Cum-Ex:Banken sollen Milliarden zahlen

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Zu den dubiosen Aktiengeschäften zu Lasten des Fiskus zeichnet sich ein Musterprozess ab. Eine französische Großbank will eine Steuerforderung aus Bayern energisch anfechten.

Von Leo Klimm und Klaus Ott, München

Beim Finanzgericht München geht es oft um kleinere Fälle, um Kindergeld oder Eigenheimzulagen oder um Zoll-Zahlungen für USB-Kabel. Doch jetzt zeichnet sich ein richtig großes und teures Verfahren ab; noch dazu ein Musterprozess, den viele Bank-Vorstände im In- und Ausland gebannt und mit einer gehörigen Portion Angst verfolgen würden. Streitwert: 460 Millionen Euro. Das französische Geldinstitut Crédit Agricole hat angekündigt, dass die deutsche Tochtergesellschaft Caceis eine Steuerforderung des bayerischen Fiskus in dieser Höhe "energisch anfechten" werde. Da auch die Behörden hart bleiben, muss wohl das Finanzgericht München entscheiden.

Für den Staat steht dabei noch mehr auf dem Spiel als für die Crédit Agricole. Von dem Fall hängt ab, ob der Fiskus mehrere Milliarden Euro wieder eintreiben kann, die ihm von zahlreichen Banken und Börsenhändlern bei mutmaßlich kriminellen Aktiengeschäften entwendet wurden. Die Crédit-Agricole-Tochter Caceis soll solche Aktiendeals mit Namen Cum-Ex nicht selbst betrieben haben. Das Tochterinstitut soll aber anderen Geldhäusern oder Kapitalanlagefonds dabei behilflich gewesen sein, den Fiskus zu täuschen. Caceis wird verdächtigt, als Dienstleister von diesen Börsendeals profitiert zu haben. Die Crédit-Agricole-Tochter soll als sogenannte Depotbank die Aktien verwahrt und verliehen und dafür Gebühren kassiert haben. Zudem soll sie von alledem gewusst und eine wichtige Rolle gespielt haben. Caceis bestreitet das.

Beim Handel von Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividende ging es den Beteiligten oft nur darum, sich eine auf die Dividendenerlöse fällige und an den Fiskus abgeführte Kapitalertragsteuer von den trickreich getäuschten Finanzbehörden gleich mehrmals erstatten zu lassen. So die Erkenntnisse von Staatsanwälten und Steuerfahndern. Der Schaden für die Staatskasse wird auf mehr als zehn Milliarden Euro geschätzt. Viele Cum-Ex-Akteure, die den Fiskus ausgenommen haben sollen, sitzen im Ausland und sind für deutsche Ermittler schwer greifbar. Also wollen sich die Behörden auch an die Depotbanken halten, an die vermeintlichen Helfer. Ob das gelingt, dürfte der Fall Caceis zeigen.

Nach Angaben der Crédit Agricole soll deren deutsche Tochter 312 Millionen Euro Steuern zahlen, plus 148 Millionen Euro Zinsen. Das sei "unbegründet", widerspricht die Crédit Agricole. Caceis habe nicht von Steuererstattungen bei Kunden profitiert und habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Für die Dauer des Verfahrens habe man Zahlungsaufschub beantragt. Der Fiskus wiederum stützt sich auf Aussagen und Akten aus diversen Ermittlungsverfahren. Was davon öffentlich verhandelt wird, sofern es zu einem Prozess kommt, bleibt abzuwarten. Solche Verfahren finden, sofern der Gegner des Fiskus das fordert, hinter verschlossenen Türen statt.

© SZ vom 06.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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