Das Wirtschaftsjahr 2003:Pleiten, Pannen, Abschwung

Das Wirtschaftsjahr 2003 stand im Zeichen des wirtschaftlichen Abschwungs, der Maut-Pannenserie, der Verwirrung um das Dosenpfand und neuer Unternehmenspleiten. Ein Überblick über die wichtigsten Ereignisse.

1. Januar: Das Pflichtpfand für Einwegverpackungen, auch Dosenpfand genannt, tritt in Kraft. Ein einheitliches Rücknahmesystem gibt es nicht, die Flaschen und Dosen können nur dort zurückgegeben werden, wo sie gekauft wurden, die Kunden sind genervt. Der Handel listet Einweg aus, im heißen Sommer kommt es zu Engpässen bei Mehrwegflaschen.

Das Wirtschaftsjahr 2003: Fiat-Patriarch Agnelli verstarb mit 81 Jahren.

Fiat-Patriarch Agnelli verstarb mit 81 Jahren.

(Foto: Foto: AP)

13. Januar: Razzia beim Tabakkonzern Reemtsma. Die Justiz ermittelt wegen Zigarettenschmuggels und Steuerhinterziehung. Zuvor unversteuert ausgeführte Zigaretten sollen illegal wieder eingeführt worden sein.

24. Januar: Fiat-Patriarch Giovanni Agnelli stirbt im Alter von 81 Jahren. Er hinterlässt ein schwer kränkelndes Unternehmen, das sich mühsam aus der Krise der verlustreichen Autosparte herauskämpft.

29. Januar: Der weltgrößte Medienkonzern AOL Time Warner weist mit fast 98,7 Milliarden Dollar für das Jahr 2002 den bisher höchsten Unternehmensverlust in der Wirtschaftsgeschichte aus. Fast die Hälfte der Summe entfällt auf Wertberichtigungen beim Online-Dienst AOL und der Kabelfernsehsparte.

31. Januar: Die milliardenschwere Ruhrgas-Übernahme durch E.ON ist perfekt. Die neun Gegner der Fusion ziehen ihre Beschwerden zurück, die Ministererlaubnis tritt in Kraft.

12. Februar: Die deutschen Benzin-Preise steigen angesichts der Angst vor dem sich abzeichnenden Irak-Krieg auf das Rekordhoch von 116,7 Cent für einen Liter Super. Zum Jahresende geht der Preis auf 109 Cent zurück.

17. Februar: Der Lübecker Kinobetreiber Kieft & Kieft übernimmt die traditionsreichen Ufa-Kinos und wird zum Marktführer in Deutschland.

17. Februar: Der Gründer und Ex-Chef des Mobilfunkers mobilcom, Gerhard Schmid, beantragt ein Insolvenzverfahren über sein privates Vermögen. Im August erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den einstigen Star der deutschen New Economy wegen des Verdachts der Untreue im Zusammenhang mit Millionen-Zahlungen an die Firma von Schmids Frau. Im Oktober scheidet der frühere mobilcom-Großaktionär endgültig aus dem Kreis der Anteilseigner aus.

10. März: Die Deutsche Telekom legt für das Geschäftsjahr 2002 den höchsten Verlust der deutschen Unternehmensgeschichte vor: 24,6 Milliarden Euro. Grund sind Abschreibungen auf UMTS-Lizenzen und auf den zu teuer gekauften US-Mobilfunker VoiceStream.

18. März: Der US-Konsumgüterriese Procter & Gamble kauft den Darmstädter Haarpflegespezialisten Wella. Später wird am deutschen Standort Kritik an der Integration in den Weltkonzern laut, bei der Wellas Interessen auf der Strecke blieben.

19. März: Der Chef der verlustbringenden Allianz-Tochter Dresdner Bank, Bernd Fahrholz, tritt zurück. Nachfolger wird der Deutsche- Bank-Manager Herbert Walter.

