Coronavirus und die Wirtschaft:Airbus drosselt Produktion um 40 Prozent

Lesezeit: 13 min

Airbus-Zentrale in Blagnac nahe Toulouse: Die Pandemie zwingt den Hersteller, die Produktion zu drosseln. (Foto: REUTERS)

Das Unternehmen könne sich nicht von der Entwicklung bei den Airlines abkoppeln, sagte Airbus-Chef Guillaume Faury. Erst 2021 erwarte er eine Normalisierung.

Hier finden Sie aktuelle Meldungen aus der Wirtschaft in chronologischer Reihenfolge, die neuesten Nachrichten stehen an erster Stelle.

Airbus drosselt Produktion

Montag, 27. Juni, 01.09 Uhr: Der Flugzeugbauer Airbus wird als Reaktion auf die Luftfahrt-Krise für zwei Jahre seine Produktion und seine Auslieferungen um 40 Prozent kürzen und Tausende Stellen abbauen. "Wir können uns von der Entwicklung bei den Airlines nicht abkoppeln", sagte Airbus-Chef Guillaume Faury der Welt . Während der Konzern bisher von einer Kürzung um etwa 30 Prozent sprach, ist jetzt von 40 Prozent die Rede, weil sich die Differenz zum zuvor geplanten Produktionsausbau in 2020/21 vergrößert.

Von der meistverkauften Baureihe A320 sollen nur noch 40 Maschinen pro Monat gefertigt werden. Derzeit seien viele fertige Flugzeuge geparkt, sagte Faury. Die Airlines nehmen sie wegen des Einbruchs im Markt durch die Corona-Krise zunächst nicht ab. Es werde bis Ende 2021 dauern, bevor Produktion und Auslieferungen wieder im Einklang stehen, sagte der Airbus-Chef dem Blatt.

Den genauen Umfang des Stellenabbaus will Faury nach Gesprächen mit der Arbeitnehmerseite bis Ende Juli verkünden. Spekuliert wird, dass bis zu 15 000 Stellen in der Zivilflugzeugsparte mit 90 000 Beschäftigten betroffen sind. "Es geht um die notwendige Anpassung an die massiv gesunkenen Produktionszahlen. Es geht darum, unsere Zukunft zu sichern", betonte Faury.

Der Airbus-Chef will dabei Kündigungen nicht grundsätzlich ausschließen, zumal sich durch eine zweite Corona-Welle die erhoffte Belebung wieder verschlimmern könnte. Trotz der Drosselung des Geschäftes werde aber keine Endmontagelinie geschlossen. Alle Modelle würden weiter produziert, "aber in langsamerem Tempo", sagte Faury. An jedem Standort werde nach Möglichkeiten zur Kostensenkung gesucht. "Wir drehen jeden Stein um." dpa

Krankenkasse: Wenigste Krankmeldungen in einem Mai seit zehn Jahren

Samstag, 26. Juni, 12.31 Uhr: Bei der Techniker Krankenkasse haben sich für den Zeitraum Mai weniger Arbeitnehmer krank gemeldet als in den vergangenen zehn Jahre. Zu diesem Ergebnis kommt die Kasse nach einer eigenen Auswertung. Demnach lag der Anteil krankgeschriebener unter den rund 5,3 Millionen versicherten Erwerbstätigen bei 3,35 Prozent. Ein ähnlich niedriger Wert wurde zuvor im Jahr 2010 festgestellt. Der niedrigste Mai-Krankenstand wurde nach Angaben der TK 2006 mit 2,92 Prozent gemessen.

Aufgrund der Corona-Pandemie hatte der Krankenstand im März mit 6,88 Prozent noch den höchsten Wert seit 20 Jahren erreicht. Der Anstieg im März wurde unter anderem mit präventiven Krankmeldungen aufgrund der Corona-Pandemie erklärt. Bereits im April war der Wert auf rund vier Prozent gesunken.

Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, führt den seit April währenden Rückgang unter anderem auf das Ende der Erkältungssaison zurück, die jedes Jahr für hohe Fehlzeiten verantwortlich sei. "Zum anderen kommen da aber sicher auch eine Reihe von Faktoren hinzu: allgemein verbesserte Hygienemaßnahmen, mehr Homeoffice, weniger Sport-, Schul- und Wegeunfälle, aber auch Faktoren wie eine unsicherere Arbeitsmarktsituation."

