Mit Neuanfängen kennt Britta Sachs sich aus. Die Inhaberin des Kölner Hostels "Weltempfänger" gründete ihr Gästehaus Ende 2008, noch mitten in der Finanz- und Wirtschaftskrise. Auch damals litt die Wirtschaft, Hunderttausende waren in Kurzarbeit. Noch dazu startete sie mit einer Idee, die sich in Deutschland noch lange nicht durchgesetzt hatte. Einer Mischung aus Jugendherberge und Hotel, ausgerichtet auf die Rucksacktouristen, die es eher nach Südostasien oder Lateinamerika zog.
"Einen Kredit zu bekommen, war damals nicht so leicht", sagt die 42-Jährige. Trotzdem: Das vierstöckige Eckhaus im heute restlos gentrifizierten Stadtteil Ehrenfeld passte perfekt zu dem, was Britta Sachs und ihr Mann Roland sich immer vorgestellt hatten. Er mit Erfahrung in der Gastronomie, sie mit vielen Reisekilometern als Backpackerin. Ein Restaurant im Erdgeschoss, eine kaum genutzte Pension darüber. "Da haben wir zugeschlagen", sagt Britta Sachs. Wo früher portugiesische Küche serviert wurde, ist heute ein Café mit Frühstücksbuffet für die Hostel-Gäste. Darüber liegen insgesamt 15 Zimmer, die meisten davon mit vier Betten und angeschlossenem Bad.
Der Zuschnitt ist inzwischen das größte Problem von Britta Sachs. Um die geltenden Hygienevorschriften einzuhalten, kann sie auch die Vierbettzimmer nur an Einzelpersonen oder zusammenhängende Gruppen vermieten. Reisende, die für ein paar Tage in Köln sind, können kein einzelnes Bett buchen und mit fremden Backpackern in einem Zimmer unterkommen.
Hinzu kommt, dass das Reisegeschäft nur schleppend wieder anläuft. "Unsere Betriebe waren die ersten, die unter den Folgen der Coronavirus-Ausbreitung gelitten haben und werden in all ihren Betriebsformen die letzten sein, die wieder öffnen dürfen", sagte der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, Guido Zöllick, am Dienstag. Das Minus für die Branche werde sich 2020 auf knapp 50 Prozent belaufen, wie aus einer Umfrage des Branchenverbands hervorgeht. Fast 62 Prozent der Unternehmen bangten demnach um ihre Existenz.
Auch das Ehrenfelder Hostel von Britta Sachs ist noch weit entfernt vom Vor-Corona-Umsatz. "Wir sind vielleicht bei einem Drittel", sagt die studierte Medientechnikerin. Normalerweise ist der Herbst die Hochsaison im Hostel, weil Messen, Konzerte und andere Veranstaltungen Menschen in die Stadt bringen. Die Auslastung des Hostels wuchs seit der Eröffnung Jahr für Jahr, weil Köln immer mehr Touristen anzog und das umliegende Viertel mit vielen Bars, Clubs und Cafés aufwartet. Dass die Corona-Pandemie den kompletten Betrieb über Monate lahmlegen würde, konnte sie sich zuerst gar nicht vorstellen. Aber dann kamen die ersten Stornierungen, Gruppenreisen und Klassenfahrten wurden abgesagt. Mitte März musste sie kurz hintereinander Café und Hostelbetrieb schließen. "Da habe ich erst mal geschluckt", sagt Sachs.
Während ihre Mitarbeiter selbst lange anstehende Renovierungen übernahmen, machte sie damals einen Kassensturz. Weil die Soforthilfe nicht ausreicht, beantragt Sachs einen KfW-Kredit, außerdem bekommt sie weitere Überbrückungshilfen vom Land. "Ohne Hilfe hätten wir das nicht durchgehalten", sagt sie.
Seit Mai kommen zwar wieder mehr Gäste. Dennoch bleibt die Prognose für die kommenden Monate unsicher. Während das Hostel für die Adventszeit und die Karnevalstage normalerweise Monate im Voraus ausgebucht ist, gehen jetzt vor allem spontane Anfragen ein. "Damit kann man nur schwer planen", sagt Sachs. Zusammen mit ihrem Mann hat sie darüber nachgedacht, das Haus zu verkaufen. Doch aufgeben wollten beide am Ende nicht. "Dafür mache ich das hier einfach zu gerne."
Britta Sachs hat die Zeit der Pandemie vor allem damit verbracht, noch einmal ganz neu auf ihren Betrieb zu blicken. Andere Personalplanung, eine größere Außengastronomie und ein frisch gestrichenes Café sorgen nun dafür, dass die Hostel-Besitzerin sich ein zweites Mal vor dem Neuanfang in Krisenzeiten sieht: "Diesmal fühlt es sich an, als könnte alles durchdachter wieder losgehen." Nur wann? Sachs vermutet, dass mit der Entwicklung eines Corona-Impfstoffes auch die Backpacker zurückkehren werden. Bis dahin will sie durchhalten.