7. April: Ex-Bundeswirtschaftsminister Werner Müller wird Vorstandschef des Essener RAG-Konzerns (früher Ruhrkohle). Müllers Ressort hatte die umstrittene Ministererlaubnis zur Ruhrgas-Übernahme durch E.ON erteilt. Teil des Geschäfts war auch der Verkauf des Ruhrgas-Anteils der RAG von 18,4 Prozent.

8. April: Die Gründer der Medienfirma EM.TV, Thomas und Florian Haffa, werden wegen der Veröffentlichung falscher Umsatzzahlen im Sommer 2000 zu hohen Geldstrafen verurteilt. Thomas Haffa muss 1,2 Millionen Euro Strafe zahlen, sein Bruder Florian 240 000 Euro.

14. April: Der traditionsreiche Elektronikkonzern Grundig ist nach langem Überlebenskampf zahlungsunfähig. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Juli wird der Weg für eine Zerschlagung freigemacht. Im November geht die Autoradio-Sparte an den weltgrößten Autozulieferer Delphi.

28. April: Der Softwarekonzern Apple startet seinen überraschend erfolgreichen Internet-Musikdienst iTunes. Zum Jahresende werden in den USA 25 Millionen Songs zum Preis von 99 US-Cent heruntergeladen. Für Europa laufen noch Gespräche mit der Musikindustrie.

22. Mai: In einer Neuauflage des Prozesses um den milliardenschweren FlowTex-Betrugsskandal wird der ehemalige Firmenchef Manfred Schmider zu elfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Damit bleibt das Gericht nur um sechs Monate unter dem ursprünglichen Urteil von zwölf Jahren, das wegen möglicher Befangenheit der Richter im Strafmaß aufgehoben worden war. Mit einem strafrechtlichen Schaden von mehr als zwei Milliarden Euro gilt der Betrug mit nicht vorhandenen Bohrsystemen als größter Fall von Wirtschaftskriminalität in Deutschland.

1. Juni: Die IG Metall beginnt in Sachsen ihren Streik in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie für die 35-Stunden-Woche. Der vierwöchige ergebnislose Ausstand reißt die größte deutsche Industriegewerkschaft in ihre tiefste Krise und provoziert einen Machtkampf zwischen dem Vorsitzenden Klaus Zwickel und Vize Jürgen Peters. Ende August wird Peters doch noch zum neuen Gewerkschaftschef gewählt - allerdings mit dem schlechtesten Ergebnis der IG-Metall- Geschichte. Sein zwischenzeitlicher Gegenspieler Berthold Huber aus Baden-Württemberg wird neuer Zweiter Vorsitzender.

2. Juni: Die von Beginn an verlustbringende zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Deutsche BA geht zum symbolischen Preis von einem Euro an den Textilunternehmer Hans Rudolf Wöhrl. Zuvor war die Übernahme durch den britischen Billigflieger EasyJet geplatzt. Wöhrl setzt auf einen rigiden Sparkurs und ein Billigflieger-Modell.

5. Juni: Der Neue Markt, Symbol für Boom und Niedergang der New Economy in Deutschland, ist Vergangenheit. Nachfolger des NEMAX ist der TecDAX mit 30 Titeln, 23 davon aus dem bisherigen NEMAX 50. Der MDAX der mittleren Werte wird von 70 auf 50 Unternehmen verkleinert.

5. Juni: Die Europäische Zentralbank (EZB) senkt das Zinsniveau auf den historischen Tiefstand von 2,0 Prozent. Der Höchstwert lag im Oktober 2000 bei 4,75 Prozent.

6. Juni: Der weltweit zweitgrößte Softwarekonzern Oracle macht ein Übernahmeangebot für den kleineren US-Konkurrenten PeopleSoft, der sich vehement dagegen stemmt. Oracle muss das Angebot verbessern und die Frist verlängern, weil der Zuspruch der Aktionäre gering bleibt. Angesichts des heftigen Widerstandes von PeopleSoft erwägt Oracle zum Herbst auch eine Aufgabe.