Die Diagnose Covid-19 komme im Krankenstand vergleichsweise selten vor. Demnach waren im Monat Mai nur 0,35 Prozent der krankgemeldeten Beschäftigten davon betroffen. Im Vormonat waren es 0,64 Prozent. "Die Zahlen zeigen auch, dass die Menschen sehr verantwortungsvoll mit der telefonischen Krankschreibung umgegangen sind. Ein dauernder Anstieg von Arbeitsunfähigkeiten, wie von einigen Arbeitgebern befürchtet, hat sich nicht bestätigt", wird TK-Vorstandsmitglied Karen Walkenhorst zitiert. dpa

  • Pharmaindustrie: Beobachten und kassieren

EU-Kommission will Wettbewerbsrecht überprüfen

Samstag, 26. Juni, 10.41 Uhr: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will das EU-Wettbewerbsrecht überprüfen und damit künftig mögliche größere europäische Firmen-Zusammenschlüsse erleichtern. "Wir müssen angesichts des rasanten Wandels der Weltmärkte immer wieder sicherstellen, dass die Wettbewerbsregeln angemessen sind", sagte von der Leyen dem Handelsblatt laut Vorabbericht. Die EU müsse den Blick auf den globalen Markt beibehalten und dürfe den Einfluss anderer Märkte auf Europa nicht aus den Augen verlieren.

Damit kommt von der Leyen den Regierungen in Deutschland und Frankreich entgegen. Berlin und Paris drängen seit längerem auf eine Lockerung der EU-Fusionskontrolle, um Zusammenschlüsse europäischer Unternehmen zu erleichtern. Die Debatte wird geführt, seit die EU-Wettbewerbsbehörde den Zusammenschluss zwischen den Bahnsparten von Siemens und Alstom untersagt hatte, weil es zu einem Monopol in bestimmten Bereichen der Bahntechnik in Europa geführt hätte. Reuters

Kulturstaatsministerin will Hilfsmittel für Clubs in Millionenhöhe

Samstag, 26. Juni, 5.00 Uhr: Kulturstaatsministerin Monika Grütters stellt Clubs Hilfsmittel in Millionenhöhe in Aussicht. "Corona hat die Clubs hart getroffen: Sie waren die ersten, die schließen mussten, und sie werden voraussichtlich erst sehr spät wieder öffnen können. Deshalb müssen wir reagieren, um ein Clubsterben zu verhindern", sagte die CDU-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Grütters kündigte an: "In der kommenden Woche wird der Deutsche Bundestag das eine Milliarde Euro umfassende Konjunkturprogramm 'Neustart Kultur' verabschieden. Darin sind alleine 150 Millionen Euro für die überwiegend privatwirtschaftlich organisiere Musikkultur enthalten - ein Teil dieser Mittel steht auch den Clubs zur Verfügung, die Live-Aufführungen bieten." Darüber hinaus könnten die Clubs "pandemiebedingte Investitionen" beantragen sowie von Überbrückungshilfen des Bundeswirtschaftsministeriums profitieren.

Grütters nahm aber auch die Bundesländer in die Pflicht: "Unabhängig von den Leistungen des Bundes müssen im Übrigen natürlich auch die Länder ihren Beitrag für den Erhalt der Clubkultur leisten", sagte sie. "Denn wir brauchen die Clubs, sie sind nicht nur touristisch und wirtschaftlich für unsere Städte wichtig, sondern sie sind ein bedeutendes Charakteristikum unserer Kulturlandschaft in Deutschland", sagte die Berliner Christdemokratin.

