Cum-Ex-Geschäfte:Die Bank, die Hunderte Millionen Euro abgezockt haben soll

The sun rises over the skyline in Toronto

Blick auf Toronto: Hier sitzt die Mutter des Hauses, das nun im Fokus der Fahnder steht.

(Foto: Mark Blinch/Reuters)
  • Die deutsche Niederlassung der kanadischen Maple Bank und weitere Beteiligte werden verdächtigt, Steuern in Höhe von 450 Millionen Euro hinterzogen zu haben.
  • Es geht um sogenannte Cum-Ex-Geschäfte.
  • Bei Cum-Ex-Deals konnten sich Geldinstitute und Fonds die nur einmal gezahlte Kapitalertragsteuer mehrmals vom Fiskus erstatten lassen.

Von Klaus Ott, Frankfurt

Die Maple Bank in Frankfurt ist ein für Mainhattan eher kleines Geldinstitut, das sich um spezielle Geschäfte kümmert. Aktien- und Rentenhandel, Wertpapierleihen und andere Dinge. Möglicherweise waren einige Aktivitäten dieser Investmentbank, deren Mutterhaus in Kanada ansässig ist, etwas zu speziell. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt verdächtigt die deutsche Niederlassung von Maple und weitere Beteiligte, mit ganz besonderen Aktiendeals Steuern in Höhe von 450 Millionen Euro hinterzogen zu haben. Am Mittwoch wurde die Bank mit dem Ahornblatt, dem Wahrzeichen Kanadas, durchsucht. Es geht, wieder einmal, um Cum und Ex: Beim Handel von Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividende soll der deutsche Fiskus von vielen Banken und Fonds aus dem In- und Ausland systematisch betrogen worden sein, insgesamt um mehr als zehn Milliarden Euro.

Behörden in ganz Deutschland untersuchen inzwischen zahlreiche Börsen-Deals dieser Art. Maple ist der nunmehr größte bekannte Einzelfall. 450 Millionen Euro mutmaßlicher Steuerschaden - solch ein Volumen erreicht keines der anderen bereits anhängigen Verfahren in Frankfurt, München, Köln und anderswo. Mal ist der Fiskus offenbar um gut 100 Millionen Euro erleichtert worden, mal um 150, mal um 200 Millionen Euro. Manchmal sind noch deutliche größere Beträge in den Akten notiert; es soll dann aber beim Versuch geblieben sein, den Staat auszunehmen. Das wäre indes aus Sicht der Kriminaler ebenfalls strafbar gewesen. Der neue Fall in Frankfurt dokumentiert: Je mehr Cum-Ex-Deals von den Behörden durchleuchtet werden, desto höher sind die Beträge.

In der Causa Maple ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen elf teils noch tätige, überwiegend aber frühere Manager und Mitarbeiter der Bank. Ihnen wird schwere Steuerhinterziehung beziehungsweise Geldwäsche vorgeworfen. Einige von ihnen sollen sich an den Aktiendeals persönlich bereichert haben. Wie in solchen Verfahren üblich, haben die Strafverfolger nicht nur die Bank, sondern auch Wohnungen der Beschuldigten durchsucht, außerdem andere Firmen, bei denen man aufschlussreiche Unterlagen zu finden hoffte. Rund 285 Staatsanwälte, Steuerfahnder und Ermittler des Bundeskriminalamtes waren im Einsatz, die 30 Objekte von Baden-Württemberg bis Hamburg filzten.

Es geht um die Details einer Gesetzeslücke

Die in der breiten Öffentlichkeit eher unbekannte Maple Bank soll in den Jahren 2006 bis 2010 Aktien im Wert von mehreren Milliarden Euro kurz vor und nach der Ausschüttung der Dividenden gehandelt haben. Angeblicher Sinn und Zweck der Cum-Ex-Deals war es, sich eine nur einmal gezahlte Kapitalertragsteuer vom Fiskus mehrmals erstatten zu lassen. Das war damals aufgrund einer von der Bundesregierung erst 2012 geschlossenen Gesetzeslücke möglich. Die Regierung, der Fiskus und diverse Staatsanwaltschaften beharren aber darauf, dass diese Lücke nicht dazu berechtigt habe, den Staat auszunehmen. Hier seien Steuern hinterzogen worden. Zahlreiche Beschuldigte in den bisherigen Verfahren bestreiten das, auch unter Hinweis auf die Gesetzeslücke. Die Hypo-Vereinsbank (HVB) hingegen gibt Verfehlungen zu, will ein Bußgeld in Millionenhöhe zahlen und hat zusammen mit einem früheren Geschäftspartner bereits 200 Millionen Euro an den Fiskus zurückgezahlt. Die HVB hat ihre Ex-Cum-Deals selbst mit aufgeklärt und mit den Behörden kooperiert.

Enge Zusammenarbeit mit den Ermittlern verspricht nun auch Maple. Die Bank habe die Durchsuchung "umfassend unterstützt" und Behörden "weitere Kooperationsbereitschaft zugesichert", sagt die Frankfurter Anwältin Hellen Schilling, die Maple vertritt. Zum Fall selbst äußert sich die Bank nicht. Man gebe zu " steuerrechtlichen Fragen öffentlich grundsätzlich keinerlei Auskünfte", sagt Schilling im Namen der Bank. Für Maple ist es bereits das zweite Mal, dass man in den Fokus von Strafverfolgern gerät. Vor Jahren ermittelte bereits die Stuttgarter Staatsanwaltschaft, wegen angeblicher Gesetzesverstöße beim Übernahmekampf zwischen Porsche und Volkswagen, der 2009 mit einer Niederlage des Sportwagenherstellers geendet hatte. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft glaubte, damalige Maple-Manager hätten Porsche geholfen, den Kurs der VW-Aktie illegal zu beeinflussen, um die Übernahme von Volkswagen zu ermöglichen. Der Verdacht gegen die Maple-Manager erwies sich allerdings als haltlos, dieses Verfahren wurde eingestellt.

Ob das bei den Cum-Ex-Deals auch so kommt, bleibt abzuwarten. Maple ist überzeugt davon, alles im Griff zu haben. Im jüngsten Geschäftsbericht, dem für 2013/14, rühmt sich Frankfurter Bank ihrer "hochentwickelten Risikokontrolle".

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