Süddeutsche Zeitung

Daimler:Staatsanwalt ermittelt gegen Daimler-Mitarbeiter

  • Wegen eines Anfangsverdachts des Betrugs bei Abgasen von Diesel-Motoren ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen Mitarbeiter der Daimler AG.
  • Der Fall soll ähnlich gelagert sein wie beim Volkswagen-Konzern. Dieser hatte den Schadstoffausstoß bestimmter Autos über eine Software manipuliert.
  • Im Fall Daimler ermitteln die Staatsanwälte außerdem wegen des Vorwurfs der "strafbaren Werbung".

Von Thomas Fromm und Stefan Mayr

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat ein Ermittlungsverfahren gegen mehrere Mitarbeiter der Daimler AG eröffnet. Wie ein Sprecher der Behörde bestätigte, geht es um den Verdacht des Betrugs beim Schadstoff-Ausstoß von Diesel-Motoren in Mercedes-Fahrzeugen. Damit ist Daimler der dritte deutsche Automobil-Hersteller nach Volkswagen und Audi, gegen den ein Ermittlungsverfahren läuft. Auch die Daimler AG soll den Schadstoff-Ausstoß ihrer Diesel-Motoren mit illegaler Technik manipuliert haben.

Details nannte die Anklagebehörde bislang zwar nicht, aber der Fall ist offenbar ähnlich gelagert wie beim Volkswagen-Konzern: Dieser hatte in Dieselmotoren der Marken VW, Audi und Porsche eine Schummel-Software eingebaut, die den Schadstoff-Ausstoß auf dem Prüfstand drastisch senkte. Damit hielten die Motoren bei Abgas-Tests durch Behörden die gesetzlichen Grenzwerte ein - während sie im realen Straßenverkehr viel mehr gesundheitsschädliche Gifte ausstießen. Dies alles hat Volkswagen im Zuge der Ermittlungen in den USA offiziell eingeräumt und eine Milliarden-Strafe gezahlt.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte schon länger sogenannte Vorermittlungen gegen Daimler laufen. Dabei haben sich die Verdachtsmomente zuletzt offenbar verdichtet, sodass nun ein offizielles Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Noch gilt die Unschuldsvermutung, bislang bejaht die Staatsanwaltschaft nur einen "Anfangsverdacht". Ein Sprecher der Daimler AG sagte am Mittwochnachmittag, bislang habe es keine Durchsuchungen in Büros des Autokonzerns gegeben. Der Konzern betonte auch, er wisse nichts von Befragungen von Mitarbeitern durch Ermittler. Derzeit untersuche Daimler intern das Thema Abgasemissionen in den USA - auf Aufforderung des US-Justizministeriums.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Stuttgart richtet sich der Verdacht gegen mehrere namentlich bekannte Personen sowie gegen Unbekannt. Namen oder auch die Anzahl der Personen nannte der Sprecher nicht. Das Strafgesetzbuch sieht für Betrug eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft vor. Zudem ermitteln die Staatsanwälte wegen des Vorwurfs der "strafbaren Werbung". Um irreführende Werbung war es auch in einem US-Fall gegangen: Ende vergangenen Jahres waren mehrere US-Autobesitzer mit einer Sammelklage vor einem Bezirksgericht im Bundesstaat New Jersey gescheitert. Sie hatten dem Stuttgarter Unternehmen vorgeworfen, mit manipulierten Werten des Diesel-Schadstoffs Stickoxid geworben zu haben.

Der Richter hatte die eingereichte Klage in einigen Punkten als unzureichend eingestuft, den Klägern aber offengelassen, ihre Klage noch einmal vorzubringen. Die Mercedes-Kunden in den USA hatten sich von Werbeslogans über Schadstoffemissionen bei Blue-Tec-Dieselmotoren getäuscht gefühlt. Erst nach dem Kauf sei ihnen klar geworden, dass die tatsächlichen Abgaswerte höher seien als zulässig. Ob die jetzt bekannt gewordenen Ermittlungen im Zusammenhang mit den Vorwürfen in den USA steht, konnte ein Daimler-Sprecher am Mittwoch nicht bestätigen. An Spekulationen wolle man sich "nicht beteiligen".

Kalifornische Umweltbehörde kritisiert die deutschen Behörden

Die Wochenzeitung Die Zeit hatte am Mittwoch vorab berichtet, ein Daimler-Mitarbeiter habe bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart ausgesagt, dass es auch bei Dieselfahrzeugen der Daimler AG gesetzeswidrige technische Manipulationen geben könne. Auch die Leiterin der kalifornischen Umweltbehörde Carb, Mary Nichols, bezweifle die Argumente deutscher Autobauer in der Dieselaffäre. Mehrere Hersteller, darunter auch Daimler, hätten die erhöhten Stickoxidwerte von Dieselfahrzeugen damit begründet, dass bei niedrigen Umgebungstemperaturen die Abgasreinigung heruntergefahren werde, um den Motor zu schützen. Diese Argumentation bezeichne Nichols als "nicht plausibel".

Zudem kritisiert Nichols in dem Bericht den Umgang der deutschen Behörden mit der Abgasaffäre. In Deutschland gebe es "eine geringere Bereitschaft, einen Verstoß zu verfolgen", weil ein großer Teil der Wirtschaft von der Autoindustrie abhänge. Bereits seit längerem ermitteln die Stuttgarter Staatsanwälte gegen den Auto-Zulieferer Bosch wegen der vermeintlichen Mitarbeit am Abgasbetrug mit Dieselautos der Marken VW, Audi und Porsche. Hier richtet sich das Verfahren noch gegen Unbekannt. In den USA hatte sich Bosch im Februar mit den zivilrechtlichen Klägern auf einen Vergleich über 328 Millionen US-Dollar geeinigt. Dabei betonte das Unternehmen stets, die Zahlung sei kein Schuldeingeständnis.

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