Ukraine-Krise:Warum die Börsen gerade so unruhig sind

Ukraine-Krise: Die Aktie der Deutschen Börse selbst blieb leicht im Plus. Hohe Schwankungen am Markt bringen eine höhere Handelsaktivität - wovon die Börsenbetreiber profitieren.

Die Aktie der Deutschen Börse selbst blieb leicht im Plus. Hohe Schwankungen am Markt bringen eine höhere Handelsaktivität - wovon die Börsenbetreiber profitieren.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Die Ukraine-Krise belastet die deutschen Aktienmärkte: Der Dax verliert zwischenzeitlich deutlich, steigt dann aber wieder. Was ist da los?

Von Paulina Würminghausen

Eigentlich sind die Börse und die Wirtschaft ein bisschen wie ein Hund und sein Herrchen: Der Hund läuft vor, das Herrchen nach. Oder andersrum, je nachdem. So hat es der bekannte Börsenexperte André Kostolany beschrieben, und so sieht es auch Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern: "Börse und Wirtschaft kann man nicht getrennt voneinander sehen, beides kann sich nie komplett vom anderen lösen", sagt er. Wirtschaft und Börse, Herrchen und Hund, sie sind verbunden durch eine unsichtbare Leine.

Was vielen in der Theorie klar sein dürfte, spiegelt sich nun stärker als lange zuvor in den aktuellen Entwicklungen an der Börse wider - und verunsichert viele Anlegerinnen und Anleger: Der Ukraine-Konflikt und ein befürchteter Einmarsch Russlands in das Nachbarland werden am Aktienmarkt zu einer großen Belastung. Am Montag ging es direkt nach der Xetra-Eröffnung für den Dax bergab, und zwar um über drei Prozent bis auf 14 923 Zähler und damit deutlich unter die Marke von 15 000 Punkten. Damit stand der Kurs so tief wie seit viereinhalb Monaten nicht. Am Nachmittag erholte sich der Kurs jedoch schnell wieder und eroberte die 15 000er-Marke wieder zurück.

In diesem Fall ist die Wirtschaft "vorgelaufen", wie es Straub sagen würde, die Börsen haben reagiert. "Dass die aktuelle Lage die Aktienmärke bewegt, ist nicht ganz überraschend, das hat sich schon angekündigt", sagt Straub. Schließlich reagiere die Börse immer empfindlich auf politische Ungewissheiten wie die in der Ukraine. Der Markt müsse sich auch auf das Risiko eines möglichen Krieges vorbereiten.

Die Situation in der Ukraine und was das für die Börsen bedeutet, ist eine Frage, die den Fondsmanager Hendrik Leber von der Kapitalverwaltungsgesellschaft Acatis den ganzen Montagmorgen beschäftigt hat. Klar, die Energiekosten würden bei einer Eskalation hochgehen, es würde also schon wirtschaftliche Folgen geben. Aber: "Wenn es einen Einmarsch geben sollte, wird er ökonomisch für uns nicht sehr wesentlich werden", sagt Leber. Wirtschaftlich seien Russland und die Ukraine, verglichen mit anderen Industrienationen, relativ schwach.

Das Motto an Tagen wie diesen sollte sein: Augen zu und durch

Die Lage in der Ukraine könnte schlimmstenfalls in einer Zeit eskalieren, wo die Stimmung an der Börse sowieso schon nervös ist. Die Energiepreise sind hoch, in vielen Branchen gibt es Lieferschwierigkeiten, die Inflation treibt die Menschen um und eine Zinswende könnte bevorstehen. Mit alldem könnten die Märkte umgehen, sagt die unabhängige Honorarberaterin Stefanie Kühn - doch dann noch ein möglicher Krieg. In Europa? Diese unsichere Lage mache was mit den Menschen, mit der Psyche. "Das können wir gar nicht beurteilen, wie sich das entwickelt", sagt Kühn. Die Kurse fallen.

Dass etwa der Dax kurzzeitig unter die 15 000er-Marke fiel und damit sein neues Jahrestief erreicht hatte, dürfe man Experten zufolge aber nicht überbewerten. Mal ganz abgesehen davon, dass diese Börsen-Marken sowieso nur eine "psychologische Geschichte" seien, wie es Kühn sagt, und relativ wenig Aussagekraft hätten. In den letzten Monaten gab es außerdem häufiger entsprechende Kursschwankungen. "Das ist jetzt nichts komplett Neues", sagt auch Verbraucherschützer Straub. Anlegerinnen und Anleger sollten sich von dieser nervösen Stimmung nicht anstecken lassen. Damit es wieder bergauf gehen kann, müsse es schließlich auch mal bergab gehen. Das schlechteste Vorgehen wäre Straub zufolge, jetzt plötzlich zu verkaufen. Augen zu und durch, heißt es also.

Und auch Finanzberaterin Kühn sagt: "Panik ist nie ein guter Ratgeber, es ist immer super gefährlich, wenn die Anlegerinnen und Anleger panisch reagieren." Am besten solle man an solchen Tagen wie diesen Montag komplett die Börsen ignorieren und nichts machen. Langfristig rate sie aber schon, mal ins Depot zu gucken und zu schauen, ob man nochmal umschichten sollte. "Es gab viele Warnschüsse in den letzten Wochen, man sollte sich jetzt langsam auf die Nach-Corona-Zeit einstellen", sagt die Finanzberaterin. Das heißt: sich überlegen, welche Unternehmen künftig gefragt sein können. Ein bisschen Risiko rausnehmen, Gewinne mitnehmen.

Allgemein habe sich die Finanzberaterin schon auf ein unruhiges Börsenjahr vorbereitet. "Wir wollen keine Schwarzmalerei betreiben, aber man sollte da auch nicht blauäugig rangehen", sagt Kühn. Sascha Straub von der Verbraucherzentrale sieht die Zukunft nicht ganz so düster: Sobald es wieder politische Sicherheit gebe, werde sich die nervöse Stimmung relativ schnell wieder legen, ist er überzeugt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: