Cosco:Chinas Einstieg beim Hamburger Hafen spaltet Bundesregierung

Cosco: Ein Containerschiff von Cosco im Hamburger Hafen.

Ein Containerschiff von Cosco im Hamburger Hafen.

(Foto: IMAGO/IMAGO/Nikita)

Im Streit um den Einstieg des mächtigen chinesischen Staatskonzerns Cosco warnt Minister Habeck vor Abhängigkeit. Kanzler Scholz wiegelt ab.

Von Saskia Aleythe, Björn Finke, Florian Müller und Henrike Roßbach

Ein Vergnügen für große Schiffe ist die Einfahrt in den Hamburger Hafen nicht. Die dicken Pötte müssen Slalom fahren. Nach der Elbvertiefung bildete sich Schlick an vielen Stellen schneller als erwartet. Es ist also schwierig am Hafen, umso intensiver kümmert man sich um die, die die Reise auf sich nehmen wollen. Und umso härter trifft die Hafen-Wirtschaft nun auch die Debatte, die um den geplanten Einstieg des chinesischen Konzerns Cosco die höchste politische Ebene erreicht hat.

"Hamburger Hafen wird nicht an China verkauft", so überschrieb die Hafen- und Logistik AG HHLA ihr Statement zum entbrannten Streit in der Regierung, man wollte das dringend richtigstellen: Formal geht es schließlich lediglich um 35 Prozent, mit denen sich Cosco am Terminal Tollerort beteiligen will. Nein, die Sicherheit im Land sei dadurch nicht bedroht, konnte man dem Unternehmen entnehmen, denn genau darüber ist ja der Streit ausgebrochen. Kanzler Olaf Scholz soll sehr daran gelegen sein, den Deal durchzudrücken, doch sechs Bundesministerien sind offenbar gegen einen Einstieg - sie befürchten die Möglichkeit, China würde so Zugriff auf kritische Infrastruktur bekommen.

Bundesjustizminister Marco Buschmann meldet sich aus den USA

"Da sind noch so viele Fragen zu klären, dass es gegenwärtig da noch keinen Zwischenstand zu vermelden gibt", sagte Scholz am Freitag in Brüssel, betonte aber nochmal, dass es nicht "um einen Verkauf des Hafens wie in Zeebrügge oder in Piräus" gehe, sondern "höchstens um eine Beteiligung an einem Terminal, so wie das in einigen westeuropäischen Häfen auch der Fall ist". Tatsächlich wäre eine Minderheitenbeteiligung in Hamburg kein Novum, die Architektur anderer großer Häfen ist längst so gestrickt: Reedereien wie Maersk, MSC oder eben auch Cosco sind dort schon seit Jahren am Terminalgeschäft beteiligt. Doch gerade ist ein schlechter Zeitpunkt, um Deals mit China zu machen und sich in neue Abhängigkeiten zu begeben.

So ist das Thema auch schon längst über die Meere geschwappt, Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) meldete sich via Twitter aus den USA, wo er seinen amerikanischen Amtskollegen getroffen hatte. "Keine kritische Infrastruktur in Deutschland soll unter die Kontrolle der chinesischen Regierung kommen", schrieb er. "Deutschland sollte die Fehler, die im Bezug auf Russland gemacht wurden, nicht bei China wiederholen." Damit spielte Buschmann auf den politischen Kern der aktuellen Debatte an - dass nämlich der Ukraine-Krieg gerade erst deutlich gemacht hat, welche dramatischen Folgen es haben kann, wenn ein Land sich von einem anderen Staat einseitig abhängig macht.

Cosco ist ein wichtiges Werkzeug in Chinas Maritimer Seidenstraßen-Initiative

Cosco ist einer der größten Logistikkonzerne weltweit, er entstand in seiner heutigen Form 2015 durch die Fusion zweier chinesischer Staatskonzerne mit dem Ziel, einen nationalen Champion in der Logistik aufzubauen. Und der kann sich heute sehen lassen: Gemessen am Frachtvolumen ist Cosco mittlerweile die globale Nummer vier, daneben ist er auch der zweitgrößte Betreiber von Hafenterminals mit mehr als 360 Liegeplätzen in 37 Häfen in Asien, dem Nahen Osten, Europa und Südamerika. In Europa hält die Gruppe die Mehrheit am Hafen von Piräus in Griechenland, sowie die Mehrheit an Terminals in Zeebrügge in Belgien und Valencia in Spanien. Minderheitsbeteiligungen gibt es im Hafen Vado Ligure in Italien, Bilbao in Spanien, Rotterdam in den Niederlanden und Antwerpen in Belgien. Damit ist Cosco ein wichtiges Werkzeug in Chinas Maritimer Seidenstraßen-Initiative, mit der die Regierung zu einer Supermacht im weltweiten Frachtgeschäft werden will. 2017 bekam die Firma dafür einen Kredit über 26 Milliarden Dollar von einer Staatsbank.

Daneben ist Cosco aber auch auf der Straße und Schiene aktiv. In Duisburg, Europas größtem Binnenhafen, der gleichzeitig Endpunkt von Chinas Seidenstraße auf der Schiene ist, beteiligt Cosco sich ebenfalls mit 30 Prozent an einem neuen Containerterminal. Dort beobachtet man mit Sorge, was die Entscheidung in Hamburg für den eigenen Standort bedeuten könnte. Im März war Spatenstich.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erneuerte am Rande der Ministerpräsidentenkonferenz in Hannover seine Kritik an dem Deal: Abhängigkeiten seien kein abstraktes Phänomen, sondern "Realität in dieser Welt". Ein Sprecher von Habeck sagte am Freitag, die gesetzliche Prüffrist für eine mögliche Untersagung des Vorhabens könne "im Einvernehmen" der Beteiligten über die eigentliche Frist am 31. Oktober hinaus verlängert werden, diese Möglichkeit bestehe weiterhin.

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