Strafprozess gegen Hanno Berger:Mr. Cum-Ex soll Millionen nach Dubai geschafft haben

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Der Steuerexperte Hanno Berger auf dem Weg zu seinem Prozess im Landgericht Bonn (Archivbild vom April). (Foto: THILO SCHMUELGEN/REUTERS)

Hat Hanno Berger viel Geld außer Landes geschafft, um es vor deutschen Behörden zu schützen? Eine Aussage des Kronzeugen S. im Prozess um Cum-Ex-Aktiendeals bringt Berger in Bedrängnis.

Von Jan Diesteldorf und Nils Wischmeyer, Bonn

Am Ende geht es immer ums Geld. Bei dem Mann auf der Anklagebank allerdings spielt Geld an diesem Dienstag noch einmal eine viel größere Rolle als ohnehin in der langen Geschichte dieser Steueraffäre. Hanno Berger soll gemeinsam mit Bankern, Anwälten und Helfern den deutschen Staat um mehrere Hundert Millionen Euro gebracht haben und dabei laut Staatsanwaltschaft selbst Millionen verdient haben. "Cum-Ex" heißen die Deals, bei denen Anwälte und Banken sich eine Steuer auf Kapitalerträge erstatten ließen, die niemand gezahlt hatte. Wegen drei solcher Fälle steht Berger als Angeklagter vor dem Landgericht Bonn. Er bestreitet, sich wissentlich strafbar gemacht zu haben.

Am Dienstag war abermals Bergers Ex-Kanzlei-Partner S. als Zeuge geladen und hatte einiges zum Thema Geld zu sagen. S. schätzte, dass er selbst wohl 50 Millionen Euro mit den steuergetriebenen Cum-Ex-Deals verdient habe. Bei "Mr. Cum-Ex" Hanno Berger soll es ähnlich viel gewesen sein, womöglich noch mehr. Doch wo ist das Geld hin?

Diese Frage rückte am Dienstag in den Fokus. Ihre Beantwortung wird für Berger womöglich heikel, denn das Landgericht könnte eine sogenannte Einziehung der Tatbeute anordnen. Das würde bedeuten, dass er Gewinne aus mutmaßlich illegalen Geschäften an den Fiskus zurückzahlen müsste. Allein in diesem Verfahren wären das gut 27 Millionen Euro, die je zur Hälfte auf Berger und den Kronzeugen S. entfallen, den das Gericht ebenso als "Einziehungsbeteiligten" benannt hat. Während Bergers Ex-Partner seinen Anteil an der mutmaßlichen Beute je nach Entscheidung des Gerichts zurückzahlen will, erklärte Bergers Verteidiger: Sein Mandant könne einen solchen Beitrag im Zweifel nicht bezahlen.

Hat Hanno Berger früh Geld vor den Behörden versteckt?

Eine Aussage von S. weckt an dieser Darstellung Zweifel. Am Vormittag erklärte der einstige Ziehsohn Bergers, dass dieser im vergangenen Jahrzehnt viele Millionen Euro in eine Finanzstruktur nach Dubai geschafft und von dort aus in der Schweiz investiert haben soll. Berger dementierte die Aussage mit heftigem Kopfschütteln; einer seiner Verteidiger beschwerte sich, das alles sei nicht Teil der Akte. Auch der Staatsanwalt wirkte erstaunt.

Was hat es also auf sich mit den mutmaßlichen Dubai-Millionen?

Schon der Haftbefehl des Landgerichts gegen Berger von November 2020 enthielt entsprechend Hinweise. Darin hieß es, Berger habe seine Taterträge über eine Struktur von Offshore-Gesellschaften weiterverschoben, um sie dem Zugriff der deutschen Behörden zu entziehen. Nach SZ-Informationen hat ein Informant schon vor etwa zwei Jahren bei der Staatsanwaltschaft Köln über Bergers mutmaßliche heimliche Geldströme ausgepackt und Unterlagen eingereicht, die Berger belasten sollen. Die Aussagen decken sich mit dem, was S. nun vor Gericht vortrug: Berger hat ihm zufolge in den finalen Tagen ihrer Zusammenarbeit versucht, sich zu schützen, aus Angst vor den Finanzbehörden und den eigenen Mandanten. Schließlich habe man einen "ziemlich heißen Reifen gefahren", sagte S.

Von 2006 an hatten S. und Berger gemeinsam mit verschiedenen Banken und Investoren Cum-Ex-Geschäfte aufgesetzt, die den deutschen Fiskus viele Milliarden Euro kosteten. 2011 bereitete der Staat dem Spiel ein Ende. Ermittler durchsuchten 2012 die gemeinsame Kanzlei, was für S. bedeutete: "Alarmstufe rot." Kurz darauf brach die Berger-S.-Kanzlei ebenso auseinander wie die innige Geschäftsbeziehung der beiden. Sie sollen neben ihrer Anwaltstätigkeit persönlich von den Cum-Ex-Deals profitiert haben - heimlich, über Scheinrechnungen.

Mutmaßlicher Geldfluss über Dubai in die Schweiz

In dieser Zeit habe Berger in Dubai eine Gesellschaftsstruktur aufsetzen lassen, sagte S. Als Name habe Berger "Vault" gewählt, auf Deutsch: "Tresor". In die Struktur soll ein zweistelliger Millionenbetrag geflossen sein, und von dort weiter in Immobilieninvestments und Darlehen in der Schweiz.

Ob die Investments erfolgreich waren, wisse S. nicht. Er trug das Ganze nicht ganz ohne Eigennutz vor. Vor Prozessbeginn hatte er schriftlich erklärt, sich gegen eine Rückzahlung etwaiger Taterträge nicht wehren zu wollen - egal in welcher Höhe. Nur gibt es da ein Problem: Theoretisch könnte das Gericht auch Bergers Gewinne aus den gemeinsamen Geschäften bei S. einziehen, wenn bei Berger nichts zu holen wäre. Also die gut 27,3 Millionen Euro. Dem wollte S. offenbar zuvorkommen. "Es wäre für mich gefühlsmäßig nicht ok, wenn ich zahle", sagte er, während Berger nicht zahle. "Dafür kann ich und dafür möchte ich nicht bezahlen."

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