Daimler-Bilanz:Das letzte Mal mit Zetsche

Daimler - Jahrespressekonferenz 2019

Noch-Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche ist mit sich im Reinen, was seine letzte Bilanz angeht, wie er am Mittwoch sagte.

(Foto: Marijan Murat/dpa)
  • Im Mai wird Dieter Zetsche in den Ruhestand gehen, erst dann will er ein Fazit seines Wirkens ziehen.
  • Obwohl der Umsatz von Daimler um zwei Prozent stieg, brach gleichzeitig der Gewinn um fast ein Drittel ein.
  • Zetsche zeigt sich offen für Kooperationen mit traditionellen und neuen Spielern in der Autobranche.

Von Max Hägler und Stefan Mayr, Stuttgart

Mitten in seiner letzten Jahres-Pressekonferenz als Daimler-Boss steckt Dieter Zetsche seinem Kollegen Martin Daum auf dem Podium ein Zettelchen zu. Der Truck-Vorstand liest die Botschaft des Chefs. Ein Blickkontakt und beide Manager grinsen. Worüber genau, das bleibt unklar. Aber fest steht: Dieter Zetsche ist bestens gelaunt, trotz schrumpfender Gewinne, schlechter Umsatzrendite und herausfordernden Zukunftsaussichten, samt einer Staatsanwaltschaft, die wegen des Verdachtes auf Betrug an Dieselauto-Kunden ermittelt. Zetsche spricht von einem "starken Gegenwind".

Dennoch sei er in seinem dreizehnten und letzten Jahr als Vorstandsvorsitzender der Daimler AG "total im Frieden" mit sich. Ob er nun mit einem weiteren Rekordjahr aufhöre oder nicht, habe "wenig Relevanz" für Daimler - und damit angeblich auch nicht für sein Seelenleben.

Im Mai wird Dieter Zetsche in den Ruhestand gehen, erst dann will er ein Fazit ziehen seines Wirkens. Aber schon jetzt gibt er sich "sehr tief überzeugt, dass ich ein exzellentes Team in die Zukunft schicken kann", weswegen ihm nicht bang sei. Das mag damit zu tun haben, dass er - nach Monaten der Pause - die Leitung des Daimler-Aufsichtsrates übernehmen möchte. Er wird dann der allererste Spieler eines Teams sein, das er in all den Jahren formte. Etwa mit Ola Källenius, dem designierten Nachfolger als Vorstandsvorsitzendem.

Wie sehr es gute Leute braucht, zeigt eben die Jahresbilanz. Zetsche verkündet am Mittwoch zwar wie in den sieben Jahren zuvor ein neues "Rekordjahr" beim Absatz: 2,2 Millionen Autos sind es jetzt. Der Rest des Zahlenwerks ist indes weniger glänzend. Obwohl der Umsatz leicht um zwei Prozent auf 167 Milliarden Euro stieg, brach gleichzeitig der Gewinn um fast ein Drittel auf gut sieben Milliarden Euro ein. Daimler hat also ein Problem mit der Profitabilität. "Damit können und wollen wir nicht zufrieden sein", sagt Zetsche und kündigt "umfassende Gegenmaßnahmen" an.

Die Ursachen für die schlechte Marge sind vielgestaltig. Die Weltlage ist unsicher, mit Donald Trump, dem Brexit, einem schwächeren Wachstum in China, auch die Nachbesserungen bei Diesel-Autos verschlingen Millionen Euro.

Den Börsenkurs hat das am Mittwoch um drei Prozent nach unten gezogen, dabei sind die Analysten eigentlich zufrieden. "Zetsche hat einen guten Job gemacht", sagt etwa Branchenbeobachter Frank Biller von der LBBW. Daimler sei "nach wie vor solide aufgestellt, die jüngsten Themen sind der Gesamtbranche geschuldet". Insofern seien die Zahlen für 2018 auch in Ordnung.

Alles anders

Zetsche ist eben wohl auch deshalb so gelassen, weil es allen in der Branche ähnlich geht, messbar an einer Zahl und der großen Zukunftsherausforderung: Der weltweite Fahrzeugabsatz wird im laufenden Jahr stagnieren, bei etwa 90 Millionen Autos. Zugleich müssen alle Konkurrenten enorm in den großen Umbau der Branche investieren, was die Forschungskosten nach oben treibt und eben die Rendite schwächt. An dessen Ende soll das elektrisch betriebene Roboterauto stehen.

Neun Milliarden Euro hat Daimler im Jahr 2018 in die Forschung und Entwicklung gesteckt, unter anderem für Elektro-Antriebe und autonome Autos. Ob das reicht, um mit der reichen Konkurrenz aus den USA und China mitzuhalten, ist allerdings noch offen. Waymo, die Google-Tochter, habe dabei "ganz sicher einen Vorsprung", gesteht Zetsche ein. Daimler seinerseits will noch in diesem Jahr mit Robo-Taxis in San José nachziehen. Zetsche kann sich dabei neben Bosch noch weitere Partner gut vorstellen: Es sei "eine völlig logische Überlegung", bei Hightech-Projekten hohe Aufwendungen zu teilen.

Daimler sei mit traditionellen und neuen Spielern im Gespräch, sagt Zetsche

Überhaupt zeigt sich Zetsche offen wie selten für weitere Kooperationen zwischen Autoherstellern. Man sei "mit traditionellen und neuen Spielern" im Gespräch, auch mit dem US-Rivalen Tesla. Dabei werde "erst mal geguckt, ob man Gemeinsamkeiten sieht". Das sei wichtig, auch weil "zumindest die Finanzmärkte glauben", dass die "neuen Spieler" die Mobilität von morgen bestimmen würden. Ob daraus Projekte werden, könne er aber noch nicht sagen.

Ein Name fällt vor allem: BMW. Es ist zu spüren, dass Zetsche sich gern noch enger binden würde an einen der härtesten Konkurrenten, der doch auch wichtigster Partner ist. Die Zusammenarbeit beim "Industriebaukasten" laufe, also dem Teileeinkauf, sagt Zetsche. Ende Februar werden Daimler und BMW Details zu ihrem gemeinsamen Mobilitätsdienstleister bekannt geben, den sie gerade in Berlin hochziehen.

"Zum Tango gehören immer zwei, mindestens"

In Stuttgart können sie sich noch weitergehendes vorstellen, in München sind sie zurückhaltender, seitdem Daimler-Manager eine frühere Zusammenarbeit als möglichen Kartellverstoß bei den Behörden anzeigten. Womöglich in Anspielung auf diese Zurückhaltung sagt Zetsche: "Zum Tango gehören immer zwei, mindestens."

Während Zetsche auf dem Podium Fragen beantwortet, sitzt sein designierter Nachfolger Ola Källenius schweigend in der ersten Reihe des Publikums und hört konzentriert zu. Der 49-jährige Schwede, derzeit Entwicklungsvorstand, soll bei der Hauptversammlung am 22. Mai den Chefposten übernehmen. Er wird das Geld noch mehr als bisher zusammenhalten müssen. Finanzvorstand Bodo Uebber redet natürlich davon, die Effizienz zu verbessern. Wie das genau aussehen wird, verraten Zetsche und Uebber nicht. Es wird wohl eine von Källenius' ersten Aufgaben sein, ein neues Sparprogramm zu verkünden und umzusetzen, damit wiederum Investitionen in Zukunftstechniken möglich bleiben. Ein Stellenabbau sei derzeit aber nicht geplant, betont ein Sprecher später.

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