Pamela Schobeß, Vorsitzende des Berliner Branchenvereins "Clubcommission", begrüßte die Ankündigung. Sie sagte den Zeitungen: "Wenn die Förderprogramme so kommen, wie sie angekündigt sind, ist das ein riesiger Schritt in die richtige Richtung und eine Chance, zu überleben." Die Lage sei dramatisch: "Wenn wir keine Förderung bekommen, bedeutet das das Ende der Berliner Clubkultur und damit auch der deutschen Clubkultur", sagte Schobeß. "Wir können uns nicht aus eigener Kraft über so einen langen Zeitraum - vor allem, wenn man nicht weiß, wie lang der Zeitraum ist - finanziell über Wasser halten. Wir haben keine Möglichkeit, unsere Fixkosten zu erwirtschaften. Das ist die bittere Wahrheit." KNA

Klöckner will gegen Dumpingpreise für Fleischprodukte vorgehen

Freitag, 26. Juni, 16.10 Uhr: Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will eine Tierwohlabgabe einführen und verstärkt gegen Dumpingpreise beim Fleisch vorgehen. Das Verbot, Güter unter Einstandspreis zu verkaufen, müsse von den Behörden durchgesetzt und möglicherweise verschärft werden, sagt Klöckner nach Beratungen in Düsseldorf mit Vertretern der Branche. Die Verbraucher würden vielfach durch Dumping-Preise für Fleisch und Wurst in die Märkte gelockt. "Es wird keine zweite Chance geben für die gesamte Branche", sagte Klöckner. Die Corona-Krise mit dem großen Infektionsausbruch beim Fleischproduzenten Tönnies sei wie ein Brennglas für die Situation. Die Fleischindustrie ist im Zuge von vermehrten Coronavirus-Ausbrüchen in Großbetrieben verstärkt in die Kritik geraten. Auch Fleisch-Unternehmer Clemens Tönnies war zu der Konferenz zugeschaltet. Reuters/dpa

USA: 1,4 Milliarden Dollar Corona-Direkthilfe gingen an Verstorbene

Freitag, 26. Juni, 7.21 Uhr: Die US-Regierung hat in der Corona-Krise Direkthilfen in Milliardenhöhe an fast 1,1 Millionen Verstorbene ausgestellt. Die Summe der Zahlungen belaufe sich für die Monate März und April auf annähernd 1,4 Milliarden US-Dollar (1,2 Mrd Euro), erklärte der Rechnungshof des US-Kongresses (GAO). Die Direkthilfen sind Teil eines Konjunkturpakets, das Schecks über 1200 Dollar für Millionen Amerikaner vorsah. Insgesamt seien 160,4 Millionen Zahlungen im Gesamtwert von 269 Milliarden US-Dollar gemacht worden, berichtete die überparteiliche Kontrollbehörde.

US-Medien wie die Washington Post hatten schon im April berichtet, dass einige Zahlungen an Verstorbene gingen, während Menschen mit Anspruch auf die Direkthilfe das Geld nicht bekamen. Der weitgehende Stillstand der Wirtschaft infolge der Corona-Pandemie hat die USA empfindlich getroffen. Deutlich mehr als 40 Millionen Menschen verloren seit Mitte März mindestens zeitweise ihren Job. dpa

Wohnimmobilien verteuern sich im ersten Quartal um 6,8 Prozent

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind im ersten Quartal ungeachtet der damals beginnenden Corona-Epidemie deutlich gestiegen. Sie lagen im Durchschnitt 6,8 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Das ist das kräftigste Plus seit anderthalb Jahren. Zum Vergleich: 2019 insgesamt lag der Anstieg bei 5,8 Prozent.

Zu Jahresbeginn verteuerten sich Wohnimmobilien sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. In den sieben größten Städten Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf waren Ein- und Zweifamilienhäuser 9,5 Prozent und Eigentumswohnungen 7,4 Prozent teurer als vor Jahresfrist. In den anderen Großstädten ab 100 000 Einwohnern stiegen die Häuserpreise um 8,3 und die für Eigentumswohnungen um 9,3 Prozent.

"Auch in dünn besiedelten ländlichen Kreisen wurden Wohnimmobilien im Durchschnitt teurer", betonten die Statistiker. Dort zogen die Preise für Häuser um 6,1 Prozent an und für Eigentumswohnungen um 4,9 Prozent. Reuters

Lufthansa und Gewerkschaft Ufo einigen sich auf Krisenpaket

Donnerstag, 25. Juni 2020, 6:30 Uhr: Unmittelbar vor der wichtigen Hauptversammlung der Lufthansa haben sich das Unternehmen und die Gewerkschaft Ufo auf ein Krisenpaket für die Flugbegleiter mit Einsparungen von mehr als einer halben Milliarde Euro verständigt. Das teilten Lufthansa und Kabinengewerkschaft Ufo in der Nacht zum Donnerstag mit.

