Corona-Krise:Heftiger Einbruch der britischen Wirtschaft

Die Folgen der Pandemie treffen Großbritannien härter als alle anderen führenden Industrienationen: Die Wirtschaftsleistung des Landes brach zuletzt um ein Fünftel ein.

Die Corona-Pandemie hat in Großbritannien deutlichere Spuren hinterlassen als in anderen führenden Industrieländern. Die Wirtschaftsleistung, also das Bruttoinlandsprodukt (BIP), brach von April bis Juni um 20,4 Prozent im Vergleich zum Vorquartal ein. "Die durch die Coronavirus-Pandemie ausgelöste Rezession hat zum größten Rückgang des vierteljährlichen BIP geführt, der jemals verzeichnet wurde", sagte Jonathan Athow vom Statistikamt ONS. Die Aufzeichnungen werden in dieser Art seit 1955 erstellt.

Die Regierung rechnet zwar im laufenden Sommerquartal mit einem Ende der Rezession, sieht aber keine rasche Rückkehr zu Normalität. "Die heutigen Zahlen bestätigen, dass harte Zeiten angebrochen sind", sagte Finanzminister Rishi Sunak. "Hunderttausende Menschen haben bereits ihre Arbeit verloren, und leider werden es in den kommenden Monaten noch viel mehr sein." Die Notenbank befürchtet, dass es bis Ende 2021 dauern werde, bis die Wirtschaft zu alter Stärke zurückfindet.

Die Pandemie hat Großbritannien besonders heftig zugesetzt: Dem Statistikamt zufolge wurden zwischen März und Juni mehr als 50 000 Todesfälle mit dem Virus in Verbindung gebracht - mehr als in jedem anderen Land Europas. Premierminister Boris Johnson hatte nach anfänglichem Zögern Ende März einen harten Lockdown durchgesetzt, der weite Teile der Wirtschaft zum Erliegen brachte. So mussten Pubs und Restaurants bis zum 4. Juli geschlossen bleiben - deutlich länger als anderswo. Deshalb schrumpfte die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt mehr als doppelt so stark wie etwa Deutschland, das im zweiten Quartal ein Minus von gut zehn Prozent meldete. Die US-Wirtschaft brach um 9,5 Prozent ein. Selbst die stark von der Krise betroffenen südeuropäischen Staaten Italien (minus zwölf Prozent) und Spanien (minus 19 Prozent) stürzten nicht ganz so schlimm ab wie Großbritannien.

Die Wirtschaft wächst wieder, doch es gibt kaum Hoffnung auf eine rasche Erholung

Inzwischen gibt es aber Signale, dass die britische Wirtschaft mit der Aufhebung vieler Beschränkungen wieder auf die Beine kommt. Im Juni allein wuchs sie um 8,7 Prozent zum Mai. "Die Wirtschaft begann sich im Juni zu erholen", sagte Athow vom Office for National Statistics. "Trotzdem liegt das BIP immer noch ein Sechstel unter dem Niveau vom Februar, also bevor das Virus zuschlug."

Die Handelskammer rechnet freilich nicht mit einer zügigen Rückkehr zum früheren Niveau. Die Aussichten auf eine rasche Erholung seien nach wie vor gering, da die Produktionszuwächse in den kommenden Monaten nachlassen könnten, sagte ihr Ökonom Suren Thiru. Der durch die Corona-Pandemie verursachte wirtschaftliche Schaden werde die Konjunktur künftig belasten, "besonders, da staatliche Unterstützungsmaßnahmen auslaufen". Nach einer Prognose der britischen Notenbank könnte die Wirtschaftsleistung auf das ganze Jahr gesehen um 9,5 Prozent zurückgehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: