Corona-Krise:Pandemie macht Sozialbeiträge teurer

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Auf dem Tempelhofer Feld in Berlin kann man es aushalten. Aber schöne Spaziergänge allein werden die Sozialkassen nicht füllen. (Foto: Andreas Friedrichs/imago)

Arbeitnehmer müssen ohnehin bald viel mehr in die Renten- und die Krankenkasse zahlen - wegen der Alterung der Gesellschaft. Ein Gutachten zeigt, dass politische Eingriffe die Kosten zusätzlich erhöhen.

Von Alexander Hagelüken

Renten, Gesundheit und Pflege werden in den kommenden Jahren deutlich teurer. Die Alterung der Gesellschaft treibt die Sozialbeiträge der Arbeitnehmer und Firmen bis 2040 von heute unter 40 auf 46 Prozent der Bruttolöhne. Das geht aus einem neuen Prognos-Gutachten hervor, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Dabei führen politische Eingriffe in der Corona-Pandemie zu dauerhaften Zusatzkosten für jene, die die Sozialversicherung finanzieren.

In den nächsten Dekaden verabschieden sich die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Berufsleben, die in den 1950er- und 1960er-Jahren geboren wurden. Die Zunahme an Ruheständlern, die längere Lebenserwartung und der Geburtenschwund haben Konsequenzen. Laut Statistischem Bundesamt dürften im Jahr 2040 ein Drittel mehr Bürger über 66 Jahren gut zehn Prozent weniger 20- bis 66-Jährigen gegenüberstehen als heute.

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Damit wird es schwieriger, die Leistungen aus der Sozialversicherung zu finanzieren. Das gilt vor allem für die Renten, die ja die aktuellen Arbeitnehmer und ihre Firmen durch Sozialbeiträge finanzieren, zudem die Steuerzahler. Es gilt aber auch für Gesundheit und Pflege. Das Prognos-Institut hat für die marktliberale Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) berechnet, wie gerade wegen der demografischen Entwicklung die Sozialbeiträge steigen: In der Rentenversicherung von heute 18,6 bis 2040 auf 23,5 Prozent. Bei der Krankenkasse von 15,7 (inklusive durchschnittlichem Zusatzbeitrag) auf 17,4 Prozent. Und bei der Pflege von drei auf 3,7 Prozent. Nur die Arbeitslosenbeiträge sinken.

Prognos geht dabei von einem beachtlichen realen Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent pro Jahr aus. Der Rückgang an Arbeitnehmern werde teils dadurch kompensiert, dass gerade Teilzeitbeschäftigte künftig mehr arbeiteten.

Die Corona-Pandemie hat laut Berechnungen mehrere Folgen. So wird die Wirtschaftsleistung von vor der Krise erst Mitte 2022 wieder erreicht. Dass die Pandemie Umsätze und Jobs vernichtet, erhöht die Sozialbeiträge, die Arbeitnehmer und Firmen zahlen müssen. So steigt der Beitrag zur Arbeitslosenkasse bis 2040 um 0,2 Prozent, weil die Corona-Krise kurz- und mittelfristig zu etwas mehr Arbeitslosigkeit führt. Aktuell sind etwa eine halbe Million Bürger mehr auf Stellensuche.

Früher wurden Renten nach Jahren mit sinkenden Löhnen geringer erhöht, jetzt nicht mehr

Den größten Effekt haben politische Eingriffe in die Renten, die in der Corona-Krise ihre Wirkung zeigen. Die Altersbezüge der mehr als 20 Millionen Rentner steigen normalerweise mit den Löhnen des Vorjahrs, in Wirtschaftskrisen sinken sie mit ihnen. Durch eine Garantie gilt seit der Finanzkrise 2008/09 aber, dass die Renten bei sinkenden Löhnen nicht sinken, sondern konstant bleiben. Diese ausbleibende Senkung wurde dann in folgenden Jahren durch geringere Rentenerhöhungen nachgeholt.

Doch diesen Nachholfaktor hat die Regierung inzwischen bis 2026 ausgesetzt. Die Renten sinken dieses Jahr nicht, obwohl die Löhne 2020 um zwei Prozent geschrumpft sind, und diese Schrumpfung wird auch später nicht ausgeglichen. Dass durch die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise die Löhne dieses Jahr besonders stark zunehmen, wirkt sich aber voll auf die Rentenerhöhung aus - die 2022 wohl um etwa fünf Prozent wachsen werden. Die Altersbezüge steigen also stärker, als sie es bei normaler Wirtschaftsentwicklung ohne Corona-Krise getan hätten.

Dieser Effekt erhöht dauerhaft den Rentenbeitrag, rechnen Oliver Ehrentraut und die anderen Prognos-Forscher vor. Arbeitnehmer und Firmen müssen 2040 deswegen 0,6 Prozent mehr zahlen als ohne Pandemie. Insgesamt treiben Corona-Folgen die Sozialbeiträge um 1,2 Prozent nach oben.

Mit 46 Prozent des Bruttolohns lägen die Beiträge zur Sozialversicherung laut Gutachten 2040 deutlich über den 40 Prozent, die Wirtschaftsverbände seit Jahren als Maximum fordern. Wie teuer wäre es für Staat und Steuerzahler, die Beiträge ohne Reformen etwa der Rente bei 40 Prozent zu stabilisieren? Teuer, so Prognos. Demnach klafft allein im Jahr 2040 ein Finanzbedarf von 114 Milliarden Euro in heutigen Preisen. Zusammen mit den staatlichen Transfers an die Sozialversicherung ergeben sich Ausgaben von 325 Milliarden Euro oder 14 Prozent der gesamten Staatsausgaben.

Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, dass die Steuerzahler auch eine deutliche Zunahme der Pensionen an Beamte zu finanzieren haben, bei denen die gleiche Alterung wirkt. Beamte leisten anders als Arbeitnehmer keine nennenswerten Beiträge für ihren Ruhestand, beziehen aber im Schnitt deutlich höhere Altersbezüge als gesetzliche Rentner. Nach Ansicht vieler Ökonomen werden die Beamtenpensionen in den nächsten Jahrzehnten zu einer immensen finanziellen Belastung.

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