Bankenkrise:Asiatische Märkte reagieren mit Verlusten auf Credit-Suisse-Übernahme

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Die Anteile der japanischen Mitsubishi UFJ blieben am Montag relativ stabil. Trotz der Schieflage der Credit Suisse. (Foto: YOSHIKAZU TSUNO/AFP)

Die asiatischen Börsen sind nach den dramatischen Ereignissen des Wochenendes im Minus gestartet, der große Absturz ist allerdings ausgeblieben. Für eine Entwarnung ist es aber noch zu früh.

Von Florian Müller, Peking

Minus 2,5 Prozent in Hongkong, minus ein Prozent in Tokio und Sydney: Die asiatischen Finanzmärkte haben mit Verlusten auf die dramatischen Entwicklungen des Wochenendes reagiert. Dennoch scheint die Übernahme der kriselnden Großbank Credit Suisse durch ihre Schweizer Konkurrentin UBS die Nerven der Börsenhändler fürs Erste beruhigt zu haben. Die Verluste sind im Rahmen, der befürchtete Absturz ist ausgeblieben. Aber die Nervosität bleibt.

"Bevor Asien aufmacht" - diesen Titel hatte der ehemalige Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, sich einst überlegt für ein Buch über seine Zeit an der Spitze der Fed während der Finanzkrise 2008. Er spielt auf die eiligen Bankenrettungen an, die damals fast immer am Wochenende durchverhandelt wurden. Die Regulierer hatten dafür nur ein kleines Zeitfenster: Nach Handelsschluss in den USA ab Freitagabend bis Montagmorgen in Asien. Denn wenn die Börsen dort wieder aufmachten und kein Deal stand, drohten die nächsten Banken in den Abgrund gerissen zu werden. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass sich auch die Schweizer Finanzregulatoren am Wochenende beeilten, eine möglichst langfristige Lösung für die Probleme der in Schieflage geratenen Credit Suisse zu finden.

Am Sonntagabend kam dann weißer Rauch aus der Alpenland: Die Credit Suisse wird - gestützt durch milliardenschwere Staatsgarantien - in der UBS aufgehen, für einen Kaufpreis von drei Milliarden Franken. "Jede andere Lösung hätte eine Finanzkrise ausgelöst", sagte die Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Die Europäische Zentralbank (EZB) lobte den Deal und kündigte zusammen mit fünf anderen Zentralbanken Maßnahmen an, mit denen die globalen Finanzströme am Laufen gehalten werden sollen. Dies diene als "wichtige Stütze, um die Spannungen auf den globalen Finanzierungsmärkten zu lindern" und die Auswirkungen auf die Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen zu verringern, hieß es in der Mitteilung von EZB, Bank of Canada, Bank of England, Bank of Japan, Federal Reserve und der Schweizerischen Nationalbank.

"Der Markt sieht es positiv, dass ein Bereich der Besorgnis beseitigt wurde", kommentierte der Analyst Jason Wong von der neuseeländischen BNZ am Montag zu Reuters. "Aber das löst nicht die spezifischen Probleme des US-Bankenwesens, wo die Einlagen in sicherere Banken abfließen." Um das Vertrauen in den Bankensektor zurückzugewinnen, müsse wahrscheinlich noch mehr getan werden, "sonst stehen wir in einer Woche immer noch vor denselben Problemen".

Die weltweiten Probleme waren durch den Zusammenbruch der kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB) vor einer Woche ausgelöst worden. Die SVB hatte sich an den Anleihemärkten verspekuliert, woraufhin zahlreiche Kunden, vor allem Digitalunternehmen, ihre Einlagen bei der Bank abzogen. Kurz darauf mussten die US-Behörden mit der Signature Bank ein zweites Finanzinstitut schließen. Viele Bürger fragten sich, ob ihre Bankguthaben noch sicher sind, US-Präsident Joe Biden versuchte sie zu beruhigen.

Die Nachrichten hatten vergangene Woche weltweit die Aktien von Banken abstürzen lassen, so auch in Japan. Die Anteile der dortigen Marktführer Mitsubishi UFJ, Mizuho und Sumitomo Mitsui blieben am Montag aber vergleichsweise stabil. Dafür verloren die Aktien der britischen HSBC an der Hongkonger Börse zwischenzeitlich mehr als sechs, die von Standard Chartered mehr als fünf Prozent. Analysten gehen davon aus, dass die Verluste mit den Abschreibungen auf Anleihen von Credit Suisse zu tun haben. Im Zuge der Übernahme hatte die Schweizer Finanzbehörde Finma nämlich angeordnet, dass 16 Milliarden Franken an risikoreicheren Bankanleihen, sogenannte AT1-Anleihen, nichts mehr wert sind, was viele Marktteilnehmer überrascht hat. Dies könnte für weitere Turbulenzen an den Anleihemärkten sorgen.

Insgesamt sind die asiatischen Volkswirtschaften von den Problemen in Europa und den USA vergleichsweise wenig betroffen. Während EZB und Fed in den vergangenen Monaten aggressiv die Leitzinsen erhöhten, um der hohen Inflation Herr zu werden, entschied sich die chinesische Zentralbank angesichts der niedrigen Teuerungsrate am Montag abermals, den Leitzins stabil zu halten. Auch die Bank of Japan zeigt bislang kaum Anzeichen, dass sie den Geldhahn auf absehbare Zeit zudrehen könnte. Die dramatische Übernahme der Credit Suisse war auch kaum ein Thema in den Nachrichten in Japan oder China. Die asiatischen Finanzakteure konzentrieren sich vor allem auf die USA und das Drama um die SVB. Dort könnte die Fed diese Woche neue Leitzinserhöhungen verkünden, was die Finanzmärkte erneut unter Druck setzen könnte.

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