Das Paket umfasst Ufo zufolge einen vierjährigen Kündigungsschutz sowie ein Einsparvolumen von mehr als einer halben Milliarde Euro bis Ende 2023. Die Lufthansa teilte mit, unter anderem würden Vergütungsanhebungen ausgesetzt sowie die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung zeitweise reduziert.

Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann bezeichnete den Abschluss als ein wichtiges Signal an die Mitarbeiter, an die Aktionäre und für die heutige außerordentliche Hauptversammlung. "Dadurch wollen wir betriebsbedingte Kündigungen in der Kabine der Lufthansa vermeiden." Der Ufo-Vorsitzende Daniel Flohr sagte, Ufo und Lufthansa bewiesen nach Jahren heftiger Auseinandersetzungen nun verantwortungsvolle Einigungs- und Handlungsfähigkeit. Die Lufthansa steht an diesem Donnerstag an einer Wegscheide. Die Aktionäre des Unternehmens entscheiden bei der außerordentlichen Hauptversammlung (Beginn 12.00 Uhr) darüber, ob sie den Staat für rund 300 Millionen Euro als Anteilseigner einsteigen lassen wollen oder nicht. Damit fest verbunden ist das neun Milliarden Euro schwere Rettungspaket, das in den Wochen zuvor mühsam zwischen Frankfurt, Berlin und Brüssel ausgehandelt worden war.

Die Lufthansa beschäftigt den Angaben zufolge 22 000 Kabinenmitarbeiter. Die getroffenen Vereinbarungen benötigen noch die Zustimmung der Ufo-Mitglieder.

Lufthansa-Großaktionär Thiele will offenbar Rettungspaket zustimmen

Mittwoch, 24. Juni, 20.40 Uhr: Der Lufthansa-Großaktionär Heinz Hermann Thiele will einem Bericht der FAZ zufolge dem Rettungspaket für die angeschlagene Airline zustimmen. Damit würde dem Einstieg des Staates bei der Fluggesellschaft nichts im Wege stehen. "Ich werde für die Beschlussvorlage stimmen", sagte Thiele der Zeitung.

Thiele könnte als größter Aktionär mit einem Anteil von 15,5 Prozent den Staatseinstieg verhindern. Grund ist die bereits feststehende geringe Beteiligung von weniger als 38 Prozent der Stimmrechte, die Thiele an diesem Schicksalstag der Lufthansa eine Sperrminorität verschafft. Er stimme gegen die Insolvenz, sagte Thiele der Zeitung, die ihn mit den Worten zitiert: "Es liegt im Interesse aller Lufthansa-Mitarbeiter, dass das Management zügige Verhandlungen mit den Gewerkschaften über die nötige Restrukturierung führen kann." dpa

Geschäftsklima verbessert sich deutlich

Mittwoch, 24. Juni, 10 Uhr: Nach dem historischen Tief hellt sich die Stimmung in den deutschen Chefetagen weiter auf. Der Ifo-Geschäftsklimaindex für Juni stieg auf 86,2 Zähler von 79,7 Punkten im Mai, wie das Münchner Ifo-Institut mitteilte. "Die deutsche Wirtschaft sieht Licht am Ende des Tunnels", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Anstieg auf 85 Punkte gerechnet. Die von dem Wirtschaftsinstitut befragten Manager schätzten ihre Geschäftsaussichten und - erstmals seit Beginn der Corona-Krise - zugleich auch ihre derzeitige Lage wieder günstiger ein als zuletzt. Reuters

Tönnies will Werkverträge teilweise abschaffen

Dienstag, 23. Juni, 13.05 Uhr: Deutschlands größter Schlachtbetrieb Tönnies reagiert auf die massive Kritik an der großen Zahl an Werksangestellten. Bis Ende des Jahres sollen alle Werkverträge "in allen Kernbereichen der Fleischgewinnung" abgeschafft und die Mitarbeiter in der Tönnies-Unternehmensgruppe eingestellt werden. Das teilte das Unternehmen am Dienstag. "Wir wollen auch in Zukunft in Deutschland Fleisch produzieren. Dafür brauchen wir die gesellschaftliche Akzeptanz", sagt Mitinhaber Clemens Tönnies. "Dies gilt über alle Ketten der Fleischproduktion und schließt ausdrücklich die Landwirtschaft mit ein."