7. Juni: Die Kunden in Deutschland können erstmals auch an einem Samstag bis 20.00 Uhr einkaufen. Vor allem in den Innenstädten sind die Geschäfte bis in den Abend gut besucht. Kleinere Läden befürchten Wettbewerbsnachteile.

23. Juni: Der Milliarden-Verlust bei der WestLB nach dem umstrittenen Engagement bei dem britischen Fernseher-Verleiher Boxclever kostet Vorstandschef Jürgen Sengera den Job. Die Finanzaufsicht BAFin kritisiert später die Risikovorsorge als mangelhaft und schaltet die Staatsanwaltschaft ein. Sengera-Nachfolger wird zunächst Johannes Ringel, zum 1. Januar soll der frühere Deutsche-Bank-Manager Thomas Fischer das Steuer übernehmen.

25. Juni: Die US-Notenbank senkt in ihrem Kampf gegen die andauernde Konjunkturflaute den Leitzins mit 1,0 Prozent auf den tiefsten Stand seit 1958.

26. Juni: Die EU-Agrarminister in Luxemburg beschließen eine Reform der milliardenschweren Beihilfen für die Landwirte. Herzstück ist die Entkopplung von Zuschuss-Höhe und Produktionsmenge, um Überproduktion zu verhindern.

26. Juni: Der Zusammenbruch der Mannheimer Lebensversicherung wird zur ersten Probe für die Branchen-Auffanggesellschaft Protektor. Sie übernimmt alle 345 000 Verträge mit einem Volumen von etwa 18 Milliarden Euro. Sie sollen in den kommenden zwei Jahren wieder verkauft werden.

27. Juni: Nordrhein-Westfalen verzichtet auf die 3,2 Milliarden Euro teure Magnetschnellbahn Metrorapid zwischen Düsseldorf und Dortmund. Der Streit um die Zuschüsse für die geplante Transrapid-Strecke zum Münchner Flughafen geht weiter.

30. Juli: Der letzte VW-Käfer läuft im mexikanischen Puebla vom Band. In 68 Jahren wurden 21 529 464 Autos gebaut.

31. Juli: Die ursprünglich für Ende August geplante Einführung der Lkw-Maut wird wegen technischer Probleme und fehlender Abrechnungscomputer verschoben. Zunächst gibt es vom 31. August an nur eine gebührenfreie Probephase, die wegen massiver Systemfehler ins Wasser fällt. Nachdem auch der 2. November als zweiter Starttermin nicht gehalten wird, wird ein neuer gar nicht erst festgesetzt.

Ostern 2004 ist im Gespräch, auch ein völliges Scheitern des Satelliten-gestützten Systems wird nicht mehr ausgeschlossen. Der Bund will vom Betreiber-Konsortium Toll Collect um die Deutsche Telekom und DaimlerChrysler Schadenersatz für die Einnahmeausfälle von rund 156 Millionen Euro pro Monat. Toll Collect weist den Anspruch zurück.

1. August: Die Deutsche Bahn führt nach massiver Kritik die alte Bahncard mit 50 Prozent Rabatt wieder ein. Zugleich wird das erst im Dezember gestartete neue Preissystem radikal überholt. Zwei Top- Manager mussten ihre Posten räumen, nachdem der Rückgang der Passagierzahlen im Fernverkehr auch mit dem Preis-Chaos in Verbindung gebracht worden war.

5. August: Der US-Milliardär Haim Saban erhält nach dem Scheitern des ersten Anlaufs doch noch den Zuschlag für Deutschlands größten Fernsehkonzern ProSiebenSat.1. Saban und ihn unterstützende Investoren sollen rund 525 Millionen Euro bezahlt haben.

