WestLB:Frühere Staatsbank macht Millionenverlust

Wegen steuerschädlicher Cum-Ex-Deals rechnet die Nachfolgerin der WestLB mit einem Minus von 600 Millionen Euro. Der Staat muss womöglich Geld nachschießen.

Von Nils Wischmeyer, Köln

Die Portigon hat keinen einfachen Job. Als Nachfolgerin der West-LB muss sie die Scherben aufkehren, die die Aktienhändler und Banker des öffentlichen Finanzinstituts hinterlassen haben. In der Finanzkrise hatte sich die Staatsbank mit millionenschweren Spekulationen verhoben, geriet ins Wanken, wird seit mehreren Jahren abgewickelt - und bereitet dem Steuerzahler immer wieder Probleme.

Für das Jahr 2020 rechnet die Nachfolgerin plötzlich mit einem Verlust von 600 Millionen Euro. Per Ad-hoc-Mitteilung teilte Portigon mit, aufgrund "diverser Änderungsbescheide des Finanzamts Düsseldorf" in Bezug auf Cum-Ex-Geschäfte müsse man nun die Prognose für das laufende Geschäftsjahr anpassen. Muss der Staat Geld für die Ex-Staatsbank nachschießen, geht das womöglich zu Lasten des Steuerzahlers, auch Jahre nach dem Ende der WestLB. "Die Portigon prüft die Auswirkungen des erwarteten Verlustes und wird gemeinsam mit den Eigentümern mögliche Maßnahmen, insbesondere deren Art und Höhe, erörtern", erklärte das Institut der Nachrichtenagentur Reuters.

Bei Cum-Ex-Deals handelten Banken, Investoren und andere Finanzinstitute Aktien vor und nach dem Dividendenstichtag und forderten eine einmal oder nie abgeführte Steuer teilweise mehrfach vom Staat zurück. Den Nachteil hatte der Fiskus, den diese Deals zehn Milliarden Euro gekostet haben könnten, wie Steuerfahnder heute schätzen. Das Landgericht in Bonn entschied im Frühjahr 2020, dass Cum-Ex-Geschäfte strafbar sind.

Die später mit öffentlichem Geld gerettete West-LB, die dem Land Nordrhein-Westfalen und den Sparkassen gehörte, war offenbar einer der Haupttäter. Enttarnt haben ihre Geschäfte erst eine CD mit Cum-Ex-Geschäften, die das Land NRW von einem Insider erworben hatte. Der heutige SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hatte das als Finanzminister von Nordrhein-Westfalen durchgesetzt und trug damit dazu bei, dass Steuerfahnder später von den Machenschaften der Staatsbank erfuhren. Zunächst ermittelte die Staatsanwaltschaft in Düsseldorf. Im Mai 2020 hat sie den Fall an Ermittler in Köln abgetreten.

Wie groß das Rad war, das Banken, Hedgefonds und Aktienhändler mit Cum-Ex drehten, und wie viele Aktien sie bewegen mussten, um den Staat auszunehmen, zeigt sich schon daran, dass die West-LB zwischenzeitlich größter Einzelaktionär bei Daimler war.

Solche Geschäfte fallen der Nachfolgerin Portigon nun auf die Füße. Bereits im vergangenen Jahr wurde offensichtlich, dass die WestLB früher in großem Stil in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt war und dass diese Deals den Steuerzahler womöglich viele Millionen Euro kosten könnten. Im Jahresabschluss 2019 verzeichnete die Portigon für die Jahre 2006 und 2007 Nachzahlungen für Cum-Ex-Geschäfte in Höhe von 302,5 Millionen Euro. Auch, dass es womöglich Rückforderungen für das Jahr 2005 geben könnte, erörtert die Portigon in ihrem Jahresabschluss. Damals kam sie noch zu dem Ergebnis, dass Rückforderungen in Höhe von 150 Millionen verjährt seien und sie diese nicht zurückzahlen müsse.

Ende 2019 stand bei der Portigon ein Fehlbetrag von 582 Millionen Euro zu Buche. Allerdings rechnete der Vorstand noch im Sommer damit, dass der Verlust für das Geschäftsjahr 2020 wesentlich geringer ausfallen könnte und sprach von einem möglichen Fehlbetrag von 100 Millionen Euro. Diese Hoffnung hat sich zerschlagen.

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