Demnach soll außerdem eine digitale Zeiterfassung an allen deutschen Standorten eingeführt werden. Der nordrhein-westfälische Arbeits- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte wiederholt Kritik an der fehlenden digitalen Zeiterfassung geübt. "Der Tönnies kann Ihnen sagen, von welchem Schwein die Mettwurst ist - er kann aber keine digitale Zeiterfassung machen", sagte Laumann am Montag in der ARD-Sendung "Hart aber fair".

Eigenen Angaben zufolge will das Unternehmen darüber hinaus ausreichenden und angemessenen Wohnraum für die Beschäftigten der Unternehmensgruppe an den Standorten schaffen. Auch dieser Punkt soll möglichst bis zum 1. Januar 2021 umgesetzt werden.

Tönnies-Konkurrent Westfleisch hatte am Dienstag ebenfalls angekündigt, bis Ende des Jahres alle Mitarbeiter selbst einzustellen und auf Werkvertragsanbieter zu verzichten. dpa

Wirtschaftsweise korrigieren Konjunkturprognose erneut nach unten

Dienstag, 23. Juni, 12.00 Uhr: Nach dem Absturz der deutschen Wirtschaft im Corona-Jahr 2020 sieht der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - auch bekannt als Wirtschaftsweise - gute Chancen für einen Aufschwung im kommenden Jahr. "Die Corona-Pandemie wird voraussichtlich den stärksten Einbruch der deutschen Wirtschaft seit Bestehen der Bundesrepublik verursachen. Wir erwarten, dass jedoch ab dem Sommer eine Erholung einsetzt", erklärte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Lars P. Feld, am Dienstag.

Die Prognose für das laufende Jahr schraubten die Experten, die die Bundesregierung beraten, nach einer Reihe historisch schlechter Konjunkturwerte deutlich nach unten. Die Wissenschaftler gehen nun davon aus, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2020 um 6,5 Prozent schrumpfen wird. Damit reihte sich das Gremium ein in eine Reihe düsterer Prognosen. Zum Vergleich: In der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 ging das deutsche BIP um 5,7 Prozent zurück.

Wie viele andere Ökonomen, Institute und Verbände ist aber auch der Sachverständigenrat zuversichtlich, dass Deutschland schon im kommenden Jahr wieder auf Wachstumskurs zurückkehren wird. Für das Jahr 2021 prognostizieren die Forscher 4,9 Prozent Wachstum. Allerdings: "Eine Rückkehr auf das Niveau des BIP vor der Pandemie ist nicht vor dem Jahr 2022 zu erwarten." Für den Euro-Raum rechnet der Sachverständigenrat mit einem Rückgang des realen BIP im Jahr 2020 um 8,5 Prozent und einem positiven Wachstum von 6,2 Prozent 2021.

Mit der Lockerung der coronabedingten Einschränkungen seit Mai fasse die Wirtschaft allmählich wieder Tritt, stellte das Gremium fest. "Zudem dürften sich die Stützungsmaßnahmen und beschlossenen wirtschaftspolitischen Konjunkturimpulse positiv auswirken." Die Bundesregierung will die Wirtschaft mit einem 130 Milliarden Euro schweren Konjunkturpaket stützen. Union und SPD haben sich darauf verständigt, vorübergehend die Mehrwertsteuer zu senken und eine höhere Kaufprämie für Elektroautos zu zahlen. Zudem gibt es unter anderem Finanzspritzen für Familien und Kommunen.

Im ersten Quartal 2020 war die deutsche Wirtschaftsleistung nach Daten des Statistischen Bundesamtes zum Vorquartal um 2,2 Prozent geschrumpft - obwohl in dem Drei-Monats-Zeitraum von den Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus im Grunde nur der März betroffen war. Die Erwartungen für das zweite Quartal sind düster - auch wenn mittlerweile etliche Einschränkungen wieder gelockert wurden. "Im zweiten Quartal 2020 dürfte das BIP in Deutschland saisonbereinigt um knapp zwölf Prozent niedriger liegen als im Schlussquartal des Jahres 2019", schreibt der Sachverständigenrat.