29. August: Jetzt ist es amtlich - Deutschland wird 2003 im zweiten Jahr in Folge die Defizit-Obergrenze des Euro-Stabilitätspakts von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) durchbrechen. Bundesfinanzminister Hans Eichel meldet ein Defizit von 3,8 Prozent des BIP nach Brüssel.

14. September: Die Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation WTO im mexikanischen Cancún über die weitere Öffnung des Welthandels scheitert an Widersprüchen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern.

14. September: Schwedens Bevölkerung stimmt mit 56,2 Prozent gegen die von der Regierung vorgeschlagene Einführung des Euro. Wenige Tage zuvor war die Außenministerin Anna Lindh, eine engagierte Verfechterin der Gemeinschaftswährung, in Stockholm ermordet worden.

17. September: Der Chef der New Yorker Börse NYSE, Richard Grasso, stolpert über Bezüge von rund 180 Millionen Dollar an Pensionszahlungen und anderen Ansprüchen. Nach dem Skandal sollen die Ämter des Chefs und des Verwaltungsratsvorsitzenden der wichtigsten Börse der Welt künftig getrennt werden.

18. September: Der belgische Brau-Riese Interbrew steigt mit Übernahme der Bier-Aktivitäten von Spaten-Franziskaner zum größten Brauer in Deutschland auf.

19. September: Die Millionenabfindungen bei der Übernahme von Mannesmann durch den britischen Mobilfunkriesen Vodafone kommen vor Gericht. Das Landgericht Düsseldorf lässt die Anklage gegen Prominente wie Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, den damaligen Mannesmann-Spitzenmann Klaus Esser und Ex-IG-Metall-Chef Klaus Zwickel zu. Im Zusammenhang mit den Abfindungszahlungen von rund 57 Millionen Euro geht es um den Vorwurf der Untreue. Der Prozess soll am 21. Januar beginnen.

22. September: Der Autozulieferer Continental steigt nach siebenjähriger Unterbrechung wieder in den DAX auf. Der von Skandalen und einem drastischen Kursrückgang gebeutelte Finanzdienstleister MLP muss Platz machen.

22. September: Der von der Zahlungsunfähigkeit bedrohte französische Industriegigant Alstom ist vorerst gerettet. Die Gläubigerbanken stimmen einem 3,2 Milliarden Euro schweren Hilfspaket zu. Zwei Milliarden Euro an Finanzspritzen werden aber noch von der EU- Kommission geprüft. Der Alstom-Konzern, der unter anderem Kraftwerke, Schiffe und den Hochgeschwindigkeitszug TGV baut, ist mit rund fünf Milliarden Euro verschuldet. Ursprünglich wollte der französische Staat selbst einsteigen, die EU-Kommission lehnte dies jedoch ab.

29. September: Die Verlagsgruppe Holtzbrinck verkauft den defizitären Tagesspiegel überraschend an ihren einstigen Manager Pierre Gerckens. Damit reagiert der Verlag auf den Widerstand der Kartellwächter gegen den geplanten Kauf des Berliner Verlages mit der Berliner Zeitung. Das Kartellamt erteilt der Übernahme im Dezember zunächst trotzdem eine Abmahnung, prüft das Geschäft jedoch weiter.

30. September: Air France und die niederländische KLM kündigen den Zusammenschluss zur größten Fluggesellschaft Europas an. Gemeinsam kommen beide Airlines auf einen Umsatz von 19,2 Milliarden Euro. Mit 540 Maschinen fliegen sie 226 Ziele an und haben 106 000 Mitarbeiter.

1. Oktober: Der Dosenpfand-Ärger entspannt sich etwas mit den Start mehrerer neuer Rücknahmesysteme. Ein einheitliches System wie beim Mehrweg gibt es nach wie vor nicht.

