Windows 10:Neustart im Neuland

Windows 10: Kümmert sich der Babysitter auch wirklich ums Kleinkind zu Hause? Mit einer VR-Brille will Philips das auch aus der Ferne überprüfbar machen.

Kümmert sich der Babysitter auch wirklich ums Kleinkind zu Hause? Mit einer VR-Brille will Philips das auch aus der Ferne überprüfbar machen.

(Foto: Tobias Schwarz/AFP)

Erweiterte und virtuelle Realität haben noch längst nicht so eingeschlagen, wie von vielen erwartet. Microsoft will das nun ändern - mit einem Update für Windows 10.

Von Helmut Martin-Jung, Berlin

Da steht er, der Dinosaurier. Lebensgroß; also sehr groß. Mitten im Raum steht er, eine besondere Brille zeigt ihn fast wie echt. Futuristisch sieht sie aus. Und man kann mit dem Hightech-Gerät um das Urvieh herumgehen, den Kopf drehen - doch der Dino bleibt immer, wo er ist. Ganz so als hätte ihn jemand dorthin gezaubert.

Ja, es ist faszinierend, wie sich mit Microsofts Hololens Virtuelles und die Realität vermischen. Doch wer den Dino einmal mit der Brille gesehen hat, und dann vielleicht auch die anderen Demos zum Thema ausprobiert, der fragt sich danach oft: Und nun?

Dass die Technik der erweiterten und virtuellen Realität trotz des Hypes um die Technik noch nicht die Massen erreicht hat, liegt aber nicht nur daran, dass der Wow-Effekt irgendwann nachlässt. Es liegt, sagt Greg Sullivan, Abteilungsleiter bei Microsoft für Windows und Hardware-Geräte, auch daran, dass die Technik für den Normalnutzer oft noch zu kompliziert ist. Alleine ein solches System aufzubauen und einzurichten, kann einige Stunden dauern, sagt er, außerdem ist die Anschaffung bisher ziemlich teuer. Für ein leistungsfähiges System sind da schnell mal 2000 Euro weg oder mehr.

Langfristig werden kommerzielle Anwendungen überwiegen

Und dann ist da noch das Problem der Inhalte. Bisher gehe es in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem um Spiele. Langfristig, glaubt Sullivan, werden aber kommerzielle Anwendungen mindestens gleichziehen, vermutlich sogar überwiegen. Glaubt man Microsoft, dann hat das Software-Unternehmen dafür die Grundlagen schon einmal gelegt. Denn im nächsten großen Update für Windows 10 geht es genau darum: Das Creators Update, das von 17. Oktober an Endkunden ausgeliefert werden soll, bringt als größte Neuerung integrierte Software für virtuelle und erweiterte Realität mit.

Auf der Technikmesse Ifa in Berlin zeigte eine ganze Reihe von Herstellern, darunter Acer, Asus, Dell und Lenovo, neue Brillen dafür. In Verbindung mit dem neuen Windows sollen sie wesentlich weniger ressourcenhungrig und in zehn Minuten eingerichtet sein, verspricht Sullivan. "Diese Hersteller setzen jetzt fort, was wir lange davor mit der Hololens begonnen haben."

Viele hätten sich zwar gefragt, warum Microsoft, eigentlich doch ein Software-Hersteller, unbedingt selbst eine Brille hatte konzipieren müssen. In der Fachsprache spricht man von vertikaler Integration, wenn ein Hersteller alles an einem Produkt selbst entwickelt und baut - so wie zum Beispiel Apple, das sich bei seinen Produkten um Hard- und Software selbst kümmert. Doch Sullivan antwortet mit einem alten Indianer-Sprichwort: "Kritisiere einen Mann erst, wenn Du eine Meile in seinen Schuhen gegangen bist."

Soll heißen: dadurch, dass Microsoft selbst erfahren hat, welche Probleme zu überwinden sind, wenn man Hard- und Software baut, sei man zu einem besseren Software-Lieferanten geworden. "Am besten ist es, wenn man vertikal und horizontal integriert ist." So hat es Microsoft ja auch schon mit seinen Tablets und dann mit den Laptops der Surface-Reihe gemacht.

Sullivan argumentiert, durch die von Microsoft in Windows eingebaute Software werde nun erstmals eine Umgebung geschaffen, an der viele Hersteller teilhaben können. "Die bisherigen Systeme sind ja zueinander nicht kompatibel." Microsoft dagegen schaffe ein Ökosystem für viele Anbieter, weil man auf einer tieferen Ebene ansetze. Was es bisher auf dem Markt gibt, ist seiner Ansicht nach "erst der Anfang". Er glaubt, dass virtuelle und erweiterte Realität irgendwann verschmelzen werden, und spricht daher am liebsten von mixed reality.

"Die digitale Welt war in den zwei Dimensionen des Bildschirms gefangen."

Mit dieser Technik werde die Darstellung von Inhalten durch den Computer endlich so werden, wie die Menschen es gewohnt seien: "Unser Gehirn ist in 3-D verdrahtet", sagt Sullivan, "aber die digitale Welt war in den zwei Dimensionen des Bildschirms gefangen. Mixed reality wird das aufheben". Dazu müssten allerdings die Brillen, ohne die es - Stand heute - nicht geht, erst einmal erheblich bequemer und leistungsfähiger werden. Microsofts Hololens etwa drückt nach gewisser Zeit mächtig am Kopf - einen ganzen Arbeitstag möchte man damit nicht verbringen.

Einfachere Geräte sind in der Arbeitswelt tatsächlich im Einsatz, etwa bei Logistik-Firmen, wo Mitarbeiter ihre Regaldispositionen dann auf einen Brillenblick übersehen können und nicht lange in Listen suchen müssen. Dabei handelt es sich jedoch meist um leichtere Brillen, die den Head-up-Displays ähneln wie man sie auch in Autos findet. Auf eine Glasscheibe wird dabei Information eingeblendet. Die Hände der Mitarbeiter bleiben frei.

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