Es sind Zahlen, mit denen sich Ola Källenius an den Börsen wenig Freunde machen dürfte - und nicht nur dort: Das Netto-Ergebnis von Daimler ist 2019 um fast zwei Drittel eingebrochen. Dementsprechend will er die Dividende für Aktionäre von 3,25 Euro auf nur noch 90 Cent pro Aktie kürzen. Das teilte der Stuttgarter Autokonzern am Dienstagmorgen mit.
"Während unsere Ergebnisse 2019 die weiterhin starke Nachfrage nach unseren attraktiven Produkten widerspiegeln, können wir mit dem Gewinn nicht zufrieden sein", sagt der neue Daimler-Chef Källenius bei seiner ersten Vorlage von Jahreszahlen. Der Schwede kann zwar einen gestiegenen Umsatz von 167 auf 173 Milliarden Euro vermelden und einen neuen Absatzrekord der Kernmarke Mercedes-Benz. Dennoch muss er gleichzeitig einen Gewinneinbruch verkünden. Grund dafür sind Milliardenkosten für Investitionen in neue Technologien, in die anlaufende Produktion von Elektroautos und für Altlasten aus der Dieselaffäre. Aufgrund diverser Klagen und Ermittlungsverfahren wegen der umstrittenen Abgasbehandlung in Mercedes-Dieselmotoren hatte Daimler seine Rückstellungen zuletzt nochmals erhöht. Deshalb hatte der Konzern im Januar die dritte Gewinnwarnung seit Källenius' Amtsantritt im Mai veröffentlicht - damals noch auf Basis vorläufiger Berechnungen.
Nun stehen die Zahlen für 2019 endgütig fest: Das Netto-Ergebnis sank von 7,6 auf 2,7 Milliarden Euro, der Gewinn vor Steuern und Zinsen von 11,1 auf 4,3 Milliarden Euro. Källenius begründet den Gewinneinbruch vor allem mit "erheblichen Sonderbelastungen" und sieht das Unternehmen langfristig auf einem guten Weg: Er sei entschlossen, die Profitabilität deutlich zu verbessern. Dazu seien jedoch "umfassende Maßnahmen zur Kostensenkung und Steigerung des Cash Flow notwendig".
Die Umsetzung dieser Sparmaßnahmen sei bereits angelaufen. Bereits im November hatte Källenius angekündigt, er wolle bis Ende 2022 weltweit eine "niedrige fünfstellige Zahl" an Stellen vor allem in der Verwaltung abbauen - davon 1100 Führungsposten. Damit will er etwa 1,4 Milliarden Euro einsparen. An diesen Zahlen hielt er am Dienstag fest - trotz anderslautender Medienberichte zuvor.
Auch in Sachen Strategie blieb Källenius bei seiner bisherigen Linie. Wer angesichts des niedrigen Aktienkurses und zunehmender Kritik von Analysten auf eine große neue Ankündigung wartete, wurde enttäuscht. Das gilt auch für die Aktionäre: Analysten hatten im Vorfeld im Schnitt mit einer Dividende von 1,50 Euro je Aktie gerechnet. Dass der Vorschlag des Vorstands nun sogar unter die Ein-Euro-Marke rutscht, wird auf der kommenden Hauptversammlung sicherlich Diskussionen nach sich ziehen.
Für 2020 kündigt Källenius wieder höhere Gewinne an
Auch die Unruhe unter den knapp 300 000 Mitarbeitern wächst. Betriebsratschef Michael Brecht hatte in einem Interview mit dem Handelsblatt den Vorstandschef zuletzt ungewöhnlich scharf kritisiert. Vor allem warf er ihm Mängel in Sachen Kommunikation und Strategie vor: "Die Leute wollen Orientierung und Klarheit. Ich will daher, dass unsere Strategie sichtbarer wird." In der Belegschaft herrsche eine "Stimmung zwischen Wut und Enttäuschung". Auch, weil "eine konstante und transparente Kommunikation" fehle. "Das führt dazu, dass jeder über die Kosten redet, der Blick in die Zukunft und unsere strategischen Handlungsfelder aber völlig untergehen." Auch die Mitarbeiter müssen sich zudem mit einem kleinerern Bonus zufrieden geben: Die etwa 130 000 Tarifbeschäftigten erhalten für 2019 nur 597 Euro Ergebnisbeteiligung. Dazu kommt eine einmalige Anerkennungsprämie von bis zu 500 Euro. Im Vorjahr hatte diese Prämie noch bei 4965 Euro gelegen.
Immerhin: Für 2020 kündigt Källenius wieder höhere Gewinne an. Bei gleichbleibendem Umsatz werde das operative Ergebnis "deutlich" über dem Niveau von 2019 liegen. Beim Absatz rechnet er mit leichten Rückgängen bei den Pkws, Lkws und Vans. Nur bei den Bussen erwartet er ein leichtes Plus.