Süddeutsche Zeitung

Geldwäsche:Die Bank, die nicht lernen will

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Die Schweizer Credit Suisse produziert die nächste schlechte Nachricht: eine Verurteilung wegen unzureichender Geldwäsche-Bekämpfung. Aber gibt es auch Einsicht? Leider nein

Kommentar von Isabel Pfaff, Bern

Schlimmer kann es eigentlich nicht mehr kommen - so dachte man schon ein paar mal mit Blick auf die Credit Suisse. Doch die Schweizer Großbank belehrt die Welt immer wieder eines Besseren. Der jüngste Beleg für die Annahme, dass es beim zweitgrößten Institut des Landes gewaltige Probleme gibt, ist ihre Verurteilung durch das Schweizer Bundesstrafgericht wegen gravierender Mängel in der Geldwäsche-Bekämpfung. Die Bank soll nun eine Geldstrafe von zwei Millionen Franken bezahlen, außerdem verlangt das Gericht rund 19 Millionen Franken, weil die Behörden dieses Geld aufgrund interner Mängel der Bank nicht einziehen konnten. Finanziell betrachtet sind das überschaubare Summen. Aber es geht um Historisches: um die erste Verurteilung einer Schweizer Großbank wegen Geldwäsche. Und dass die Verurteilte Credit Suisse heißt, ist keine Überraschung.

Die Vorfälle, die da in Rede stehen, liegen weit zurück. Die Richter in Bellinzona verhandelten die Geschichte einer bulgarischen Drogenhändlerbande, die laut Ermittlungen zwischen 2004 und 2007 ihr Geld bei der Credit Suisse waschen konnte. Bei seinem Urteil musste das Gericht sogar noch den Zeitraum vor Juli 2007 ausblenden, da diese Taten verjährt sind - die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft hatten zu lange gedauert, kein Ruhmesblatt auch für die Justiz.

Das vergisst die Bank natürlich nicht zu erwähnen: "Die Untersuchungen reichen mehr als 14 Jahre zurück", teilte sie nach dem Urteil mit. Sie habe ihr "Abwehrdispositiv" zur Geldwäsche-Bekämpfung im Lauf der Jahre aber stetig verstärkt. Man nehme deshalb den Entscheid des Bundesstrafgerichts, "wegen gewisser historischer Organisationsmängel" eine Buße gegen die Bank zu verhängen, zur Kenntnis. Aber das Urteil akzeptieren? Keineswegs. Die Credit Suisse will Berufung einlegen.

Die Argumentation kommt Beobachtern der Bank bekannt vor. Alles ferne Vergangenheit, damals habe es kaum Regeln gegeben, inzwischen sei alles ganz anders: So oder so ähnlich rechtfertigt die Credit Suisse ihre vielen Fehltritte seit Jahren. Zuletzt, als die Süddeutsche Zeitung zusammen mit einem Recherchekollektiv die "Suisse Secrets" enthüllte - ein Datenleck, das zeigte, dass die Bank über Jahrzehnte keinerlei Probleme mit brutalen Machthabern, korrupten Politikern, Kriegsverbrechern und anderen Kriminellen als Kunden hatte. Auch hier hieß es von der Credit Suisse: Die Sachverhalte seien "überwiegend historisch". Und "Vorkommnisse, die historisch sind", könnten "nicht mit der aktuellen Unternehmensführung in Verbindung gebracht werden".

Überzeugend ist das keineswegs. Denn es gab immer wieder Vorwürfe und Kritik in Bezug auf die Credit Suisse wegen Geldwäsche - auch nach dem nun vom Gericht bewerteten Zeitraum. Etwa bei der Korruptionsaffäre rund um die 2013 gewährten Kredite an Staatsunternehmen in Mosambik: Die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma rügte die Bank in dieser Sache wegen mangelhaften Risikomanagements und schwerer Verstöße gegen die geldwäschereirechtliche Meldepflicht. Rügen erteilte die Finma auch 2018 im Zusammenhang mit möglichen Korruptionsfällen rund um den Fußballverband Fifa, den brasilianischen Ölkonzern Petrobras sowie den venezolanischen Ölkonzern PDVSA: Auch in diesen Fällen habe die Bank gegen die Geldwäschebestimmungen verstoßen, die Vorfälle ereigneten sich zwischen 2006 und 2016.

Es sieht nicht so aus, als ob Gottstein der Richtige an der Spitze dieser Bank ist

Auch in der jüngsten Vergangenheit reißen die schlechten Nachrichten nicht ab. Ob die Spitzel-Affäre 2019, die Pleite der Finanzgesellschaft Greensill Capital oder der Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos, beide im Frühling 2021: Es gibt genügend Fälle, die nahelegen, dass das Risikomanagement der Credit Suisse nach wie vor nicht funktioniert, dass gravierende organisatorische Mängel bestehen. Und dass eine fragwürdige Kultur in der Bank herrscht. Zwar hat Konzernchef Thomas Gottstein einen Kulturwandel ausgerufen und neue Leute für Risikomanagement und Compliance geholt. Doch die Ankündigung, Berufung gegen das Urteil aus Bellinzona einzulegen, zeigt: Der überfällige Bruch mit der Vergangenheit ist nicht erkennbar. Es sieht nicht so aus, als ob Gottstein der Richtige an der Spitze dieser Bank ist.

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