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Das Ende der "Deutschland AG":Immer mehr Konzerne in ausländischer Hand

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Viele DAX-Unternehmen haben in den letzten Monaten Rekordgewinne vermeldet. Das ist auch ausländischen Investoren nicht entgangen: Deutsche Aktien sind so begehrt wie noch nie, acht DAX-Unternehmen befinden sich bereits in ausländischer Hand.

Ausländische Investoren kontrollieren immer mehr deutsche Großkonzerne. Nach einem Bericht des Handelsblatts befinden sich inzwischen bereits acht der 30 Konzerne des Deutschen Aktienindexes mehrheitlich in ausländischer Hand: Adidas, BASF, Commerzbank, Continental, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Schering und Siemens. Im Jahr 2001 seien es erst drei Dax-Konzerne gewesen.

Nach Berechnungen der Bundesbank haben ausländische Investoren in den letzten Monaten so viele deutsche Aktien gekauft wie noch nie.

Allein im Mai und Juni hätten sie hiesige Titel im Wert von 71 Milliarden Euro erworben, schrieb das Blatt.

Die neuen Eigner drängten auf Profitabilität. "Die muffigen Zeiten der Deutschland AG sind zu Ende und kommen nicht wieder", sagte der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Jürgen Kurz dem Blatt.

Neuwahlen und Reformhoffnungen

Ausländische Investoren erhöhten ihr Finanzengagement von Anfang Januar bis Ende Juni gegenüber dem ersten Halbjahr 2004 um 22 Prozent, ermittelte den Angaben zufolge die Unternehmensberatung Ernst& Young. Unstrittig sei, dass Bundeskanzler Gerhard Schröders Neuwahl-Ankündigung den Trend zuletzt noch verstärkt habe.

"Der deutsche Markt ist aus Sicht der Investoren bei weitem nicht ausgereizt. Er verspricht ein vergleichsweise hohes Entwicklungspotenzial und hohe Kapitalrenditen", sagte Joachim Spill von Ernst & Young.

Neben der Neuwahl-Fantasie und damit verbundenen Reformhoffnungen locke auch die attraktive Bewertung deutscher Aktien ausländische Investoren an, schrieb das Blatt weiter.

Trotz hoher Kurse profitable Geschäfte

Käufer bezahlten Titel der Dax-Konzerne trotz der starken Kurszuwächse zurzeit nur mit etwa dem Zwölffachen des erwarteten Jahresgewinns, ein Abschlag von 20 Prozent gegenüber dem Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre. Grund dafür seien die stark wachsenden Gewinne.

Als weiterer Grund gilt, dass die seit 2001 geltende steuerfreie Veräußerung von Beteiligungsgewinnen die Entflechtung der Deutschland AG beschleunigt hat. Die von Rot-Grün eingeführte Regelung motivierte zahlreiche Unternehmen, Tochtergesellschaften zu verkaufen. Dadurch erhöhte sich der Streubesitz bei den Anteilsscheinen der Konzerne.

Insbesondere ausländische Investoren kauften die jahrzehntelang in festen Händen befindlichen Aktien. In den letzten vier Jahren haben sie ihren Anteil an den DAX-Konzernen nach Berechnungen des Handelsblatts um fast ein Viertel auf 43,8 Prozent erhöht.

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