"Costa Concordia":Was sich auf Kreuzfahrten ändern wird

Die Havarie der "Costa Concordia" verunsichert viele Kreuzfahrt-Touristen: Sind die Schiffe sicher? Die Branche diskutiert neue Vorschriften für das Verhalten an Bord. Doch bis diese umgesetzt werden, dürften Jahre vergehen.

Christoph Giesen

Nach der Havarie der Costa Concordia vor der italienischen Küste ist die Unsicherheit groß. Die Branche versucht währenddessen zu besänftigen. Fragen und Antworten im Überblick.

Wie sicher sind Kreuzfahrtschiffe?

Verglichen mit den Autounfall-Statistiken ist die Schifffahrt sehr sicher. Auf 100 Millionen Passagiere kamen seit 2006 16 Todesfälle. Kommt es allerdings zu einem Unfall, haben auch Schiffe ihre Schwachstellen. Zum Beispiel können Rettungsboote nur bis zu einem Neigungswinkel von 20 Grad zu Wasser gelassen werden. Die Schräglage der Costa Concordia betrug rasch 65 Grad - zu viel, um ein Rettungsboot einzusetzen. Experten bemängeln außerdem, dass Sicherheitsinstruktionen wie im Flugzeug nicht auf jedem Schiff Standard sind. Viele Passagiere wissen nicht, wo sich ihre Rettungswesten befinden und wo sie sich im Notfall sammlen müssen.

Wie reagiert die Branche auf den Unfall?

Auf einer Pressekonferenz der führenden Vertreter der Kreuzfahrtbranche am Donnerstag in London räumten Branchenvertreter ein, dass tatsächlich nicht auf allen Schiffen eine Einweisung vor dem Ablegen stattfindet. Das müsse sich unbedingt ändern. Die Internationale Maritime Organisation tagt das nächste Mal im Frühjahr. Bis die internationalen Gremien sich auf neue Standards geeinigt haben, dürften aber Jahre vergehen. Wahrscheinlicher ist es, dass die Schiffshersteller und vor allem die Reedereien selbständig neue Regelungen erlassen.

Gibt es Stornierungen?

Bisher nicht, heißt es beim Deutschen Reiseverband. "Die Kunden wissen, dass es überall zu Unfällen kommen kann. Sie wissen aber auch, dass die Schiffe sehr sicher sind", sagt ein Sprecher. Der internationale Branchenverband, die Cruise Lines International Association, hat ebenfalls keine nennenswerten Stornierungen registriert. Allerdings wolle man keine Prognosen abgeben und die Untersuchung des Unglücks abwarten.

Ist der Kreuzfahrten-Boom vorbei?

2010 buchten 1,2 Millionen Passagiere in Deutschland eine Kreuzfahrt. Die Zuwachsraten sind so groß wie in keinem anderen touristischen Segment. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete die Branche ein Passagierplus von fast 19 Prozent. Der Grund: Kreuzfahrten richten sich heutzutage an eine größere Zielgruppe. Früher galten sie als elitär. Man musste den Smoking oder das Abendkleid einpacken, um beim Captain's Dinner nicht mit strafenden Blicken oder gar einem Räuspern bedacht zu werden. Heute gibt es spezielle Clubschiffe, Wellness-Kreuzfahrten oder auch Expeditionstouren. Die Branche glaubt, dass noch Entwicklungspotenzial besteht. Schließlich sind 1,2 Millionen Passagiere verglichen mit anderen Urlaubszielen relativ dürftig. Alleine nach Spanien reisen jedes Jahr zehn Millionen Deutsche.

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