Staatshilfen:SPD-Chef Walter-Borjans will Auflagen für Corona-Hilfen

SPD Comment On Labor Policies During Coronavirus Crisis

SPD-Vorsitzender, Norbert Walter-Borjans, bei einem Pressegespräch in der SPD-Parteizentrale in Berlin.

(Foto: Getty Images)

Unternehmen, die Gewinne in Steueroasen verschieben, sollen das offenlegen und abstellen, fordert der SPD-Chef.

Von Frederik Obermaier und Klaus Ott

In der Diskussion um Corona-Staatshilfen fordert SPD-Chef Norbert Walter-Borjans von Unternehmen mehr Transparenz und einen Rückzug aus Steueroasen. Wer Staatsgelder haben wolle, müsse diejenigen Tochterfirmen in Steueroasen schließen, "die nur der Steuervermeidung dienen und sonst keinen Geschäftszweck haben", sagte Walter-Borjans der Süddeutschen Zeitung, NDR und WDR.

Zuletzt hatten die Regierungen mehrerer EU-Staaten, darunter Frankreich und Dänemark, Staatshilfen für Unternehmen mit Tochtergesellschaften in Steueroasen Prüfungen unterzogen oder die Hilfen gar abgelehnt. In der Bundesrepublik wären davon zahlreiche große Unternehmen betroffen. Jedes Jahr entgehen dem deutschen Fiskus laut einer Berechnung von Forschern aus Berkeley und Kopenhagen rund 18 Milliarden Euro, weil Konzerne Gewinne in Steueroasen verschieben und gesetzliche Schlupflöcher nutzen. Der Großteil des Geldes fließt demzufolge nach Irland, in die Niederlande und nach Luxemburg ab. Dort haben viele Konzerne für sie vorteilhafte Deals geschlossen, um weniger zu zahlen.

Der SPD-Chef kritisiert jene Konzerne, die einerseits in der Corona-Krise nach Staatshilfen riefen, gleichzeitig aber den Staat mithilfe von Briefkastenfirmen in Steueroasen um wichtige Einnahmen prellten. Das sei wie in der Finanzkrise vor gut einem Jahrzehnt: "Banken, denen das Gemeinwesen jahrelang egal war, verwiesen mit einem Mal auf ihre Systemrelevanz und wollten vom Staat gestützt werden."

Mit seinem Vorstoß, Unternehmen mit Briefkastenfirmen in Steueroasen die Staatshilfe nicht gleich zu versagen, sondern vielmehr an Auflagen zu knüpfen, folgt der SPD-Vorsitzende einem Vorschlag der Nichtregierungsorganisation Tax Justice Network. Die Organisation will erreichen, dass Unternehmen offenlegen, ob und wie viel Steuern sie in Deutschland und anderen Ländern bezahlen. Unterstützung für den Vorstoß kommt vom SPD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Rolf Mützenich: "Es ist richtig, dass wir Steuerschlupflöcher schließen. Wer staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen will, muss bestimmte Bedingungen akzeptieren. Beschäftigungssicherung und Steuermoral gehören dazu."

Walter-Borjans und die SPD-Fraktion gehen damit auch auf Konfrontation zum Koalitionspartner CDU/CSU. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat bereits vor einem halben Jahr das Ansinnen abgelehnt, Geldflüsse von Unternehmen zu Tochterfirmen in Steueroasen öffentlich zu machen. Eine entsprechende EU-Initiative scheitert bisher an Deutschland. Walter-Borjans macht sich keine Illusionen, was seinen Vorstoß angeht. Angesichts der Linie von CDU/CSU habe "die Durchsetzung augenblicklich allerdings wenig Aussicht auf Erfolg". Gerade deshalb sei öffentlicher Druck besonders wichtig, sagt der SPD-Chef.

Walter Borjans, der die Partei gemeinsam mit Saskia Esken führt, war früher Finanzminister in Nordrhein-Westfalen und wurde darüber hinaus vor allem wegen des Ankaufs von Steuer-CDs mit den Daten von Schwarzgeldkonten in der Schweiz und anderen Ländern als "Steuerjäger" bekannt.

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