Süddeutsche Zeitung

Kaufprämie für Autos:SPD verprellt die IG Metall

Weil die Partei sich gegen eine Kaufprämie für Diesel und Benziner gestellt hat, ist das traditionell enge Verhältnis zur Gewerkschaft schwer beschädigt.

Von Henrike Roßbach und Mike Szymanski, Berlin

Das Nein der SPD zu einer Kaufprämie für Autos mit Benzin- und Dieselmotoren hat zu schweren Verwerfungen im traditionell engen Verhältnis der Partei zur IG Metall geführt. Beide Lager zeigten sich am Montag bemüht, den Bruch zu verhindern. Die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans betonten nach einer Präsidiumssitzung, das 130 Milliarden Euro schwere Konjunkturpaket biete eine "gute Grundlage", um im Gespräch zu bleiben - auch ohne Prämie für Autos mit fossilen Antrieben. Auch aus der IG Metall kamen erste versöhnliche Töne.

Die IG Metall und die Autoindustrie hatten vor den Verhandlungen von Union und SPD zu Konjunkturhilfen vehement eine Prämie auch für Benzin- und Dieselautos gefordert. Maßgeblich auf Betreiben von Esken und Walter-Borjans aber kam es anders. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sprach daraufhin von einem massiven Vertrauensverlust zwischen Beschäftigten der Autoindustrie und der SPD.

Auch Roman Zitzelsberger, Leiter des IG-Metall-Bezirks Baden-Württemberg, sagte am Montag der SZ: "Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass eine SPD sich immer um die Beschäftigten der Industrie als ihre Kernklientel kümmern muss." Dennoch plädierte er dafür, "nach der ersten Aufregung die Kirche im Dorf zu lassen". Nun gehe es darum, "genau zu beobachten, ob wir durch die Mehrwertsteuersenkung den Verkauf angekurbelt kriegen".

Genau das verspricht die SPD-Spitze. Man werde die Wirkung des Konjunkturpakets auf die Autoindustrie genau in den Blick nehmen, beteuerte Walter-Borjans. Nachverhandlungen wolle er damit allerdings keineswegs in Aussicht stellen. Die SPD-Spitze zeigte sich überzeugt, dass die Autoindustrie auch jenseits einer Kaufprämie starke Unterstützung erfahre, etwa durch die "massive" finanzielle Unterstützung von Forschung und Entwicklung, um den Übergang zu alternativen Antrieben besser zu schaffen. Hinzu kämen steuerliche Hilfen. Die SPD hatte sich besonders unter den früheren Vorsitzenden Sigmar Gabriel und Andrea Nahles bemüht, das Verhältnis zu den Gewerkschaften zu entkrampfen. Nahles etwa hatte mit einem neuen Sozialstaatskonzept Vertrauen zurückgewonnen, das Korrekturen an den umstrittenen Hartz-IV-Reformen vorsieht.

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Ausgestanden sein dürfte der aktuelle Konflikt trotz der versöhnlicheren Tonlage nicht. Inhaltlich bleibt die IG Metall bei ihrer Haltung. Zitzelsberger sagt, er habe in allen politischen Gesprächen, auch mit Vertretern der SPD, stets deutlich gemacht, dass die Forderung der IG Metall keine gegen, sondern eine für den Klimaschutz sei, weil auch die Förderung sparsamer Benzin- und Dieselautos den CO₂-Ausstoß verringert hätte. Grundsätzlich sei die Richtung für die IG Metall klar: "In 20 Jahren wollen wir mit allen automobilen Produkten CO₂-neutral sein." Aber im Hier und Jetzt fehle den Betrieben die Kraft für Zukunftsinvestitionen. "Wir kennen die Sparprogramme, und wir kennen auch erste Stellenabbauprogramme."

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SZ vom 09.06.2020/mxh
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