Corona-Pandemie:Betriebe bieten den meisten Arbeitnehmern offenbar keine Tests an

Ein Corona-Schnelltest

Ein Corona-Schnelltest: Viele Arbeitnehmer sehen in ihren Betrieben bislang keine Möglichkeit, sich testen zu lassen.

(Foto: Zacharie Scheurer/dpa)

Arbeitnehmer, die nicht im Home-Office arbeiten, sollen sich testen lassen können. Doch eine Umfrage zeigt: Nur jedem vierten Beschäftigten wird dies auch angeboten.

Von Alexander Hagelüken

Häufige Schnelltests in Betrieben sollen helfen, die dritte Welle der Corona-Pandemie zu stoppen. Neue Daten zeigen allerdings, dass viele Unternehmen ihren Beschäftigten offenbar nicht ausreichend Tests anbieten. Nur jeder vierte Arbeitnehmer berichtet, dass alle Präsenzbeschäftigten in seiner Firma mindestens jede Woche einen Schnelltest machen können, wie aus einer Umfrage des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) hervorgeht. Die Umfrage dürfte die Debatte über eine Testpflicht der Wirtschaft weiter anheizen, die bessere Zahlen präsentiert.

Bund und Länder forderten die Unternehmen Anfang März per Beschluss auf, allen Mitarbeitern mindestens einmal die Woche einen kostenlosen Test anzubieten, sofern diese tatsächlich im Betrieb und nicht im Home-Office arbeiten. Die Spitzenverbände der Wirtschaft riefen die Firmen wenig später dazu auf, Selbsttests oder, wo möglich, aufwändigere Schnelltests anzubieten.

Die Realität sah in der zweiten Märzhälfte laut der WSI-Umfrage unter knapp 3000 Arbeitnehmern anders aus. Demnach gab es für mehr als die Hälfte der Präsenzbeschäftigten weder Schnelltests, noch hat die Firma solche in Aussicht gestellt. 17 Prozent berichten, die Firma habe immerhin angekündigt, bald etwas anzubieten. Nur 23 Prozent melden, alle Präsenzbeschäftigten in ihrem Betrieb könnten sich einmal die Woche oder öfter testen lassen.

"Corona-Schnelltests können helfen, Ausbrüche am Arbeitsplatz frühzeitig zu erkennen oder ganz zu unterbinden", sagt Elke Ahlers vom WSI. "Die Lage ist eindeutig: Schnelltests sind inzwischen breit verfügbar und es gibt keinen guten Grund, diese nicht auch flächendeckend einzusetzen". Ein Verweis auf die Kosten tauge nicht als Entschuldigung, zumal diese verhältnismäßig gering seien. "Die enttäuschend geringe Umsetzungsquote zeigt, dass eine verbindliche Regulierung notwendig ist."

Die Arbeitgeber wehren sich gegen die Kritik

Bund und Länder haben in ihrer Sitzung am 22. März keine bundesweite Testpflicht eingeführt. Sie setzen bisher auf Freiwilligkeit. Nur Sachsen und Berlin schreiben den Firmen in ihren Ländern Tests vor. Seit viele Schnelltests verfügbar sind, forderte Finanzminister Olaf Scholz (SPD), man solle über eine bundesweite Pflicht für die Unternehmen nachdenken. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert verbindliche kostenlose Corona-Tests in den Unternehmen. "Die Selbstverpflichtung der Betriebe alleine reicht nicht", findet DGB-Chef Reiner Hoffmann. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich kritisch geäußert, was die Bemühungen der Firmen angeht.

Die Wirtschaft dagegen lehnt eine Testpflicht ab - und legte am Dienstag eigene Zahlen vor. Demnach sind es bereits 80 bis 90 Prozent der Unternehmen, die testen oder den Start der Tests zumindest unmittelbar vorbereiten. "Das Engagement zeigt, was die Wirtschaft in kurzer Zeit mit Unternehmergeist und Pragmatismus auf die Beine stellen kann - ohne Bürokratie und gesetzliche Regulierung", erklärte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

Auch die kleinen und mittleren Betriebe seien dem Aufruf der Verbände gefolgt. Es gebe Herausforderungen wie Lieferschwierigkeiten, die aufwändige Organisation der Tests in den Betrieben und eine zögerliche Annahme des Angebots durch die Beschäftigten. Bleibe das Testen für die Firmen freiwillig, ließen sich die Ergebnisse aber noch verbessern.

Elke Ahlers vom WSI-Institut argumentiert, schon aus dem Arbeitsschutzgesetz ergebe sich eine Fürsorgepflicht der Betriebe. Demnach sei jeder Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen und diese an neue Entwicklungen anzupassen. Das Robert-Koch-Institut führe die hohen Corona-Fallzahlen zunehmend auch auf Häufungen im betrieblichen Umfeld zurück. "Wenn Infektionsketten am Arbeitsplatz unerkannt bleiben, bringen die Beschäftigten das Virus mit nach Hause in ihre Familien", warnt Ahlers.

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