10. Oktober: Europas größtes Wasserstraßenkreuz wird bei Magdeburg für den Schiffsverkehr freigegeben. Kernstück ist eine fast einen Kilometer lange Kanalbrücke, auf der Schiffe in Ost-West-Richtung über die Elbe fahren. Sie verbindet den Mittelland- mit dem Elbe- Havel-Kanal. Ein 12 Kilometer langer Umweg über die Elbe entfällt. Projektkosten: 500 Millionen Euro.

16. Oktober: Aero Lloyd, mit 1400 Beschäftigten und 3,5 Passagieren im Jahr einer der größten deutschen Ferienflieger, stellt wegen Zahlungsunfähigkeit den Betrieb ein. Der Mehrheitseigentümer Bayerische Landesbank hatte den Geldhahn zugedreht. Reisekonzerne setzen für die 8500 Touristen im In- und Ausland Ersatzmaschinen ein.

16. Oktober: Der weltgrößte Medienkonzern AOL Time Warner ändert den Namen zurück in Time Warner. Die Änderung symbolisiert das Scheitern der Mega-Fusion mit dem Online-Dienst AOL Anfang 2001. AOL war seitdem für gewaltige Verluste durch Abschreibungen verantwortlich.

23. Oktober: Der Nivea-Hersteller Beiersdorf wird vom Handelskonzern Tchibo und anderen Hamburger Investoren übernommen und bleibt damit in deutscher Hand. In der jahrelangen Ungewissheit, an wen die Allianz ihren 40-prozentigen Anteil verkaufen will, galt immer wieder auch der US-Konsumgüterriese Procter & Gamble als Interessent. Die Allianz erlöst 4,4 Milliarden Euro.

25. Oktober: Der russische Öl-Magnat Michail Chodorkowski wird verhaftet. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem milliardenschweren Chef der Ölgesellschaft Yukos Betrug, Unterschlagung und Steuerhinterziehung vor. Beobachter vermuten den Kreml hinter der Aktion gegen den politisch unliebsam gewordenen Unternehmen. Kurz darauf gibt Chodorkowski die Führung bei Yukos ab. Die Fusion mit dem russischen Konkurrenten Sibneft zum viertgrößten Ölunternehmen der Welt wird abgesagt.

28. Oktober: Opel reagiert auf den schleppenden Absatz mit einer weiteren Produktionskürzung. Für die 1200 Mitarbeiter im Stammwerk Rüsselsheim soll die 30-Stunden-Woche mit einem nur teilweisen Lohnausgleich eingeführt werden.

29. Oktober: Napster ist wieder da - der einstige Schreck der Musikindustrie kehrt als kostenpflichtiger Musikdienst unter dem Namen Napster 2.0 zurück. Der Download eines Songs kostet wie bei Apples erfolgreichem Internetshop iTunes 99 US-Cent. Auch Microsoft kündigt den Einstieg in das Online-Musikgeschäft an.

1. November: Der französische Notenbankchef Jean-Claude Trichet tritt die Nachfolge von EZB-Präsident Wim Duisenberg (68) an. "Mr. Euro" Duisenberg musste mehrere Monate länger als geplant im Amt bleiben, weil Trichet (60) in Frankreich wegen eines zehn Jahre alten Bilanzskandals bei der Großbank Crédit Lyonnais vor Gericht stand. Erst nach dem Freispruch im Juni war für ihn der Weg an die Spitze der Europäischen Zentralbank frei.

3. November: Die Deutsche Börse verkürzt die Handelszeit im elektronischen XETRA-Handel auf 17.30 Uhr. Auf dem Höhepunkt des Börsenbooms war die Spanne bis auf 20.00 Uhr verlängert worden, seit der Aktienkrise war die Handelsaktivität drastisch abgeflaut. Der Parketthandel, der kaum noch ins Gewicht fällt, läuft zunächst weiter bis in den Abend hinein.

