Süddeutsche Zeitung

Deutsche Modebranche:Große Namen, ganz klein

Strenesse schließt endgültig, Bogner muss viele Jobs streichen - die deutschen Modefirmen haben schon lange zu kämpfen. Die Corona-Pandemie hat die Krise nun noch verschlimmert.

Von Caspar Busse

Es ist das stille Ende einer großen Geschichte: In dieser Woche gab die Modefirma Strenesse bekannt, dass zum Jahresende der Betrieb endgültig eingestellt werde. Die letzte 56 Mitarbeiter sind ihren Job los, der Name wird wohl schnell verschwinden. Dabei stand Strenesse einmal für erfolgreiche Mode aus Deutschland. Bundestrainer Jogi Löw trug lange am Spielfeldrand weiße Hemden und blaue Pullover der Marke, zeitweise stattet Strenesse sogar die Fußball-Nationalmannschaft aus. Alles vorbei.

Dabei ist Strenesse kein Einzelfall. Eine ganze Reihe von bekannten Modemarken aus Deutschland sind in großen Schwierigkeiten oder haben diesen Kampf - wie Strenesse - bereits verloren. Gerry Weber zum Beispiel musste nach einer aus dem Ruder gelaufenen Expansion der Geschäfte im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden und wird nun saniert. Die Geschäfte von René Lezard wurden eingestellt. Esprit befindet sich ist in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, die Firma will nun die Hälfte der Shops schließen und tausend Jobs abbauen. Auch Tom Tailor ist in großer Not. Selbst bekannte Namen wie Escada und Hugo Boss kämpfen. Die börsennotierte Herrenmode-Firma aus Metzingen wird Anfang August Quartalszahlen vorlegen, Analysten erwarten deutliche Umsatzrückgänge. Wer kauft in der Corona-Krise auch teure Anzüge und Krawatten?

Das Problem ist: Vielen Unternehmen aus der Modebranche ging es auch schon vor der Corona-Krise schlecht. Gegen den Onlinehandel und angesichts des Erfolgs von Anbietern wie Primark, H&M oder Zara sahen sie alt aus - nicht nur in Bezug auf die Kollektionen. Junge Käufer gingen verloren. Manche Eigentümer haben zu spät reagiert. Dann kam die Pandemie, die Läden sind zu, der Modehandel leidet, die Situation verschärft sich.

Auch bei Bogner. Die Münchner Traditionsfirma, die mit dem Wintersport groß wurde und noch immer Willy Bogner gehört, ist schon lange in Schwierigkeiten und kämpft ums Überleben, die Umsätze sind gesunken, es gab Personalquerelen, gescheiterte Verkaufsverhandlung, Probleme mit den Steuerbehörden. Dann kam auch noch Corona. Jetzt will Bogner 150 der derzeit noch 800 Jobs abbauen und verhandelt über neue Darlehen der Banken, auch mit der staatlichen LfA Förderbank Bayern. Das Unternehmen sei hoch verschuldet, aber nicht überschuldet, sagt ein Sprecher. Zudem soll die Hauptverwaltung im Münchner Osten veräußert werden, die Immobilien in Eigenbesitz ist eine der letzten Reserven. Angebote für einen Verkauf der Firma hatte Eigentümer Willy Bogner, der die Marke groß gemacht hatte, in den vergangenen Jahren immer wieder abgelehnt.

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Strenesse geht es ebenfalls schon lange schlecht, das Unternehmen musste zuletzt zwei mal innerhalb weniger Jahre, 2014 und 2019, Insolvenz anmelden. Die Familie Strehle hatte 1949 im schwäbischen Nördlingen eine Textilfabrik für Damenoberbekleidung gegründet. In den Jahrzehnten wuchs die Fabrik beständig, die Produktlinie Strenesse tauchte erstmals Ende der 1960er Jahre auf. Die Marke ist ein Kunstwort aus dem Namen der Eigentümerfamilie und dem französischen Wort "Jeunesse", das für Jugend steht. In den 1990er Jahren schaffte es Strenesse, als Marke auch international bekannt zu werden, es gab eigene Filialen. Strenesse präsentierte sich in Mailand, die schwäbische Mode wurde in Japan verkauft, ein Tochterunternehmen in den USA gegründet. Doch dann lief es immer schlechter, die Familie gab die Kontrolle ab, eine Wende gelang aber nicht - jetzt also das endgültige Aus.

"Das Problem ist, dass der Markt nur leicht wächst, es findet zunehmend eine Verdrängung statt", hatte einmal Andreas Baumgärtner, von 2017 bis Frühjahr 2020 Chef von Bogner, gesagt. Und er fügte an: "Wenn wir eine Chance haben wollen, brauchen wir ein scharfes Profil. Wir müssen für etwas stehen." Genau das ist oft das Problem deutscher Modefirmen.

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Quelle:
SZ vom 25.07.2020
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