Corona-Impfstoff:Biontech kauft Kapazitäten

Biontech - Labor

Die Zentrale des Biotechnologieunternehmens Biontech in Mainz. Bis zur neuen Produktionsstätte in Marburg ist es nicht weit.

(Foto: dpa)

Das Unternehmen übernimmt von Novartis eine Anlage in Marburg.

Von Elisabeth Dostert, München

Biontech stockt seine Kapazitäten zur Produktion eines Impfstoffes gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 kräftig auf. Wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte, wird es eine Produktionsstätte des Schweizer Konzerns Novartis in Marburg mit 300 Mitarbeitern übernehmen und damit seine Kapazitäten um bis zu 750 Millionen Dosen pro Jahr erhöhen. Die Anlage sei voll ausgestattet, sagte Biontech-Finanzchef Sierk Poetting in einer Videokonferenz: "Wir können direkt einziehen und anfangen, den Impfstoff zu produzieren", Allerdings fehlt für Boten-RNA, auf der Biontechs Impfstoff beruht, noch die Herstellererlaubnis der Landesbehörden.

Einen Kaufpreis für das Werk wollte der Finanzchef nicht nennen. Auf die Frage, warum Biontech nicht Novartis für sich produzieren lasse, antwortete Poetting, es sei gut, wenn man "die volle Kontrolle und den vollen Zugriff hat". Außerdem wolle Biontech das Werk auch für die Herstellung anderer potenzieller Produkte nutzen, etwa in der Onkologie. "Wir haben eine große Pipeline."

Biontech hat bereits Werke am Stammsitz in Mainz als auch in Idar-Oberstein. Der US-Partner Pfizer verfügt über Produktionsstätten in den USA und Belgien. Bislang war die Kapazität auf 1,3 Milliarden Dosen bis Ende 2021 beziffert worden. Durch Marburg dürfte sie sich "um einige Hundert erhöhen", so Poetting.

Allein im ersten Halbjahr 2021 sollen in Marburg bis zu 250 Millionen Dosen des Impfstoffes BNT 162b2 hergestellt werden. Biontech hat bereits Lieferverträge, etwa mit den USA, Japan und EU. In diesem Jahr wolle Biontech bis zu 100 Millionen Dosen herstellen, davon werde ein Teil in die USA und nach Europa gehen. Der Impfstoff ist noch nicht zugelassen. Er befindet sich in der klinischen Phase 3. "Wir erwarten, dass wir Ende Oktober/Anfang November Wirksamkeitsdaten haben werden", sagt Ugur Sahin, Biontech-Mitgründer und Vorstandschef. Falls diese positiv ausfallen, soll die Zulassung unverzüglich in den USA und der EU beantragt werden.

Bislang seien weltweit 29 000 Probanden rekrutiert worden, sagte Sahin. Insgesamt sollen es 44 000 werden. Die Tests würden vor allem an Standorten mit einem "hohen Infektionsgeschehen" durchgeführt, etwa in den USA, Brasilien, Argentinien, aber auch in Deutschland. Die Türkei und Südafrika sollen folgen. In die Studie sollen auch Patienten mit HIV- oder Hepatitis-Erkrankung aufgenommen werden.

In der klinischen Phase befinden sich auch weitere Impfstoffkandidaten von Biontech, erläuterte Sahin. "Wir gehen davon aus, dass Covid-19 uns auch in den nächsten Jahren leider begleiten wird." Deshalb wolle Biontech ein Entwicklungsprogramm aufsetzen, dass in den nächsten Jahren immer neue Impfstoffkandidaten liefert.

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