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Investor Soros in Davos:Die Welt ist schlecht, hier sind eine Milliarde Dollar

Überall Möchtergern-Diktatoren und andere autoritäre Gestalten: Der Star-Investor George Soros sieht viele schlechte Nachrichten und nur ein paar gute. Daher macht er, was ein Philanthrop eben macht.

Von Bastian Brinkmann, Davos

Donald Trump in den USA? Ein Hochstapler und ein Narzisst, dessen Selbstliebe seit seiner Wahl noch pathologischer geworden ist. Xi Jinping in China? Ein Diktator, der sein Volk mit künstlicher Intelligenz totalüberwachen will. Narendra Modi in Indien? Hat einen Hindunationalismus entfesselt. Jair Bolsonaro in Brasilien? Lässt den Regenwald abbrennen. Das ist die Welt, wie sie Starinvestor George Soros gerade sieht - und sie ist demnach in keinem guten Zustand. Dieses Fazit zieht der 89-jährige Soros in seiner Rede in Davos, die er jedes Jahr im Januar hält, am Rande des Weltwirtschaftsforums vor Beboachtern und Gleichgesinnten im Kampf für die offene Gesellschaft, wie Soros seine politische Ausrichtung nennt.

Auch für die US-Wahlen im November fürchtet er das Schlimmste. "Trump hat einen unfehlbaren Instinkt, der ihm sagt, wie seine Anhänger auf sein Handeln reagieren", sagte Soros. In das Impeachment-Verfahren steckt er keine Hoffnung. "Das entwickelt sich zu einer Pro-Forma-Sache." Höchstens die Konjunktur könnte Trump noch in die Quere kommen. Die Regierung habe eine überhitzte Wirtschaft noch angefeuert. "Aber eine überhitzte Wirtschaft kann nicht zu lange am Siedepunkt bleiben", sagt Soros. "Trumps Problem ist, dass die Wahlen noch zehn Monate entfernt sind - und in einer revolutionären Lage ist das ewig."

Lob bekommt von Soros die sogenannte Sardinen-Bewegung in Italien, die sich gegen "Möchtegern-Diktator" Matteo Salvini richte. Die erfolgreichste Rebellion derzeit sei die Protestbewegung in Hongkong, aber der Preis sei hoch: "Sie könnte den wirtschaftlichen Wohlstand der Stadt zerstören", sagt Soros. Und dann sei da noch die konstruktive Rolle, die viele Bürgermeister in den Städten einnähmen, beispielsweise beim Klimawandel.

Soros unterstützt diverse Organisationen finanziell, er hat seine Milliarden als Finanzinvestor verdient. Seit langem spendet er Geld - und in Davos verkünde er das wichtigste Projekt seines Lebens, sagte er: Er wolle eine Milliarde Dollar für ein Bildungsnetzwerk spenden, das künftig Universitäten rund um die Welt zusammenbringen soll. Das Netzwerk soll Open Society University (OSUN) heißen. "Ich glaube, dass als langfristige Strategie unsere beste Hoffnung im Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Bildung liegt", so Soros. "Es geht insbesondere um eine Bildung, die die Autonomie des Individuums stärkt, indem sie kritisches Denken kultiviert und die akademische Freiheit betont." Das Netzwerk soll beispielsweise Wissenschaftlern helfen, die wegen der Politik in ihrem Land in Gefahr seien. "Ich würde das gerne umgesetzt sehen, solange ich noch da bin", hofft er.

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