Coronavirus:Staatshilfe rettet in der Krise viele Betriebe

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Zwei Drittel der 8500 Firmen, die an der Umfrage der Uni Mannheim und des ZEW-Instituts teilnahmen, haben in irgendeiner Form staatliche Hilfen beansprucht. (Foto: dpa)

Fast jede zweite Firma sagt, sie würde in der Corona-Pandemie ohne die Maßnahmen der Regierung nicht überleben. 80 Prozent der Unternehmen rechnen damit, dass es zu einer zweiten Infektionswelle kommt.

Von Alexander Hagelüken, München

Corona verursacht die schlimmste Rezession der Nachkriegszeit. Jetzt zeigt sich, dass die umfangreichen Staatshilfen den Unternehmen wirklich helfen. 44 Prozent der Firmen, die eine staatliche Stützmaßnahme beantragten, halten diese im Nachhinein für überlebenswichtig. Ohne die Hilfe würden sie die Krise nicht überstehen, gaben diese Betriebe in einer Umfrage der Universität Mannheim und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) an, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Zwei Drittel der 8500 Firmen, die am German Business Panel teilnahmen, haben in irgendeiner Form staatliche Hilfen beansprucht. Die drei meistgenutzten Maßnahmen sind Kurzarbeitergeld, Corona-Soforthilfe und die Stundung von Steuerzahlungen. "Die Daten des German Business Panels zeigen, dass das Konjunkturpaket betroffene Unternehmen erreicht hat und diesen zumindest kurzfristig helfen konnte", bilanziert der ZEW-Ökonom Florian Buhlmann.

Aus den Daten lässt sich auch herauslesen, dass die staatlichen Stützprogramme ziemlich zielgenau wirken. In Branchen mit weniger starkem Gewinneinbruch nahmen deutlich weniger Unternehmen die Hilfen in Anspruch als in Wirtschaftszweigen, die stärker betroffen sind. In der Umfrage meldeten zahlreiche Branchen einen Gewinneinbruch von mehr als 50 Prozent: Getränkehersteller genau wie Gastronomen, Hotels, Reisebüros, Künstler, Kreative, Unterhaltung und Erholung.

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Über die gesamte deutsche Wirtschaft zeigt sich, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen in der Corona-Pandemie mindestens zehn Prozent Umsatz verlor. 40 Prozent der Betriebe verloren sogar mindestens 30 Prozent Umsatz. Trotz der im internationalen Vergleich außergewöhnlich umfangreichen Staatshilfe haben viele Unternehmen Sorgen um die Zukunft.

"Unternehmen in Branchen, die stark von Corona betroffen sind, bleiben trotz hoher Inanspruchnahme der Staatshilfen pessimistisch bezüglich ihrer Überlebenschancen", berichtet der Ökonom Davud Rostam-Afschar von der Universität Mannheim. "Daher werden möglicherweise weitere staatliche Maßnahmen benötigt, um auch mittelfristig eine Pleitewelle zu vermeiden."

Wie es für die Unternehmen und die Arbeitsplätze in Deutschland weitergeht, zeigt sich erst in den nächsten Monaten. Noch gibt es keine Entlassungswelle. Nach den letzten Schätzungen der Bundesagentur für Arbeit sind etwa sieben Millionen Bundesbürger in Kurzarbeit. Statt Beschäftigte zu entlassen, halten die Unternehmen sie lieber, unterstützt durch hohe staatliche Zuschüsse.

Die Wirtschaftsleistung ist im zweiten Quartal von April bis Juni um zehn Prozent eingebrochen. Etwa seit Mai geht es aber wieder aufwärts. Einige Ökonomen hoffen nach wie vor auf eine starke Erholung, die den Einbruch durch die Pandemie rasch kompensiert. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte am Wochenende, das Wachstum könne 2021 mit fünf bis zehn Prozent so stark sein wie das Minus in diesem Jahr. Zuletzt stützten positive Daten diese Hoffnung. So nahmen die Aufträge der Industrie im Juni um 28 Prozent zu, dreimal so stark wie von Ökonomen erwartet. In der Autoindustrie lagen die Auftragseingänge immerhin bei 90 Prozent des Niveaus von vor der Krise. Im April waren es nur 37 Prozent gewesen.

Allerdings zeigt die Umfrage von ZEW und Universität Mannheim, dass die Unternehmen noch reichlich Herausforderungen sehen. Jeder zweite Betrieb rechnet damit, dass es noch länger als ein Jahr dauern wird, bis das öffentliche Leben in Deutschland nicht mehr durch die Corona-Pandemie eingeschränkt ist. 80 Prozent der Unternehmen erwarten, dass es zu einer zweiten Infektionswelle kommt. Dabei nehmen fast alle an, dass sich diese vor Ende des Jahres ereignen werde. Die Frage ist, ob es gelingt, die Infektionswelle lokaler zu bekämpfen als im Frühjahr - und dadurch Bürger und Unternehmen weniger flächendeckend einzuschränken.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert bereits, das Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise deutlich zu verlängern. "Wenn wir Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt verhindern wollen, müssen wir die aktuelle Regelung bis zum März 2022 aufrechterhalten und das Kurzarbeitergeld weiter aufstocken", sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann der Bild am Sonntag. Jeder Kurzarbeiter sei ein Arbeitsloser weniger.

© SZ vom 10.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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