Die Produktion in der deutschen Industrie sackte auf den tiefsten Stand seit mehr als 20 Jahren, für die Exportwirtschaft brachte der April "Horrorzahlen", wie es der Außenhandelsverband BGA nannte. Der Inlandstourismus kam zwischenzeitlich fast komplett zum Erliegen, das Gastgewerbe kämpft nach Einschätzung des Branchenverbandes Dehoga ums Überleben. Etliche Ökonomen rechnen für das Gesamtjahr mit einem deutlichen Anstieg der Firmenpleiten.

Ende März war der Sachverständigenrat noch optimistischer: Seinerzeit hatten die Experten als wahrscheinlichstes Szenario für Deutschland angenommen, dass es einen fünfwöchigen "Lockdown" geben wird und anschließend die Einschränkungen für Unternehmen sowie Konsumenten wieder gelockert werden. Für diesen Fall war das Gremium davon ausgegangen, dass das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr um 2,8 Prozent schrumpfen würde. Für den schlimmsten Fall unterstellten die "Wirtschaftsweisen" in ihrer März-Prognose ein Minus von 5,4 Prozent bei der Wirtschaftsleistung. dpa

Dienstag, 23. Juni, 8.00 Uhr: Nach der Zwangspause wegen des Coronavirus-Ausbruchs nimmt die Lufthansa wieder Linienflüge auf das chinesische Festland auf. Wie die Fluggesellschaft mitteilte, soll es ab Mittwoch jeweils einmal pro Woche eine Verbindung von Frankfurt nach Shanghai geben. Ein weiterer Flug ist jeden Freitag von Shanghai nach Frankfurt angesetzt. Laut Lufthansa sind es die ersten regulären Flüge der Gruppe nach Festlandchina seit Ende Januar.

Für Ausländer ist es jedoch weiterhin kompliziert bis unmöglich, nach China einzureisen. Infolge des Coronavirus-Ausbruchs hatte die Volksrepublik Visa und Aufenthaltsgenehmigungen ausgesetzt. Einreisen sind derzeit nur mit Sondergenehmigungen möglich.

Passagiere sollten laut Lufthansa bei der Planung ihrer Reise zudem die aktuellen Einreise- und Quarantänevorschriften der jeweiligen Destinationen beachten. Während der gesamten Reise könne es aufgrund der verschärften Hygiene- und Sicherheitsvorschriften zu Einschränkungen kommen, beispielsweise durch längere Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen der Flughäfen. Seit dem 8. Juni sind alle Fluggäste der Lufthansa verpflichtet, während der gesamten Reise eine Mund-Nasen-Bedeckung an Bord zu tragen. dpa

Unternehmen erwarten dauerhaft deutlich weniger Geschäftsreisen

Dienstag, 23. Juni, 7.45 Uhr: Die Mehrheit der deutschen Firmen rechnet infolge der Coronakrise mit einer dauerhaften Einschränkung ihrer Geschäftsreisen. 57 Prozent halten dies für wahrscheinlich, wie aus der Konjunkturumfrage des Ifo-Instituts hervorgeht. In der Industrie allein sind es sogar 64 Prozent, bei den Dienstleistern 60 Prozent. "Die Folgen der Coronakrise werden manche Branchen noch sehr lange begleiten, so Fluggesellschaften, Bahnen, Hotels und Restaurants", sagte Ifo-Forscher Stefan Sauer.

Weniger betroffen sind der Handel mit 39 Prozent und der Bau mit 29 Prozent. In der Industrie besonders wenig reisen wollen in Zukunft die Pharmabranche (80 Prozent) und die Hersteller von Computern (77 Prozent). Deutlich weniger unterwegs sein wollen zudem IT-Dienstleister und Unternehmensberater mit jeweils 80 Prozent sowie Firmen aus Forschung und Entwicklung (74 Prozent) und aus Werbung und Marktforschung zu (72 Prozent). reuters