6. November: Das Fusionswettrennen in der angeschlagenen Musikindustrie hat ein erstes Ergebnis - Bertelsmann und der japanische Unterhaltungsriese Sony einigen sich auf die Zusammenlegung ihrer Musiksparten. Das neue Gemeinschaftsunternehmen Sony BMG wird mit rund 25 Prozent Marktanteil direkt zum Branchenprimus Universal Music aufschließen. Zuvor hatte Bertelsmann mit Warner Music verhandelt. Da die Branche davon ausgeht, dass nur eine Fusion genehmigt wird, ist der Deal ein Rückschlag für parallel laufende Gespräche zwischen Warner und dem britischen Konkurrenten EMI.

7. November: Der Bayer-Konzern beschließt einen radikalen Schnitt - die Chemiesparte und Teile des Kunststoffgeschäfts sollen ausgegliedert und an die Börse gebracht werden. Bayer will sich künftig auf die Bereiche Bereiche Gesundheit, Ernährung und hochwertige Materialien konzentrieren. Die Suche nach einem Partner für die Pharmasparte wird eingestellt.

10. November: Das Restunternehmen des einstigen Chemie-Konglomerats I.G. Farben muss wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anmelden. Auslöser sind Zahlungsschwierigkeiten des hoch verschuldeten Immobilien- und Beteiligungskonzerns WCM, der die Immobilien der I.G. Farbenindustrie AG in Abwicklung (i.A.) erwerben wollte. Der einstige Chemiekonzern I.G. Farben war eng mit dem Nazi- Regime verflochten und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von den Alliierten zerschlagen. Die verbliebenen Reste sollen seit mehr als 50 Jahren abgewickelt werden.

24. November: Der weltgrößte Medienkonzern Time Warner verkauft seine Musiksparte für 2,6 Milliarden Dollar an eine Investorengruppe um den früheren Seagram-Chef Edgar Bronfman Jr., der seinerzeit Universal Music zum Marktführer aufgebaut hatte. Zuvor war der Musikkonzern EMI aus dem Bieterwettbewerb um Warner Music ausgestiegen.

25. November: Mit der Aussetzung der Defizit-Verfahren gegen Deutschland und Frankreich stürzen die EU-Finanzminister den Stabilitätspakt in eine tiefe Krise. Die Minister verpflichten beide Sünder ohne Strafandrohung zum Sparen. Beide Länder werden 2004 zum dritten Mal die Defizit-Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) überschreiten.

28. November: Das einst bejubelte Projekt der Chipfabrik in Frankfurt (Oder) ist gescheitert. Die Betreiberfirma Communicant geht in Liquidation. Der Hauptinvestor, das Emirat Dubai, machte dringend benötigte Zahlungen von einer Bürgschaft des Bundes abhängig. Diese wird jedoch unter Hinweis auf geringe Erfolgsaussichten des Projekts für schnelle Kommunikations-Chips verweigert. Weltmarktführer Intel hatte bereits rund 40 Millionen Euro investiert. Wenige Tage zuvor gab Intel-Konkurrent AMD den Bau seines zweiten Chipwerks in Dresden für 2,4 Milliarden Euro bekannt.

1. Dezember: Der Zusammenschluss von Daimler-Benz und Chrysler kommt mehr als fünf Jahre später vor ein US-Gericht. Der US-Investor Kirk Kerkorian, damaliger Chrysler-Großaktionär, sieht sich getäuscht, weil das Zusammengehen als Fusion unter gleichen deklariert wurde, aber auf eine Übernahme durch den deutschen Konzern hinausgelaufen sei. Der 86-jährige Kerkorian will 1,2 Milliarden Dollar Schadenersatz.

1. Dezember: Streit bei Disney - das letzte Mitglied der Gründerfamilie in der Spitze des Unterhaltungskonzerns, Walt Disneys 73-jähriger Neffe Roy, gibt den Posten des Vizepräsidenten ab. Er verlangt zugleich den Rücktritt von Konzernchef Michael Eisner, dem er schwere Managementfehler vorwirft.

