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Schweiz:Credit Suisse wegen Mängel in Geldwäsche-Abwehr verurteilt

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Die Großbank soll einen Kokainhändler nicht an Geldwäsche gehindert haben. Das Schweizer Bundesstrafgericht verhängte eine Strafe von knapp zwei Millionen Euro.

Kokain, Geldverstecke, ein vom Pech verfolgter bulgarischer Ringer: Tagelang fesselten reißerische Details während des Prozesses im Februar die Schweizer Finanzwelt. Auf der Anklagebank: Die Credit Suisse, die einen Drogenhändler nicht an der Geldwäsche in Millionenhöhe gehindert haben sollte.

Am Montag fiel das Urteil des Bundesstrafgerichts in Bellinzona: schuldig. Der Spruch ist bahnbrechend, die erste strafrechtliche Verurteilung einer großen Schweizer Bank in der Geschichte der Eidgenossenschaft. Auch eine ehemalige Kundenbetreuerin wurde wegen Geldwäscherei verurteilt, wie das Gericht am Montagnachmittag verkündete. Während die Bankangestellte zu einer Strafe von 20 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt wurde, muss die Credit Suisse eine Geldbuße von zwei Millionen Franken (rund zwei Millionen Euro) zahlen. Weitere 19 Millionen Franken muss die Bank erstatten, da sie vor einer möglichen Beschlagnahme weitergeleitet worden waren.

Laut dem Gericht habe die Vermögensverwalterin schon seit Juni 2007 gewusst, dass ihre bulgarischen Kunden möglicherweise mit Drogenhandel und zwei Morden in Verbindung standen. Sie erlaubte ihnen trotzdem, weitere 19 Millionen Euro von ihren Konten abzuheben, offensichtlich mit dem Ziel, sich der Untersuchung zu entziehen.

In Bezug auf die Credit Suisse ist das Gericht der Ansicht, dass ihre Führungskräfte passiv gehandelt haben. Sie tolerierten die Abhebung der Millionenbeträge, obwohl die Bankmitarbeiterin sie bereits über laufende strafrechtliche Ermittlungen teilweise informiert hatte. Das Bundesstrafgericht rügte aber auch die Bundesanwaltschaft, und zwar für ihre Langsamkeit. Der "Grundsatz der Beschleunigung" sei in diesem Fall verletzt worden. Entsprechend hat das Gericht nur Taten berücksichtigt, die nach Juni 2007 geschahen - die anderen seien zu lange her. Die verhängten Strafen wurden entsprechend reduziert.

Das Urteil ist dennoch ein weiterer Schlag für die zuletzt durch die Skandale um Greensill Capital und Archegos Capital Management gebeutelte Credit Suisse. Die Bank hatte argumentiert, die Vergehen stammten aus einer Zeit, in der die Compliance-Standards noch weniger streng waren. Gegen das Urteil kündigte die Credit Suisse Berufung an, da die Voruntersuchung mehr als 14 Jahre zurückliege. "Die Credit Suisse prüft laufend ihr Anti-Geldwäsche-System und hat es im Laufe der Zeit in Übereinstimmung mit den sich entwickelnden regulatorischen Standards verstärkt", hieß es in einer Mitteilung.

Die Credit Suisse kritisierte vor allem, dass das Verfahren so viele Jahre nach den fraglichen Ereignissen eingeleitet worden war. Bereits als die Staatsanwaltschaft Ende 2020 Anklage erhob, hatte das Institut seine "Verwunderung" ausgedrückt, da die angeblichen Straftaten zwischen 2004 und 2008 stattgefunden hatten.

Die Anklageschrift ist über 500 Seiten dick. Akribisch zeichneten die Ermittler nach, wie einfach die bulgarische Drogenmafia buchstäblich Koffer voller Bargeld bei der Credit Suisse am Zürcher Paradeplatz deponieren konnten. In ihrer Zeugenaussage erklärte die Bankmitarbeiterin, Bareinlagen seien angesichts des desolaten Zustands der bulgarischen Banken zu jener Zeit sehr üblich gewesen. Zwei Bulgaren wurden in dem Fall wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und schwerer Geldwäsche verurteilt. Einer wurde zu einer 36-monatigen Haftstrafe verurteilt, von der 18 Monate zur Bewährung ausgesetzt wurden, der andere erhielt eine zwölfmonatige Bewährungsstrafe.

Im Zentrum des Drogenskandals steht der frühere bulgarische Spitzenringer Evelin Banev. Der Mann, genannt "der Kokain-König", wurde in Italien und Bulgarien wegen Drogenschmuggels zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. In der Schweiz war Banev nicht angeklagt, sondern nur zwei Helfer. Er organisierte mit seiner Drogenbande zwischen 2002 und 2012 die Einfuhr von Dutzenden Tonnen Kokain nach Europa, wobei er Boote, Flugzeuge und Drogenkuriere einsetzte, die bereit waren, mit Kokain gefüllte Gummibälle zu schlucken.

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SZ/Bloomberg/Reuters/ Sylvain Besson
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