Süddeutsche Zeitung

Danske Bank:Geldwäsche-Paradies Europa

Ein zurückgehaltener Bericht der Bankenaufsicht belegt Versagen nationaler Behörden.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Es klang nach einem Freispruch erster Klasse, was die Europäische Bankenaufsichtsbehörde Eba vor Kurzem mitteilte. Im Geldwäscheskandal um die Danske Bank hätten die Aufsichtsbehörden in Estland und Dänemark kein EU-Recht verletzt. Eine Untersuchung habe das ergeben. Doch das stimmt so nicht.

Die Fachabteilung der Eba hat in ihrem Untersuchungsbericht, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, insgesamt vier Rechtsverstöße festgestellt. Beide Behörden hätten in den Jahren 2007 bis 2014 auf Warnsignale nicht nachdrücklich genug reagiert. Erst im Herbst 2018 kam heraus, dass über die estnische Filiale der Danske Bank rund 200 Milliarden Euro gewaschen wurden, auch via russischer Briefkastenfirmen. Die russische Zentralbank hatte bereits 2007 Alarm geschlagen.

Nun stellt sich die Frage, warum die Eba den Bericht unter Verschluss halten wollte. Dazu muss man die Struktur ihres obersten Entscheidungsgremiums kennen. Im Eba-Rat sitzen Vertreter der 28 nationalen Finanzaufsichtsbehörden in der EU. Die Abstimmung, ob man die Empfehlungen der Eba-Fachabteilung annimmt, endete mit einem klaren Nein, und zwar 27 zu 1. Nationale EU-Behördenvertreter wiesen damit den Bericht ihres europäischen Teams zurück, und die Vertreter der estnischen und dänischen Aufsicht exkulpierten sich selbst. Auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin stimmte gegen die Veröffentlichung des Berichts. "Mit ihrer Ablehnung im Eba-Rat der Aufseher ist die Bafin mitverantwortlich für das Scheitern einer europäischen Antwort auf den größten Geldwäscheskandal in der EU", sagt der EU-Parlamentsabgeordnete Sven Giegold (Grüne). Die Handlungsverweigerung der Bafin bei der europäischen Geldwäschebekämpfung müsse ein Nachspiel im Bundestag haben. "Es ist skandalös, dass alle bis auf eine nationale Aufsichtsbehörde die von der Eba ausgearbeiteten Empfehlungen unverblümt ablehnten", so Giegold. "Die nationalen Aufseher haben ihre gesetzliche Verpflichtung missachtet, ausschließlich im europäischen Interesse zu handeln."

"Wir brauchen dringend eine schlagkräftige europäische Finanzpolizei."

Eba und Bafin kommentieren den Fall nicht. Mit Gründung der Eba im Jahr 2011 wollte Europa Lehren ziehen aus der Finanzkrise. Der auch durch politische Eitelkeiten beförderte mangelhafte Informationsaustausch zwischen den nationalen Behörden trug 2007/2008 mit dazu bei, dass sich die Finanzkrise verschärfte. Die Eba, die bald von London nach Paris umzieht, erstellt europäische Regeln für die Bankenaufsicht und überwacht deren Einhaltung. Im Danske-Fall, dem größten bekannten Geldwäschefall aller Zeiten, prüfte die Eba, ob die Finanzaufsichtsbehörden in Estland und Dänemark der Bank in diesen Jahren zu viel Spielraum gegeben hatten, was die Geldwäsche erleichterte. Es gibt EU-Gesetze, in denen die Aufsichtspflichten der Behörden genau geregelt sind.

Dazu gehört beispielsweise, dass die Aufsicht in den Banken kontrolliert, ob es dort ausreichende Kontrollen im Kampf gegen Geldwäsche gibt. Ebenso existiert auch die Pflicht, dass Banken ihre Kunden kennen und deren Identität auch überprüfen müssen. Die estnische Finanzaufsicht habe die dort ansässige Danske-Tochterbank in dieser Hinsicht nicht ausreichend geprüft, heißt es in dem Eba-Bericht. Auch hätte die dänische Aufsicht sicherstellen müssen, dass die Danske-Zentrale in Kopenhagen alles tut, damit auch die estnische Tochterbank die nötigen Anti-Geldwäschemaßnahmen umsetzt. Insgesamt, so der Bericht, hätten beide Behörden ihre Informationen gründlicher austauschen müssen. "Der Danske-Fall beweist, dass die nationalen Behörden der EU-Mitgliedsstaaten bei der europäischen Geldwäschebekämpfung nicht ausreichend kooperieren", sagt der Grünen-Politiker Giegold. Dies stelle ein erhebliches Sicherheitsrisiko für Europa dar. Er fordert: "Wir brauchen dringend eine Europäische Geldwäschemeldestelle und eine schlagkräftige europäische Finanzpolizei, die wirksam gegen grenzüberschreitende Finanzkriminalität vorgehen."

Europa tut sich schwer mit dem Kampf gegen Geldwäsche. Der Europarat bemängelte jüngst in einem Bericht, die zuständigen Behörden seien personell und finanziell unterbesetzt, zudem seien die Verantwortlichkeiten auf zu viele Stellen verteilt. Schätzungen zufolge werden allein in Deutschland jährlich 100 Milliarden Euro gewaschen. Europol beziffert die globale Geldwäsche auf rund 1,5 Billionen Euro. "Geldwäsche in dieser Größenordnung ist eine große Bedrohung für die Stabilität der Demokratie", warnt der Europarat.

Die EU-Kommission ermahnte Deutschland in diesem Jahr wegen geringer Fortschritte bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung, weil man die europäische Anti-Geldwäsche-Richtlinie nicht wie versprochen in nationales Recht umgesetzt habe.

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SZ vom 29.04.2019
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