1. Dezember: Krise bei Boeing - Konzernchef Phil Condit tritt nach der Verwicklung des Flugzeugriesen in mehrere Skandale zurück. Als Nachfolger wird der 67-jährige ehemalige Boeing-Präsident Harry C. Stonecipher aus dem Ruhestand zurückgeholt. Boeing steht unter anderem wegen eines Auftrags für Tankerflugzeuge in der Kritik. Er war von einer Boeing-Managerin ausgehandelt worden, die zuvor beim Pentagon für Rüstungsaufträge verantwortlich war. Das Pentagon legt die 20 Milliarden Dollar schwere Order auf Eis.

4. Dezember: US-Präsident George W. Bush hebt nach der Androhung milliardenschwerer Strafzölle aus Europa die Schutzzölle für Stahl auf. Ursprünglich sollten die im März vergangenen Jahres verhängten Zölle von bis zu 30 Prozent die schwächelnde US-Industrie bis 2005 stützen. Die Welthandelsorganisation (WTO) hatte die Maßnahme für illegal erklärt.

10. Dezember: Das Oberlandesgericht München bestätigt in einer Berufungsverhandlung ein früheres Urteil, wonach die Deutsche Bank dem gescheiterten Medienunternehmer Leo Kirch Schadenersatz zahlen muss. Im Mittelpunkt standen Äußerungen des damaligen Bankchefs Rolf Breuer über die Kreditwürdigkeit der KirchGruppe. Die Kirch-Seite machte Breuers Äußerungen für den späteren Zusammenbruch der Mediengruppe mitverantwortlich.

15. Dezember: Der Konsumgüterkonzern Henkel geht auf große Einkaufstour in den USA. Mit der Übernahme des Unternehmens Dial für 2,9 Milliarden Dollar will Henkel zur Nummer zwei im US- Waschmittelmarkt aufsteigen. Wenige Tage später wird der Kauf des Haarpflege-Spezialisten Advanced Research Laboratories (ARL) angekündigt. Für dem Vernehmen nach 200 bis 300 Millionen Dollar könnte Henkel auf den dritten Platz im amerikanischen Haarpflege- Markt vorstoßen.

18. Dezember: Der Bundesregierung platzt im monatelangen Maut-Theater der Geduldsfaden. Bundesverkehrsminister Stolpe stellt dem Mautkonsortium Toll Collect ein Ultimatum. Entweder legt es bis Jahresende einen verbindlichen Starttermin vor und sagt einen Ausgleich für die Einnahmeausfälle des Bundes zu, oder der Vertrag wird gekündigt. Dem Vernehmen nach bleibt Toll Collect standhaft und bereitet sich auf eine Vertragsauflösung vor.

19. Dezember: Europa hat den bisher größten Bilanzskandal. Beim italienischen Milchriesen Parmalat wird ein Finanzloch von mindestens vier Milliarden Euro entdeckt. Ein Konto, auf dem das Geld liegen sollte, existiert einfach nicht. Das einstige Vorzeigeunternehmen steht vor dem Zusammenbruch. Die italienische Regierung will mit Eilmaßnahmen die 36 000 Arbeitsplätze retten.

20. Dezember: Die Probleme bei VW machen auch vor dem Hoffnungsträger, dem neuen Golf, nicht halt. Konzernchef Bernd Pischetsrieder muss einräumen, dass in diesem Jahr 25 000 weniger Golf V produziert werden, als die angepeilten 135 000 Stück. Grund seien Produktionsprobleme. In Medienberichten wird auch ein schwacher Absatz betont.

22. Dezember: Der Euro steigt auf seinem Höhenflug über 1,2440 Dollar. Beobachter rechnen mit einem weiteren Anstieg und sehen den Grund in einer Dollar-Schwäche angesichts der amerikanischen Haushaltsprobleme und des riesigen Defizits in der US- Leistungsbilanz. Zu Jahresbeginn hatte der Euro noch 1,05 Dollar gekostet.

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