Etwa die Hälfte der Menschen in Deutschland hat mittlerweile eine Auffrischungsimpfung erhalten. Wer noch keinen Booster bekommen hat, riskiert als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer im Falle einer Infektion ohne Einkommen dazustehen, je nachdem, wie lange die letzte Impfung zurückliegt. Darauf hat nun ein Kurzgutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages aufmerksam gemacht, über das zuerst die Bild-Zeitung berichtet hat. Das gilt allerdings nicht für alle Infizierten. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wer muss im Fall einer Corona-Infektion mit einem Ausfall des Verdienstes rechnen?
Grundsätzlich diejenigen, die den öffentlichen Empfehlungen zu Impfungen nicht gefolgt sind, in Quarantäne geschickt werden und deshalb nicht arbeiten können. Laut Infektionsschutzgesetz steht Betroffenen in Quarantäne eigentlich eine Entschädigung zu, das heißt, der Arbeitgeber zahlt den Lohn weiter, holt sich das Geld dann aber vom Staat wieder. Dies aber gilt laut Gesetz nicht, wenn ein Betroffener dies durch eine gesetzlich vorgeschriebene oder empfohlene Impfung "hätte vermeiden können". Derzeit empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) eine Auffrischungsimpfung mindestens drei Monate nach einer ersten vollen Immunisierung. Laut Bundesgesundheitsministerium müssen doppelt Geimpfte in den 90 Tagen nach der zweiten Impfung nicht in Quarantäne. "Wer danach als Geimpfter ohne Auffrischimpfung in Quarantäne muss, hätte bei entsprechender Landesempfehlung in der Tat keinen Anspruch mehr auf Lohnfortzahlung", erklärt das Ministerium. Es kommt also auch darauf an, ob das jeweilige Bundesland die Regel umgesetzt hat, hier können Übergangsfristen gelten.
Was gilt im Falle einer Corona-Erkrankung?
Bei Kranken greifen laut Katja Giese, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Kliemt, andere Regeln. Solange es keine allgemeine Impfpflicht gebe, "bekommt auch ein freiwillig ungeimpfter Mitarbeiter weiterhin sein Gehalt im Rahmen der gesetzlichen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall", sagte Giese der SZ.
Was gilt für Genesene?
Dasselbe wie bei den Geimpften oder nicht Geimpften. "Auch diese Person ist freiwillig ungeimpft und bekommt im Krankheitsfall weiterhin Gehalt", sagt Giese. Wenn jemand nicht erkrankt, aber in Quarantäne muss, droht wiederum ein Verdienstausfall. Der Genesenenstatus gilt drei Monate, die Frist beginnt zu laufen an dem Tag, an dem die Corona-Infektion in einem Labor nachgewiesen wurde.
Und wenn Arbeitnehmer wegen der Betreuung von an Corona erkrankten Kindern nicht arbeiten können, diese Erkrankung jedoch durch empfohlene Impfungen hätte vermieden werden können?
"Vermutlich lässt sich das übertragen", sagt Katja Giese. Noch aber gibt es keine entsprechende Vorgabe. Die Stiko hat zwar vergangene Woche eine Auffrischungsimpfung auch für Zwölf- bis 17-Jährige empfohlen, allerdings befindet sich dieser Beschluss noch im sogenannten Stellungnahmeverfahren, greift also noch nicht. Wenn die Empfehlung wirksam ist, könnte dies also darauf hinauslaufen, dass Eltern einen Verdienstausfall hinnehmen müssen, wenn sie ihre ungeimpften Kinder in Quarantäne betreuen müssen, falls eine Impfung offiziell empfohlen war. Falls das Kind aber erkranke, "gelten dieselben Regeln wie bei jeder anderen Erkrankung eines Kindes", sagt Giese, der Lohn werde also weitergezahlt.
Was gilt im Falle einer Infektion durch Reisen in Hochrisikogebiete oder andere Gebiete, bei denen vor einer Einreise gewarnt oder abgeraten wurde?
In diesem Fall hat ein Mitarbeiter keinen Anspruch auf Gehalt, weil er oder sie die Arbeitsunfähigkeit selbst "mitverursacht" habe, sagt Giese. Ganz unabhängig von der Frage der Impfung sei er selbst in das Risikogebiet gereist und habe sich damit freiwillig in Gefahr gebracht.
Sind weitere Änderungen absehbar?
Sobald sich die offiziellen Empfehlungen oder Vorschriften ändern, gelten auch für den Verdienstausfall neue Regeln, denn das Infektionsschutzgesetz verweist auf die jeweils aktuellen Corona-Vorgaben. Grundsätzlich gilt stets: Wer sich nicht an den Rat oder die gesetzlichen Vorschriften hält, kann seinen Verdienst einbüßen. Als nächstes dürfte die Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche greifen. Eine allgemeine Impfpflicht würde weitere Änderungen mit sich bringen, voraussichtlich auch für die Lohnfortzahlung von Corona-Erkrankten.