Süddeutsche Zeitung

Corona-Krise:Tausende Mieter von Vonovia fürchten Geldprobleme

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Beendet das Coronavirus den Immobilienboom? Deutschlands größter Vermieter hält vorerst an seinen Gewinnzielen fest.

Von Benedikt Müller, Köln

Wenn wegen der Corona-Pandemie Hunderttausende Beschäftigte in Kurzarbeit gehen und vielen Selbstständigen die Einnahmen wegbrechen, dann spürt auch Deutschlands größter Wohnungskonzern die Folgen: 3000 Mieter haben sich an Vonovia gewandt, weil sie fürchten, dass sie sich ihre Wohnung bald nicht mehr leisten können. Diese Zwischenbilanz mit Stand Ende voriger Woche zieht Vorstandschef Rolf Buch. Zuvor hatte das Unternehmen den Mietern per Post angekündigt, sie müssten sich "keine Sorgen machen", wenn sie Mieten vorübergehend nicht vollständig zahlen könnten, so Buch. Man werde gemeinsam eine Lösung finden. "Auf keinen Fall werden wir Mietern kündigen, die aufgrund von Corona in Schwierigkeiten gekommen sind." Dies hat mittlerweile auch der Bund in einem neuen Gesetz unterbunden, das zunächst bis Ende Juni gilt.

Der Vonovia-Konzern hat mit seinen 416 000 Wohnungen jahrelang von der hohen Nachfrage nach Wohnraum in hiesigen Städten, steigenden Mieten und Kaufpreisen profitiert. In der Corona-Krise versucht Buch nun, Mieter und Investoren gleichermaßen zu beruhigen. "Es gibt im Moment ohnehin viele Unsicherheiten und Sorgen", sagt der 55-Jährige etwa. "Da wollen wir als Unternehmen nicht dazu beitragen, dass Menschen noch weiter verunsichert werden."

Konzerne wie Vonovia ziehen viel Kritik auf sich, weil sie - wo es Rechtslage und Nachfrage zulassen - regelmäßig Mieten erhöhen und viele Wohnungen modernisieren. Nun drosselt Buch vorerst das Tempo: "Solange die Corona-Krise akut ist, sprechen wir keine Mieterhöhungen in laufenden Verträgen aus", sagt der Vorstandschef. Auch wenn man Sanierungen abschließe, erhöhe man die Mieten vorerst bis September nicht. Große Vorhaben wie Aufstockungen oder Fassadenerneuerungen stelle Vonovia vorerst zurück. Mit dem Bau neuer Wohnungen schreite man ebenfalls langsamer voran, da etwa auch Bauarbeiter Abstandsregeln einhalten müssen.

Derlei Zurückhaltung werde dem Konzern zwar Geld kosten. "Doch glücklicherweise geben wir unsere Jahresziele immer mit einem gewissen Korridor an", sagt Buch. "Deshalb halten wir Stand jetzt an unserer Prognose fest."

"Wir geben grundsätzlich keine Prognosen darüber ab, wie sich der Wert unserer Immobilien entwickeln wird"

Ökonomen diskutieren derweil, ob die Corona-Krise den Immobilienboom in hiesigen Städten beenden wird. Nach Ansicht der Bundesbank ist Wohneigentum vor allem deshalb teurer geworden, weil die Bauzinsen niedrig und gleichzeitig die Einkommen vieler Menschen gestiegen sind. Zumindest diese Einkommenserwartungen trüben sich nun in der Krise ein. Auch Vonovia profitierte Jahr für Jahr davon, dass die Wohnungen in der Konzernbilanz immer wertvoller geworden sind.

"Wir geben grundsätzlich keine Prognosen darüber ab, wie sich der Wert unserer Immobilien entwickeln wird", sagt Buch. Das könne man als Unternehmen ohnehin nicht beeinflussen - außer durch gezielte Investitionen in bestimmte Immobilien. "Solange das öffentliche Leben ruht, werden weniger Immobilien verkauft", konstatiert Buch. "Ich glaube aber, dass sich das ändern wird, sobald Käufer beispielsweise wieder zum Notar gehen können."

Wenn der Konzern neue Wohnhäuser baut, sehe er weiterhin eine hohe Nachfrage, sagt Buch. "Es kann zwar sein, dass der Verkauf einzelner Wohnungen nun etwas länger dauern wird." Grundsätzlich bleibe Wohnraum in den Städten aber auch nach der Corona-Krise gesucht. "Unser Vonovia-Bestand, das sind bezahlbare Mietwohnungen", so Buch. "Dieses Segment wird immer gebraucht." Im vorigen Jahr vermietete der Konzern seine Wohnungen im Schnitt für 6,79 Euro pro Quadratmeter.

Während Vermieter von Einkaufszentren oder Hotels darunter leiden, dass viele Mieter nicht mehr zahlen können oder wollen, sieht Buch sein Geschäftsfeld Wohnen weiter im Aufwind. "Viele Menschen erleben jetzt, wie wichtig ihre Wohnung als sicherer Rückzugsort für sie und ihre Familie ist." Auch erhalte man zurzeit deutlich weniger Kündigungen.

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Quelle:
SZ vom 08.04.2020
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