher der Unternehmen mitteilten.
Unklar blieb zunächst, ob Unternehmen aus anderen europäischen Ländern ähnliche Fragebögen zugeschickt bekommen. Ein Sprecher der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) sagte Reuters, entsprechende Forderungen an deutsche Unternehmen seien bislang nicht bekannt.
US-Präsident Donald Trump hatte im Januar Ministerien und Bundesbehörden angewiesen, sämtliche Programme zu streichen, die Diversität, Gleichstellung und Inklusion fördern. Per Erlass strich er zudem mehrere teils seit Jahrzehnten geltende Dekrete, mit denen die Chancengleichheit bei der Beschäftigung und eine ausgewogene Besetzung der Belegschaft hinsichtlich Merkmalen wie Hautfarbe, Geschlecht und Religion erreicht werden soll. Ziel des Dekrets sei es, auch private Unternehmen, die Regierungsaufträge erhalten, davon abzubringen, Vielfalt als Kriterium zu nutzen. DEI-Programme stellten eine „illegale Diskriminierung und Bevorzugung“ dar, hieß es in dem Erlass.