Davoser Depeschen:Wo ist Bill?

Auf dem Weltwirtschaftstreffen in Davos gelten wichtige ungeschriebene Regeln. Zum Beispiel: "Riskieren Sie etwas", und: "Trinken Sie genug". Auf 1500 Meter Höhe kann eben manches schiefgehen.

Die wichtigste Nachricht vor dem Start: Er wird anreisen. Und das, obwohl der Terroranschlag am Moskauer Flughafen Domodedowo sein Land in Schrecken versetzt hat. Nein, Präsident Dmitrij Medwedjew will in Davos am späten Mittwochnachmittag offenbar unbedingt die Eröffnungsrede des World Economic Forum (WEF) halten. Jenes Weltwirtschaftsforums also, das die Privaterfindung des Schweizers Klaus Schwab ist.

A man walks along of the Congress Center in Davos

Eine Regel in Davos besagt: "Wenn Ihnen jemand bekannt vorkommt und Sie das Gesicht schon in der Zeitung gesehen haben, gehen Sie zu ihm hin und sagen: 'Hello!'."

(Foto: REUTERS)

Die Büros hätten oft am Dienstag telefoniert, und am Ende sei - nach einigem Hin und Her - klar gewesen, dass der Russe hier vor Staatschefs, Top-Managern, Kirchenführern, Medienmächtigen und Wissenschaftlern sprechen will. "Gerade jetzt", sagt Schwab.

Der 72-jährige Gründer preist seine in Genf sitzende "komplexe" Non-Profit-Organisation als eine riesige Kontaktmaschine, die von Sponsoren lebt und sich das Ziel gesetzt hat, irgendwie die Welt zu verbessern. 2500 Teilnehmer lassen sich von Diskussionen, Reden und Partys nach Davos locken. Schwabs Team erklärt, wie man sich richtig auf diesem 41. Jahrestreffen verhält.

Eine Regel besagt: "Wenn Ihnen jemand bekannt vorkommt und Sie das Gesicht schon in der Zeitung gesehen haben, gehen Sie zu ihm hin und sagen: 'Hello!'." Riskieren Sie etwas! Wenn also Bill Clinton oder Bill Gates da herumstehen, kann so ein einfaches "Hello!" nützlich sein. Eine andere Regel lehrt, dass man die Ärmel hochkrempeln und sich einbringen soll.

Dann wieder heißt es, dass alle hier oben auf 1500 Meter viel Wasser trinken müssen, "sonst dehydieren Sie!". Und, schließlich: Man kann sich aus den vielen Veranstaltungen einen Stundenplan erstellen oder einfach treiben lassen. Vielleicht treibt man auch so Rainer Brüderle, Karl-Theodor zu Guttenberg oder irgendeinem anderen der insgesamt 80 Minister aus allen möglichen Regierungen entgegen.

Was den etwas in Beschuss geratenen Minister-Darling "KT" angeht: Er kommt dieses Jahr nicht, wie 2010, zum sonntäglichen Abschluss-Skirennen, das von RWE und dessen jovialen Vorstandschef Jürgen Großmann organisiert wird. Der Selbstverteidiger bescheidet sich. Allzu elegante Fotos im Schnee schaden womöglich, wenn es mal wieder um Gorch Fock oder Afghanistan gehen sollte.

Mächtig stolz ist Organisator Schwab im Übrigen auf das neue Kongresszentrum. Wie überall in der Schweiz redet bei solchen Projekten die Kommune mit - und die Davoser hätten mit großer Mehrheit die Pläne des WEF unterstützt. Kein Wunder, macht doch die Globalisierung für einige Tage in ihrem Gebirgs-Städtchen Rast und treibt alle Preise nach oben: Fürs Schlafen, fürs Taxifahren, fürs Essen.

"Wir sind ein Spiegel dessen, was in der Welt passiert", erklärt der Gründer Schwab den Auflauf in den Alpen. Und dann erwähnt er den chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao, der ihm schon vor zehn Jahren erklärt habe, dass 2012 unter den Top-Konzernen im Fortune Global 500 genau 50 aus China kommen werden. Und er erzählt von "Tschällensch" und "Strucktscher" und "Tscheneräischen", mit der großen Schlusspointe, dass im Globalen immer auch das Regionale stecke.

Deswegen vermutlich muss Dimitri Medwedjew kommen.

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