Coronavirus:Lächeln statt Händeschütteln

Eröffnung der Spielwarenmesse 2020

Gesundheitsschutz: Bei der Spielwarenmesse in Nürnberg soll Desinfektion die Verbreitung von Viren verhindern.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Wegen des Coronavirus laufen die Sicherheitsmaßnahmen bei deutschen Messen auf Hochtouren. Verdachtsfälle gibt es noch keine, aber Einbußen schon.

Von Katharina Wetzel

Die Welt der Messe unter einem Dach. So wirbt der deutsche Messeverband Auma gerne für den hiesigen Standort. Doch derzeit stockt der Branche der Atem. Firmen sagen ihre Teilnahme ab, Besucher bleiben fern, eine Messe wurde bereits verschoben. Bei den deutschen Messen laufen die Sicherheitsmaßnahmen wegen des Coronavirus auf Hochtouren.

Viele haben Hinweise zu Covid-19 auf ihrer Website veröffentlicht, Frankfurt und München eine Hotline eingerichtet, die Deutsche Messe in Hannover hat sogar eine Taskforce bereitgestellt. Täglich ist der Messeverband im Austausch mit den Ministerien, Gesundheitsbehörden und dem Robert-Koch-Institut. Die Messen haben ihre Hygienevorkehrungen verstärkt. Türgriffe, Toilettenanlagen, Rolltreppenläufe, Automaten und Aufzugknöpfe werden häufiger gereinigt. Zudem sollen Handdesinfektionssäulen der Ausbreitung von Viren vorbeugen. Engen Kontakt vermeiden, Hände waschen und beim Niesen und Husten Mund und Nase mit der Armbeuge abdecken. Statt Werbebannern laufen Hygienetipps über Bildschirme.

Für ihren medizinischen Dienst hat die Messe Nürnberg chinesische Dolmetscher einbestellt. "Bisher hatten wir auf drei Weltleitmessen mit insgesamt 150 000 Ausstellern und Besuchern keinen einzigen Verdachtsfall", sagt Thomas Koch, Sprecher der Messe Nürnberg. Einbußen gibt es schon. Bei der Spielwarenmesse waren die Besucherzahlen leicht rückläufig, bei der Biofach, der Weltleitmesse für Biolebensmittel, kamen im Vergleich zum Vorjahr acht Prozent weniger Besucher. Von 78 Ausstellern aus China sind aufgrund der erschwerten Anreise 30 nicht gekommen.

Es grassiert die Angst, sich mit dem Virus anzustecken

"Manche Aussteller sind verunsichert, da sie ihre Mitarbeiter nicht dem Risiko aussetzen wollen. Dabei ist die Influenza laut den deutschen Gesundheitsbehörden viel kritischer zu sehen", sagt Koch. Die Angst grassiert, sich mit dem Coronavirus anzustecken.

Für die Frankfurter Konsumgütermesse Ambiente hatten viele sehr große deutsche und internationale Handelsunternehmen ein Reiseverbot für ihre Mitarbeiter ausgesprochen - wohl wegen der Befürchtung, dort auf Infizierte zu treffen. Dass chinesische Stände gezielt gemieden werden, sei jedoch kein Thema. Bei der Olympiade der Köche waren alle Menüs ausverkauft, auch das des chinesischen Nationalteams, heißt es etwa bei der Messe Stuttgart. Die Köche mussten sich vorab einer dreiwöchigen Quarantäne unterziehen. Aussteller, die sich vor Kurzem in einem der vom Robert-Koch-Institut definierten "Risikogebiete" aufgehalten haben, dürfen das Gelände der Messe Stuttgart nicht betreten.

"China gehört zu den wichtigsten Zielmärkten für deutsche Veranstalter"

Seriöse Schätzungen zu den Umsatzeinbußen für die deutsche Messebranche seien nicht möglich, so der Auma. Allein aus China kommen jährlich 17 000 Aussteller und 100 000 Besucher auf deutsche Leitmessen. Die Ausbreitung des Virus in anderen Ländern, wie etwa Italien, führt zu Verunsicherung und Quarantänemaßnahmen. Dies hat Auswirkungen auf das Messegeschäft weltweit. Nach einer neuen Bewertung der Situation wurde die weltgrößte Lichtmesse Light + Building in Frankfurt von Anfang März auf September verschoben. Andere große Messen in Deutschland sollen wie geplant stattfinden. Für die Reisemesse ITB in Berlin Anfang März gibt es bisher sechs Absagen chinesischer Aussteller. Die Messe Köln erwartet am 1. März rund 1200 chinesische Aussteller zur Internationalen Eisenwarenmesse, zu der aktuell nur wenige Aussteller abgesagt hätten.

In China wurden bereits gut 20 Veranstaltungen deutscher Messen abgesagt. "China gehört zu den wichtigsten Zielmärkten für deutsche Veranstalter", sagt Harald Kötter vom Auma. In keinem anderen Land gibt es so viele Ableger deutscher Messen wie in der Volksrepublik. Die Messe Frankfurt hat 2020 mit 39 Veranstaltungen die meisten Messen in China, gefolgt von der Deutschen Messe Hannover mit 24 Messen. Ob für ausgefallene Messen Ausweichtermine gefunden werden, ist fraglich. "Dies hängt auch von den Kapazitäten der Messegelände ab", meint Kötter. Die Geländebetreiber seien angesichts der oft langjährigen Zusammenarbeit daran interessiert, Kompromisse zu finden. Auch in Taiwan und Vietnam wurde jeweils eine Messe verschoben. Manche versuchen, der Lage mit einem Augenzwinkern zu begegnen. Lieber lächeln statt Hände schütteln, empfehlen etwa die Franken und verteilen Sticker mit dem Spruch "Shaking hands? Better give a smile".

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