Croupier-Gehälter sinken:"Eine Spende gefällig? Für den Herrn im Smoking?"

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Gediegene Umgebung, glamouröser Beruf - Croupiers verwalten im Einzelfall auch schon mal Millionengewinne. Kaum jemand weiß, dass die noblen Jungs von den Spendengeldern ihrer Kundschaft leben. Und die fließen immer spärlicher.

"Nichts geht mehr", sagt der Croupier, wenn er für die Spieler die Runde am Roulette-Tisch schließt. Wenig geht auch nur noch für ihn selbst. Die Zeiten von Spitzenverdiensten für die Herren mit Fliege und Smoking sind erst einmal vorbei. In vielen der Spielbanken in Deutschland krebsen die Croupiers um den von ihrem Arbeitgeber garantierten Mindestverdienst.

Spitzengehälter für Croupiers? Diese Zeiten sind vorbei. (Foto: Foto: dpa)

Die Westdeutsche Spielbanken GmbH etwa (WestSpiel/Münster) musste im vergangenen Jahr alleine in ihren vier Häusern in Nordrhein-Westfalen sechs Millionen Euro draufzahlen, um ihren 700 Mitarbeitern rund um das klassische Spiel den tariflich vereinbarten Lohn zahlen zu können.

Leerer Tronc, leere Taschen

"Das Problem ist das Tronc-Verhalten", sagt WestSpiel-Geschäftsführer Lutz Wieding. Croupiers werden nach einem komplizierten Punktwert-System aus dem Trinkgeld der Spieler bezahlt. Gewinnt ein Spieler, zahlt er auf freiwilliger Basis in den "Tronc", den Topf fürs Personal. Verliert er, gehen die Croupiers leer aus.

Hohe Gewinne lösen ungeschriebenen Zocker-Gesetzen zufolge höheres Trinkgeld aus. Roulette-Anfänger, die das Risiko scheuen und eher auf "Rot" oder "Schwarz" setzen, geben weniger Trinkgeld. Genau das sind aber die Gäste, die Casinos mit immer mehr Begleitangeboten vom Chanson-Abend bis zum Gala-Diner in ihre Säle locken. Zudem müssen sich immer mehr Spielbanken die Finanzkraft der Zocker teilen. 1982 gab es in Deutschland nach Angaben der Gewerkschaft ver.di 27 Casinos, mittlerweile sind es 78.

Die Herrschaften sind geizig

Und die Bereitschaft, überhaupt etwas in den Tronc zu stecken, nimmt bei den nobel gekleideten Herrschaften an den grünen Tischen auch immer mehr mehr ab. "Wir sind gerade dabei zu analysieren, woran das liegt", sagt Wieding. "Zunehmender Geiz, Konjunkturflaute, Generationenwechsel" lauten die möglichen Stichworte zur Begründung.

Für die Casinobetreiber ist die Situation nicht erbaulich. Denn das klassische Spiel, also Roulette, Baccara, Poker und Black Jack, verliert im Wettlauf mit den Automaten ohnehin an Bedeutung. "Wir subventionieren quer2, beschreibt Wieding die Situation. Gewinne in den Automatencasinos kommen den defizitären klassischen Sälen zugute. Der Ertrag wird zusätzlich dadurch geschmälert, dass die Croupier-Gehälter nicht mehr allein aus dem Trinkgeld bestritten werden können.

Nur noch ein normaler Job?

Der Beruf, der lange Zeit als leicht verrucht und undurchsichtig galt, ist normaler geworden, als alle Beteiligten sich das wünschen - auch wenn die Bezahlung noch immer der eines Facharbeiters ähnelt. Im Casino am Berliner Alexanderplatz etwa musste WestSpiel tarifliche Leistungen wie Urlaubsanspruch, Pausenzeiten oder Freizeitausgleich eindampfen.

Im vergangenen Sommer standen die Roulette-Kessel still, weil die Croupiers in den Ausstand getreten waren. Insgesamt sparen die Casinos Personal etwa durch den Wechsel vom französischen zum amerikanischen Roulette zurück. Bei der letzteren Variante ist die Zahl der Angestellten pro Tisch geringer. "Wir brauchen für einen Tisch französisches Roulette fünf Mitarbeiter, zwei Tische amerikanisches Roulette können wir mit vieren bestreiten", beschreibt Wieding die Strategie.

Personal wird eingedampft

Im Casino im westfälischen Kurort Bad Oeynhausen, wo für das große klassische Spiel ohnehin das Publikum knapp ist, hat WestSpiel schon komplett umgestellt. In den anderen Casinos können die Klassiker das französische Roulette an den ausladenden Tischen nur noch bei einem Einsatz von mindestens zehn Euro genießen. Bei zwei oder fünf Euro Mindesteinsatz gilt dagegen das amerikanische Tableau.

"Der zunehmende Bedeutungsverlust des personalintensiven klassischen Spiels und die Einführung Personal sparender Spielformen werden die Anzahl des so genannten Spieltechnischen Personals in Zukunft deutlich reduzieren", heißt es in einer Studie der Gewerkschaft ver.di.

Vater Staats Hand ist zu groß

Gelöst werden kann das Problem nach Ansicht der Spielbanken wie der Gewerkschaft nur durch ein Absenken der Abgabenlast. 80 Prozent ihres Bruttospielergebnisses müssen die Casinos in die Kassen der jeweiligen Bundesländer abgeben. "Das Produkt stimmt, aber nicht die Abgabenlast", fasst Wieding die Problematik zusammen.

Auch ver.di fordert die Senkung der Spielbankenabgabe. WestSpiel als einer der größten Casinoanbieter in Deutschland zahlte im vergangenen Jahr für seine sechs Casinos in Nordrhein-Westfalen, Bremen und Berlin 162 von 202 Millionen Einnahmen an den Fiskus.

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