Corona-Hilfen:Wie der Staat den Unternehmen besser helfen könnte

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Keine Kunden: Viele Ladenbesitzer leiden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Finanzämter sollen Firmen in Not nun auch rückwirkend über einen Verlustrücktrag helfen. Doch in der Praxis kommt zu wenig an.

Von Bastian Brinkmann und Cerstin Gammelin, München/Berlin

So wenige Pleiten wie möglich, so wenige Jobverluste wie möglich. Das ist das Ziel der Milliardenpolitik der Bundesregierung in der Corona-Pandemie. Eine wichtige Rolle könnte dabei auch die Steuerpolitik spielen. Doch was Bund und Länder diese Woche beschlossen haben, wird den Unternehmen nicht spürbar helfen, klagen Wissenschaftler. Die Firmen bekommen zwar nun einen sogenannten Verlustrücktrag. Aber der dürfte in der Praxis viel zu klein sein.

Ein Verlustrücktrag wäre ein mächtiger Hebel, um Firmen zu helfen. Er erlaubt den Unternehmen, die für 2019 gezahlten Steuern jetzt zurückzubekommen - sie hätten also direkt dringend benötigtes Geld. Am Ende der Krise kann dann abgerechnet werden. Wenn das Unternehmen so schwer getroffen wurde, dass es für 2020 eh keine Steuern zahlt, wirkt der Verlustrücktrag wie ein staatlicher Zuschuss. Und falls es wider Erwarten doch schneller bergauf geht und eine Firma bereits 2020 wieder Gewinne macht, zahlt sie eben auch wieder Steuern, die mit der jetzigen Rückzahlung verrechnet werden können.

Im Bundesfinanzministerium wurde über die Idee des Verlustrücktrags intensiv nachgedacht. Bis zu 60 Milliarden Euro Entlastungen waren im Gespräch, auf jeden Fall ein zweistelliger Betrag. Das Ministerium hatte den Ländern einen entsprechenden Vorschlag gemacht. Danach habe es "einen Austausch mit den Steuerabteilungsleitern der Länder" gegeben, sagte ein Sprecher. Man einigte sich allerdings nur auf einen Bruchteil: Auf vier bis fünf Milliarden Euro an Steuereinnahmen wird der Staat vorläufig wegen der absehbaren Corona-Verluste verzichten.

Der jetzt eingeführte Verlustrücktrag umfasst lediglich15 Prozent des geschätzten Vorjahresgewinns. Für diesen Betrag wird dann anteilig die Steuer zurückerstattet, also etwa um weitere 15 Prozent bei der Körperschaftsteuer. Ein Beispiel: Hat ein Unternehmen im Vorjahr fünf Millionen Euro Gewinn gemacht, reicht es 15 Prozent davon als Verlustrücktrag ein, das wären 750 000 Euro. Darauf bekommt es die Körperschaftsteuer jetzt zurück, das sind 112 500 Euro, also nur ein Bruchteil des Gewinns.

"Diese Größenordnung ist zu niedrig", sagt Deborah Schanz. Sie leitet das Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München und setzt sich mit Kollegen seit Beginn der Corona-Krise für einen großzügigen Verlustrücktrag ein. Wie stark die 112 500 Euro dem beispielhaften Unternehmen helfen, hängt von den weiterlaufenden Fixkosten ab.

Dank der Kurzarbeit können Firmen ihre Personalkosten schnell quasi auf Null senken, problematisch ist der Rest. Angenommen, die Firma macht 100 Millionen Euro Umsatz, um die fünf Millionen Euro Gewinn zu erzielen, und hat sechs Prozent Fixkosten, die trotz Corona-Stillstand weiterlaufen. Dann muss die Firma sechs Millionen Euro weiterzahlen - die 112 500 Euro via Verlustrücktrag helfen dann kaum.

Schanz und weitere führende Betriebswirte fordern daher, statt der 15 Prozent den gesamten Gewinn des Vorjahres berücksichtigen zu können. "Das kann man auch weiter öffnen", sagt Schanz. Denkbar wäre etwa, nicht nur den Gewinn aus dem vorigen Jahr zu berücksichtigen, sondern noch weiter zurückzugehen. Damit die Summen dadurch nicht ins Unermessliche steigen, sind Höchstgrenzen möglich. Die Wissenschaftler führen diverse Gründe an, die aus ihrer Sicht für den großzügigen Verlustrücktrag sprechen: Es profitieren Firmen mit einem soliden Geschäftsmodell, weil das Programm nur denen hilft, die schon Gewinn versteuert haben. Betrug ist kaum möglich, weil die Finanzämter ihre Firmen und die Kontodaten kennen. Es sind keine Banken als Zwischenhändler nötig, der Staat hilft unmittelbar und daher schnell. Und vor allem: Der Staat zahlt eigentlich nur Steuern früher aus, die er später wegen der ja eindeutig kommenden Verluste eh nicht bekommen hätte. "Im schlimmsten Fall sind das de facto zinslose Kredite", sagt Deborah Schanz.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zeigte sich auch mit der Mini-Version zufrieden, jedenfalls in der Öffentlichkeit. "Der Liquiditätsvorschuss hilft Unternehmen schnell und unbürokratisch", sagte der Vizekanzler nach dem Beschluss. "Damit stärken wir die Zahlungsfähigkeit von Unternehmen, denen das Wasser aufgrund der Krise teilweise bis zum Hals steht."

© SZ vom 25.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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