Dax unter 9000 Punkte:Darum stürzt die Börse ab

Händler im Saal der Frankfurter Börse

Ein Händler im Saal der Frankfurter Börse.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)
  • Der Dax ist am Montag unter die Marke von 9000 Punkten gefallen. Dabei hatte er im April 2015 mit 12 300 Zählern noch die höchste Notierung seiner Geschichte erreicht.
  • Doch die Aussichten für die Weltwirtschaft sind düster. Schwellenländer haben Probleme, auch die Industriestaaten wachsen kaum.
  • Auch in Japan brechen die Kurse ein: Der Nikkei-Index für 225 führende Werte stürzte am Dienstag um 5,4 Prozent ab.

Analyse von Markus Zydra, Frankfurt

Man hat es ahnen können. Schon in den letzten Tagen waren die Kurse an den Aktienmärkten immer wieder in kleinen Schritten gefallen. Das haben Anleger gerne ignoriert - in der Hoffnung, das Gefühl würde sich nicht bestätigen. Am Montag ist der Dax unter 9000 Punkte gefallen. Das entsprach einem Minus von drei Prozent. So tief notierte der Dax seit Oktober 2014 nicht mehr. Wenn runde Marken wie diese durchbrochen werden, sorgt das für besondere Unruhe. Die Angst vor einer Pleitewelle im Energiesektor hat die Finanzwerte massiv unter Druck gesetzt.

Die Aktie der Deutschen Bank verloren 9,5 Prozent und schlossen bei 13,82 Euro - so tief hat sie einen Börsentag noch nie beendet. Sie war der Tagesverlierer im Dax. Im Handelsverlauf waren die Titel des Geldhauses zeitweise um 11,8 Prozent auf 13,46 Euro eingebrochen - und lagen nur noch knapp über dem im Januar 2009 im Handelsverlauf aufgestellten Rekordtief von 13,39 Euro. Die Deutsche Bank versuchte die Investoren nach dem Absturz zu beruhigen. Die Bank habe genügend Geld, um spezielle Anleihen zu bedienen, teilte die Bank am Montagabend mit. Nach dem Rekordverlust von fast sieben Milliarden Euro machten sich zahlreiche Investoren sorgen, die Bank könne die Zinsen auf diese Bonds einbehalten müssen. Diese Anleihen werden nur bedient, wenn die Kapitalausstattung der Deutschen Bank ausreicht. Auch andere Finanzwerte schlossen tief im Minus. Die Aktien der Commerzbank verloren ebenfalls 9,5 Prozent, die Titel der französischen Societe Generale und der spanischen Banco Santander büßten jeweils gut sechs Prozent ein. Der europäische Banken-Index sank um 5,6 Prozent auf 138,18 Punkte.

Chesapeake Energy erklärte, keine Insolvenz zu beantragen. Erst das beruhigte die Börse

Als Auslöser für die Entwicklung gilt der Kurssturz des hoch verschuldeten zweitgrößten amerikanischen Erdgas-Produzenten Chesapeake Energy. Dessen auch in der Vergangenheit volatile Titel halbierten ihren Wert auf zeitweilig 1,50 Dollar. Das Unternehmen konnte die Abwärtsbewegung erst stoppen durch die Erklärung, keine Insolvenz beantragen zu werden. Schon kursieren Prognosen, die einen Absturz des Dax bis auf 8000 Punkte erwarten.

Dabei ist es schon schlimm genug. Seit Anfang des Jahres hat das wichtigste deutsche Börsenbarometer 16 Prozent an Wert verloren. Die Wachstumsprognosen waren zuletzt immer pessimistischer ausgefallen. In diesen Phasen ist der Herdentrieb der Investoren besonders ausgeprägt. Sie verkaufen Aktien immer dann, wenn es alle anderen auch tun.

Noch im April 2015 hatte der Dax mit 12 300 Zählern die höchste Notierung seiner Geschichte erreicht. Damals herrschte Euphorie allerorten. Das Aktieninvestment galt den Profis als das Maß aller Dinge in einer Phase, da Zinspapiere aufgrund der niedrigen Leitzinsen kaum noch Rendite abwerfen. Doch im Sommer 2015 zerstörte der Wachstumseinbruch in China den Traum von weiter steigenden Kursen.

Wer soll es richten? Die Märkte rufen wieder nach den Zentralbanken

Ein weiteres Beispiel: Brasiliens Wirtschaft schrumpfte 2015 um 3,7 Prozent und steckt in der wohl schwersten Rezession seit den 1930er Jahren. Die Unternehmen in anderen Schwellenländern leiden an gefährlicher Überschuldung. Gleichzeitig stockt der Aufschwung in den USA. Die Wachstumsprognosen für Japan sinken. Und die Lage auf dem europäischen Kontinent ist nicht viel besser.

"Die Investoren können sich zur Entwicklung der Weltwirtschaft keine abschließende Meinung bilden. Aber die Risiken einer Rezession und einer Deflation nehmen zu", sagt Francois Savary, Anlagestratege bei Prime Partners in Genf.

Welche Ideen jetzt an den Finanzmärkten kursieren

Wer soll es richten? Die Märkte rufen wieder nach den Zentralbanken. Die amerikanische Federal Reserve hatte erst im Dezember erstmals nach neun Jahren den Leitzins leicht erhöht. Die Notenbanker der Fed glaubten fest daran, dass die US-Wirtschaft eine Normalisierung verkraften könne. Die Leitzinsen in den USA liegen wie in allen anderen Industriestaaten immer noch nahe null Prozent.

Doch die US-Wirtschaft wuchs im vierten Quartal weniger als erwartet. Schon gibt es Spekulationen, die Fed könne die eigentlich geplante zweite Zinserhöhung verschieben. In den USA wird nun auch eine Debatte über die mögliche Einführung von Negativzinsen geführt.

Zuletzt hatte sich auch die japanische Notenbank dazu entschieden, einen Strafzins einzuführen. Die EZB und andere europäischen Zentralbanken machen das schon länger.

Es gibt auch Ideen, die US-Notenbank könne ein weiteres Wertpapierkaufprogramm starten. Dabei hat sie ihr letztes erst im Oktober 2014 beendet. Die Diskussion belegt, wie besorgt die Finanzhändler sind. "Wenn sich die Stimmung an den Aktienmärkten verbessern soll, dann muss noch mehr Geld gedruckt werden", sagt Robert Halver, Analyst bei der Baader Bank. Eine Normalisierung der Lage an den Finanzmärkten sei nicht zu erwarten.

Doch ist das wirklich eine nachhaltige Lösung? Die Druckerpresse? Für andere Experten ist es gerade die laxe, aber im Kern nutzlose Geldpolitik, die dafür sorgt, dass Investoren immer misstrauischer werden. Der EZB-Rat wird im März entscheiden, ob die Notenbank ihr Anleihekaufprogramm noch mehr ausweitet. Bislang sollen bis März 2017 rund 1,5 Billionen Euro in die Finanzmärkte kanalisiert werden. Um das zu schaffen, kauft die EZB jeden Monat Anleihen für 60 Milliarden Euro. Bislang hat das Programm aber nur wenig gefruchtet. Die Inflation im Euroraum ist weiter sehr niedrig, vor allem wegen des Ölpreises. EZB-Präsident Mario Draghi möchte eine gefährliche Deflation verhindern und die Wirtschaft in der Euro-Zone ankurbeln. Doch das möchte er schon seit mehr als zwei Jahren.

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