Bundesregierung will Lufthansa-Paket nicht nachverhandeln

Montag, 22. Juni, 14.19 Uhr: Wie geht es weiter mit der Lufthansa? Darüber haben am Montag Finanzminister Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Lufthansa-Chef Carsten Spohr und Lufthansa-Hauptaktionär Heinz Hermann Thiele gesprochen. Nach knapp anderthalb Stunden, so verlautet aus Verhandlungskreisen, sei das Gespräch vorbei gewesen. Die Bundesregierung habe noch einmal das in zähen Verhandlungen geschnürte Paket erläutert, hieß es anschließend aus Verhandlungskreisen. Das sei in langen Gesprächen mit der Lufthansa vereinbart und mit der EU-Kommission abgestimmt worden. Wer nachverhandeln wolle, müsse das Paket aufschnüren. Das plane die Bundesregierung nicht. In drei Tage stimmen die Aktionäre der Lufthansa auf einer außerordentlichen Hauptversammlung über das Paket ab.

Carsten Schneider, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, kritisierte Großaktionär Thiele, der vor Kurzem angekündigt hatte, 700 Millionen Euro am Autozulieferer Knorr-Bremse zu verkaufen. "Herr Thiele hat bei seinem eigenen Unternehmen schon bewiesen, dass er die Hilfe der Solidargemeinschaft in Anspruch nimmt, um seine Gewinne einzustreichen", sagte Schneider der SZ. "Wenn er jetzt aber die Lufthansa gezielt in die Pleite treiben will, spielt er Monopoly." Die Lufthansa sei Teil der kritischen Infrastruktur. Die Stabilisierung dieses Unternehmens könne "nicht allein dem freien Spiel der Kräfte auf den Märkten überlassen werden", so Schneider.

Scholz hatte Ende der vergangenen Woche bereits Nachverhandlungen ausgeschlossen. Das Paket sei verhandelt, "Punkt", hatte Scholz in Berlin gesagt. Unmittelbar vor dem Treffen in Berlin hatte der Minister dann in einer Videoschalte anlässlich einer Bankenveranstaltung mitgeteilt, er wolle Thiele das Rettungspaket noch einmal detailliert erklären. "Ich glaube, über den Vorschlag zu diskutieren - was wir tun, um klarzumachen, worum es geht - könnte einen Konsens bringen", sagte Scholz. Cerstin Gammelin

Bundesbank: "Weiterhin gravierende Beschränkungen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens"

Montag, 22. Juni, 12 Uhr: Die Bundesbank rechnet mit einem deutlichen Einbruch der deutschen Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal. "Das Anfang Juni von den Koalitionsparteien vorgelegte Konjunkturpaket sollte zwar der konjunkturellen Erholung einen zusätzlichen Schub geben und könnte auch zur Verbesserung der Stimmung von Verbrauchern und Unternehmen beitragen", schreibt die Notenbank in ihrem Monatsbericht Juni. "Im zweiten Quartal dürfte es jedoch noch kaum Wirkung entfalten. Insgesamt könnte die Wirtschaftsleistung im Durchschnitt des laufenden Vierteljahres um beinahe ein Zehntel und damit noch erheblich stärker zurückgehen als im ersten Quartal."

In den ersten drei Monaten 2020 war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes zum Vorquartal um 2,2 Prozent geschrumpft. Damit stürzte Europas größte Volkswirtschaft in die Rezession - obwohl von den Einschränkungen zur Bekämpfung des Virus im ersten Vierteljahr im Grunde nur der März betroffen war.

Zwar werden die Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie inzwischen zunehmend wieder gelockert, nach Einschätzung der Bundesbank-Volkswirte bestehen jedoch "weiterhin gravierende Beschränkungen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens fort". Die gesamtwirtschaftliche Leistung sei "bis zuletzt noch weit unter ihrem Vorkrisenstand" geblieben.

Auch der Konsum - sonst eine der stabilsten Stützen der deutschen Wirtschaft - stockt. Die Bundesbank geht davon aus, dass "die Kauflust der Verbraucher vor dem Hintergrund der nach wie vor von der Pandemie ausgehenden Unsicherheiten und der bereits spürbar eingetrübten Arbeitsmarkt- und Einkommensaussichten vorerst gedämpft bleiben" wird. Nach Einschätzung vieler Ökonomen dürfte die deutsche Wirtschaft 2021 auf den Wachstumspfad zurückkehren. dpa

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: